T-Streik: Streit um »Notdienste«

Telekom-Spitze erteilt Abmahnungen gegen Streikende. Ver.di spricht von »rechtswidrigen Aktionen«. Politiker überbringen »solidarische Grüße«.


 

von Daniel Behruzi, zuerst veröffentlicht in der jungen Welt, 24.5.07

Der Arbeitskampf bei der Deutschen Telekom geht unvermindert weiter. Am Mittwoch legten erneut rund 15000 Beschäftigte die Arbeit nieder, um gegen die Pläne des Konzerns zu protestieren, etwa 50000 Servicemitarbeiter auszugliedern und für weniger Geld länger arbeiten zu lassen. Unter dem Motto »Fünf nach zwölf – die Telekom muß sich bewegen« kamen Streikende in Berlin, Duisburg, Frankfurt/Main, Mainz, Nürnberg, Oldenburg, Ravensburg und Schwerin zu Kundgebungen und Demonstrationen zusammen. Der Bundestag beschäftigte sich am Mittwoch nachmittag in einer von der Linksfraktion beantragten Aktuellen Stunde mit dem Konflikt.

Für Unmut sorgen weiterhin Einschüchterungsversuche des Telekom-Vorstands. Dieser hatte nach eigenen Angaben in den vergangenen Tagen 1200 Mitarbeiter zum Notdienst aufgerufen, »um unter anderem die Versorgung von Krankenhäusern und Polizei sicherzustellen«. Ver.di habe die Beschäftigten aber aufgefordert, keinen Notdienst zu leisten, behauptete eine Konzernsprecherin. Ganz anders die Darstellung der Gewerkschaft: Es gebe eine unterschriebene Notdienstvereinbarung, an die sich die Telekom-Spitze jedoch nicht halte, so der Berliner ver.di-Landesfachbereichsleiter Mike Döding im jW-Gespräch. Ado Wilhelm, Streikleiter der Gewerkschaft, berichtete, der Konzern habe gegen eine Reihe von Beschäftigten Abmahnungen ausgesprochen, weil diese sich geweigert hätten, an Notdiensteinsätzen teilzunehmen. Bei den Einsätzen handele es sich aber eindeutig um rechtswidrige Aktionen, betonte Wilhelm. Die Leiterin des ver.di-Landesbezirks Berlin-Brandenburg, Susanne Stumpenhusen, forderte die Streikenden auf einer Kundgebung vor dem Roten Rathaus in Berlin auf, sich keine angst machen zu lassen. »Diese unwürdigen Versuche, euch einzuschüchtern, sind eine Riesensauerei«, kritisierte sie.

Auch Vertreter von Linkspartei.PDS, SPD und WASG traten auf der Berliner Kundgebung als Redner auf. Bodo Ramelow von der Bundestagsfraktion Die Linke, erklärte, der Streik der Telekom-Beschäftigten sei »Notwehr« und habe die Unterstützung seiner Partei. »Wer will, daß die Marktwirtschaft sozial ist, der muß um das Soziale in der Marktwirtschaft kämpfen«, ließ der Politiker wissen. Auch der SPD-Abgeordnete Klaus Barthel scheute sich nicht, den Streikenden die »solidarischen Grüße« seiner Bundestagsfraktion zu überbringen. »Es ist unsere gemeinsame Aufgabe, den Herrn Obermann auf den richtigen Weg zu bringen«, meinte der Sozialdemokrat. Er betonte, daß die Regierung, die mit über 30 Prozent der Aktien größter Anteilseigner der Telekom ist, »ja nicht die Mehrheit der Aktien hat« und deshalb keinen entscheidenden Einfluß auf den Vorstand um René Obermann ausüben könne. Eine öffentliche Intervention des Bundesfinanzministers in den Konflikt sei ausgeschlossen, weil die Börse negativ darauf reagieren würde, argumentierte Barthel. »Die Bundesregierung hätte alle Möglichkeiten, diese Angriffe zu stoppen«, konterte Lucy Redler von der Berliner WASG. So hätten die zwei SPD-Politiker im Telekom-Aufsichtsrat die Vorstandspläne zusammen mit den Vertretern der Belegschaft zurückweisen können. Redler schlug vor, der DGB solle eine bundesweite Solidaritätsdemonstration organisieren, »um den drohenden Dammbruch bei der Telekom gemeinsam abzuwenden«.

Die ganze Wut der Streikenden brachte indes ein Mitarbeiter aus Berlin auf den Punkt. »Dies ist kein lumpiger Tarifkonflikt, sondern Ziel ist die Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums zugunsten weniger gieriger Besitzender, die ohnehin schon die Taschen voll haben«, rief er unter dem Applaus seiner Kollegen.