Konjunkturpak(e)t von Regierung und Kapital

Die Umverteilung von unten nach oben geht weiter


 

Das Konjunkturpaket II der Großen Koalition wird weder den Verlauf der Wirtschaftskrise nachhaltig bremsen, noch nennenswert Arbeitsplätze schaffen oder die Lebenssituation der KrisenverliererInnen unter den Lohnabhängigen und Erwerbslosen spürbar verbessern. Aber es markiert einen weiteren Schritt der Umverteilung zugunsten der Konzerne und bereitet massiven Sozialabbau in der Zukunft vor.

von Sascha Stanicic, Berlin

Noch zum Jahresende 2008 wollte die Bundesregierung nichts von einer neuerlichen staatlichen Finanzspritze für die Wirtschaft wissen. Doch kein Tag vergeht ohne ökonomische Hiobsbotschaft, die ein weiterer Mosaikstein, in dem Bild ist, das SozialistInnen schon lange erkannt haben: wir erleben gerade die größte Weltwirtschaftskrise seit der Großen Depression der 1930er Jahre. Und: wir stehen erst an ihrem Anfang und Deutschland wird sich der Krise nicht entziehen können. Der Politikwechsel der Regierung hin zums Konjunkturpaket ist auch ein Eingeständnis dieser Tatsache.

Angesichts der Krise haben pro-kapitalistische und vormals dem Neoliberalismus verpflichtete Regierungen in aller Welt das Dogma der Deregulierung und des "freien Spiels der Marktkräfte" ganz schnell über Bord geworfen und sind zu massiven staatlichen Eingriffen in die Wirtschaft übergegangen. Warum? Um das kapitalistische System vor einem katastrophalen Crash zu bewahren. Allen schönen Worten zum Trotz fühlen sich die Regierenden aus CDU/CSU und SPD, genauso wie die Browns, Sarkozys und Obamas, nur den Interessen der Kapitalistenklasse und ihres Systems verpflichtet. Und genau das kann man auch am Konjunkturpaket Nummer Zwei aus dem Hause Merkel-Steinbrück erkennen.

Autos statt Kinder

Das Konjunkturpaket II sieht verschiedene Maßnahmen vor, darunter gewisse Steuer- und Abgabensenkungen, Investitionen, eine Auto-Verschrottungsprämie, ein Kredit- und Bürgschaftsprogramm für Unternehmen und anderes.

Dabei machen Merkel und Co. deutlich, wo ihre Prioritäten liegen. 100 Euro Einmalzahlung gibt es für jedes Kind, 2.500 Euro für die Käufer von Neuwagen, die ein mindestens neun Jahre altes Auto abgeben. Autos sind im Kapitalismus nun einmal mehr wert, als Kinder, Profit ist mehr wert als der Mensch. Ganz abgesehen davon ist die angeblich ökologische Komponente dieser Maßnahme anzuzweifeln, da dreißig Prozent der Energiekosten eines Autos in seiner Produktion liegen und viel dafür spricht bestimmte Wagen so lange zu fahren, bis sie tatsächlich schrottreif sind.

Die Steuer- und Abgabensenkungen bringen eine minimale Erleichterung für Durchschnitts- und Besserverdienende. Geringverdiener gehen weitgehend leer aus. Die Reichen werden nicht angetastet. selbst die minimale, von der SPD in die Diskussion gebrachte, vorübergehende Erhöhung des Spitzensteuersatzes wurde in das Paket aufgenommen.

Subventionen für die Bosse

Das 100 Milliarden Euro umfassende Bürgschaftsprogramm für Unternehmen ist eine weitere Subvention für die Konzerne. Es ist auch ein Eingeständnis, dass das Bankenrettungspaket vom Oktober 2008 nicht die erwünschte Wirkung, nämlich den Kreditfluss wieder in Gang zu bringen, erzielt hat. Tatsächlich nutzen viele Banken die staatlichen Gelder, um sich zu sanieren oder, wie im Fall der Commerzbank, die Marktposition (durch den Aufkauf der dresdener Bank) zu verbessern.

Sozialabbau vorprogrammiert

Die Koalition will außerdem eine Schuldenbremse einführen, die eine Gegenfinanzierung der 50 Milliarden, die in den nächsten beiden Jahren ausgegeben werden sollen, vorsieht. Gleichzeitig soll die Neuverschuldung gesetzlich auf 0,5 Prozent begrenzt werden – also noch einmal deutlich niedriger als es die Maastricht-Kriterien vorsehen. Das bedeutet nichts anderes, als die Weichenstellung dafür, die Arbeiterklasse in zukunft massiv zur Kasse zu bitten, um die Tilgung der jetzt gemachten Schulden und die Sonderausgaben zu finanzieren. Neue Runden von Sozialabbau, Mehrwertsteuererhöhungen, Rentenkürzungen etc. sind damit vorprogrammiert.

Too little, too late

Das ist alles schon schlimm genug, aber auch der Wirtschaftskrise wird dieses Konjunkturpaket nicht gefährlich werden. Ganz abgesehen davon, dass kein Konjunkturprogramm der Welt die tiefer liegenden Ursachen der Wirtschaftskrise, wie Überproduktion und -kapazitäten und die mangelnde Profitabilität für Investitionen, beheben könnte, ist es ist "too little, too late". Die vorgesehenen Investitionen sind längst überfällig, werden verspätet greifen und können selbst den Abschwung der Bauindustrie nicht stoppen. Die Steuersenkung macht, je nach Einkommen, zwischen 7 und 40 Euro im Monat aus. Zu wenig, als dass es in den Konsum fließen würde. Angesichts von Verschuldung und Zukunftsängsten werden die meisten Menschen es in Tilgung stecken oder sparen. Und selbst der Autoverkauf wird kaum so sehr zunehmen, dass die enormen Überkapazitäten in der Autoindustrie dadurch abgebaut werden könnten. Nicht zuletzt weil man von den 2.500 Euro den Marktwert des Altwagens abziehen muss.

Fazit

Und was lernen wir daraus? Man kann sich beim Kampf gegen die Krise des Kapitalismus nicht auf die VertreterInnen des Kapitalismus verlassen. Für jede Verbesserung muss massenhaft gekämpft werden. Und wirklich besser wird es nur, wenn statt Kapitalismus die Vernunft herrscht. Anders ausgedrückt: sozialistische Demokratie!