Wird Bush den Iran bombardieren?

Bei Linken wie Konservativen schlagen die Alarmglocken. Der radikale Journalist John Pilger hat einen Artikel über den Iran geschrieben: „Der Krieg beginnt“ (in: „New Statesman“, 3. Februar 2007.). Darin warnt er vor einem unmittelbar bevorstehenden US-Luftangriff auf den Iran.

von Lynn Walsh

Der US-amerikanische Journalist Seymour Hersh berichtete, dass Bush das Pentagon damit beauftragt hat, Pläne für Luftschläge gegen den Iran auszuarbeiten und Spezialkräfte bereits Undercover-Operationen im Iran ausführen (in: „Guardian“, 26. Februar 2007.). Zur selben Zeit warnt ein Veteran aus den Zeiten des Kalten Kriegs, Zbigniew Brzezinski, den Ausschuss für Auslandsbeziehungen (Foreign Relations Committee; SFRC) des US-Senats vor einem „plausiblen Szenario einer militärischen Auseinandersetzung mit dem Iran“ (1. Februar 2007).

Die aggressive Propaganda des Bush-Regimes, die vom Einsatz einer zweiten US-Flugzeugträgerstaffel im Persischen Golf untermauert wird, wurde weitläufig als Auftakt für eine direkte Militäraktion gegen den Iran bzw. einen von den USA gestützten israelischen Militärschlag auf die Nuklearanlagen des Landes interpretiert. Bush schien den Boden für einen Präventivschlag gegen den Iran zu bereiten, um den angeblichen Interventionen des Landes im Irak entgegen zu wirken und den Aufstieg zur Nuklearmacht zu verhindern. Bush machte den Eindruck, als widersetze er sich damit einer überwältigen Opposition im eigenen Land gegen die eskalierende Lage im Irak und eine Ausweitung des Konflikts auf den Iran.

Am 27. Februar kündigte Außenministerin Condoleezza Rice dann an, dass die USA gemeinsam mit den anderen vier Mitgliedern des UN-Sicherheitsrats an zwei Nahost-Konferenzen über den Irak teilnehmen würden. Sowohl Syrien als auch der Iran sollten bei diesem Treffen vertreten sein. Bush-Vertreter bestätigten, dass bei dieser Zusammenkunft informelle „Gespräche auf den Fluren“ zwischen Vertretern der USA und des Iran stattfinden würden.

Vizepräsident Cheney, Kopf der zunehmend isolierteren Washingtoner neokonservativen Falken, trällerte: „Es liegen weiterhin sämtliche Optionen auf dem Tisch“. Rice versicherte jedoch, dass diese Treffen eine „neue Komponente“ US-amerikanischer Diplomatie darstellen würden. Handelt es sich hierbei um eine Wende in der Politik eines George W. Bush, ein Abrücken vom Konfrontationskurs? Haben wir es mit einer diplomatischen Tarnung militärischer Aktionen zu tun? Oder geht es gar um eine Kombination aus beidem, militärischer Drohkulisse und Diplomatie?

Zweifellos hat Bush den Druck gegenüber dem Iran während der letzten Monate gesteigert, indem er behauptete, dass das iranische Regime die Aufstände im Irak unterstützt. Sechs iranische Diplomaten sind von US-Kräften im Irak inhaftiert worden und Bush hob Geheimdienstberichte hervor, wonach der Iran die irakischen Aufständischen mit komplexem explosiven Gerät beliefert, um dieses gegen die irakischen Behörden einzusetzen. Die USA, so verkündete Bush, würden „die Unterstützung aus Iran und Syrien unterbrechen“ und „die Netzwerke aufspüren und zerstören, die unsere Feinde im Irak mit Präzisionswaffen versorgen und sie schulen.“

In seiner Aussage vor dem Ausschuss für Auslandsbeziehungen warnte Brzezinski, ehemaliger Sicherheitsberater des früheren US-Präsidenten Carter, dass Einzelne in der Bush-Regierung eine „Provokation“ vorbereiten könnten, um einen „Verteidigungskrieg“ gegen den Iran zu rechtfertigen. Mitglieder des Washington foreign policy establishment (konservativer think-tank; A.d.Ü.), einschließlich James Baker, der dem Irak-Untersuchungsausschuss vorstand, die weitblickendere Vertreter der herrschenden Klasse als die Bush-Clique sind, warnten das Weiße Haus vor einem erneuten desaströsen militärischen Abenteuer.

Ein langjähriges Mitglied des Auslandsausschusses, der Republikaner Chuck Hagel, warnte Rice, die Administration solle nicht ein „zweites Kambodscha“ anzetteln. Er nahm damit auf Nixons Abenteuer am Ende des Vietnamkriegs Bezug, als dieser bestritt, Truppen nach Kambodscha zu entsenden und es doch tat. Hagel nannte Bushs Plan „den gefährlichsten außenpolitischen Fehler in diesem Land seit Vietnam […]. Die Art von Politik, von der der Präsident hier spricht, ist sehr, sehr gefährlich“ (in: CNN News, 11. Januar 2007).

Ein derartiges Vorgehen, so warnte Brzezinski die Senatoren, würde „ein einsames Amerika in einen tiefen Morast (stürzen), der sich letztendlich vom Irak über den Iran bis Afghanistan und Pakistan ausweiten wird“.

Die neokonservativen Falken möchten die unvergleichliche militärische Übermacht des US-Imperialismus nutzen, um ihre Hegemonialstellung im Nahen Osten zu bewahren und die Kontrolle über die Ölreserven der Region abzusichern. Sie rühmten sich damit, dass der Regimewechsel im Irak der erste Schritt zu einer demokratischen Transformation im Nahen Osten sein würde – das ist die Umschreibung für das Einsetzen von willfährigen, den USA wohl gesonnenen Regimen in den meisten arabischen Staaten. Statt dessen hat Bushs Abenteuer im Irak die Grenzen des US-Einflusses offen gelegt und eine weit unberechenbarere Situation geschaffen. Vertreter des Washington foreign policy establishment, der Geheimdienste und militärischen Einrichtungen suchen verzweifelt nach einem Weg – ganz im Gegensatz zu Bush –, um die US-Macht und ihr Prestige vor dem neokonservativen Sumpf zu retten.

Atomarer Niederschlag

Die meisten Strategen der diversen Institutionen und Einrichtungen glauben, dass ein Versuch, die Nuklearanlagen des Iran zu bombardieren, auf die USA zurückfallen würde. Das iranische Regime hat seine Lektion aus den Ereignissen von 1981 gelernt, als der israelische Staat den Nuklearrektor Saddams in Osirak kurz vor dessen geplanten Inbetriebnahme bombardierte. Irans Nuklearanlagen wurden über das Land verstreut errichtet, sie sind unterirdisch abgeschirmt. Die Vereinigten Staaten müssten ein Dutzend Ziele angreifen, was entsetzliche Opfer und eine horrende Zerstörung ziviler Infrastruktur zur Folge hätte.

Frank Barnaby, Nuklearwissenschaftler, der heute für die Oxford Research Group (ORG) arbeitet, schätzt, dass solche Militärschläge das iranische Nuklearprogramm nur um gut zwei Jahre zurückwerfen würden. In seinem ORG-Bericht „Would Air Strikes Work?“ („Sind Luftangriffe wirkungsvoll?“, datiert vom März 2007; Anm. d. Übers.) schreibt Barnaby, dass während der Iran zweifellos seine Möglichkeiten zur Urananreicherung fortentwickelt und für die Produktion nuklearer Waffen forscht, „es keine Grundlage dafür gibt, zu behaupten, dass der Iran mit der Produktionsplanung begonnen hat – die technischen Möglichkeiten also geschaffen hat, die für den Bau von Atomwaffen nötig sind – und es ist bekannt, dass Iran noch einiges davon entfernt ist, in der Lage zu sein, die Menge an spaltbarem Material herzustellen, die für die Produktion von Atomwaffen nötig ist.“

US-Militärschläge auf den Iran würden die Lage trotz allem transformieren: „Wenn die Nuklearanlagen des Iran während eines Angriffs ernsthaft beschädigt werden, ist es möglich, dass Iran ein kurzfristiges Programm einleitet, um nukleare Waffen zu produzieren. In der Zeit nach einem Angriff, wird es wahrscheinlich sein, dass die Unterstützung für eine nukleare Aufrüstung des Iran in der Bevölkerung zunimmt; die Position der Hardliner und Argumente, dass Iran über nukleare Abschreckungsmittel verfügen muss, würden gestärkt. Darüber hinaus hat Iran damit gedroht, aus dem Atomwaffensperrvertrag auszutreten und – sollte dies (die Drohung; Anm. d. Übers) umgesetzt werden, würde das ein heimliches Programm hervorrufen, das ohne Kontrolle der internationalen Öffentlichkeit durchgeführt wird“.

Ein Angriff würde die Bevölkerung gegen die USA vereinigen und den kompromisslosen, nationalistischen Charakter des Regimes stärken. Trotz der Spannungen zwischen sunnitischer und schiitischer Bevölkerung und anderen ethno-religiösen Konflikten (in die BalutschInnen, TurkmenInnen, KurdInnen etc. involviert sind), würden die Massen überall im Nahen Osten in Rage gegen den US-Imperialismus ausbrechen.

Ob die britisch-amerikanischen Besatzungstruppen im Irak überleben werden, hängt vom Grad der Zusammenarbeit der (momentan von Maliki geführten) Koalitionsregierung ab, die von schiitischen Parteien dominiert wird, welche in enger Verbindung zum iranischen Regime stehen. Sollte Teheran auf eine alle Schiiten umfassende Offensive gegen die Besatzung drängen, würde die Stellung der USA und anderer imperialistischer Kräfte bald vollkommen unhaltbar werden.

Vor allem aufgrund der Verbindungen zwischen Hisbollah, der Hamas und dem iranischen Regime würde das Ereignis eines US-Angriffs auf den Iran regionale Konflikte wie einen Vulkan zum Ausbruch bringen. Es würde sehr wahrscheinlich zu einer Zunahme terroristischer Attacken gegen den Westen kommen. Indem die Ölausfuhr in den Westen abgewürgt würde, könnte der Iran eine Weltwirtschaftskrise auslösen.

Das Irak-Syndrom

Sogar einige von Bushs Top-Militärkommandanten haben sich öffentlich von Bushs Drohungen gegen den Iran distanziert. General Peter Pace, Befehlshaber über die US-Truppen im Irak, „würde nicht sagen“, dass Irans Führung Anschläge auf US-Kräfte im Irak durch iranische Elemente anweist. Er sagte den Berichterstattern ebenfalls: „Wir können für die Sicherheit unserer Truppen sorgen, indem wir den Auftrag im Irak erledigen, den wir erledigen müssen“. Und dieser findet ohne Intervention im Iran statt.

Bushs Geheimdienste sind jetzt vom „Irak-Syndrom“ befallen. „Das Gespenst des Irakkriegs – ein Krieg, bei dem die Bush-Administration bestritten hat ihn je geplant zu haben, der aufgrund von Beweismitteln geführt wurde, die sich als falsch herausstellten – ragt bedrohlich über der Iranpolitik der Administration“ (aus: Scepticism Over Iraq Haunts US Iran Policy, in: „Washington Post“, 15. Februar 2007). Nach den erfundenen Massenvernichtungswaffen beschworen die Geheimdienste eine Rechtfertigung des Irakkriegs herauf. Es besteht beinahe vollkommene Skepsis bezüglich der Behauptungen der Geheimdienste.

Laut Bush-Lager befindet sich der Iran kurz vor der Fertigstellung von Großproduktionsstätten zur Herstellung waffenfähigen spaltbaren Materials. Erinnern wir uns an die Falschinformationen der US-Geheimdienste über Saddams angebliche Massenvernichtungswaffen, „viele der Informationen über die Nuklearanlagen des Iran, die UN-Inspektoren durch US-Agenten geliefert wurden, erwiesen sich als nicht fundiert, so diplomatische Quellen [gemeint sind Bedienstete der Internationale Atomenergieorganisation, IAEO] aus Wien“ (aus: US Intelligence On Iran Does Not Stand Up, in: Guardian, 23. Februar 2007). Die meisten Experten, einschließlich dem Chef der IAEO, Mohamed El Baradei, ziehen dennoch in Betracht, dass der Iran mindestens fünf und eher 10 Jahre entfernt ist von einer Wiederaufbereitung von Plutonium oder Anreicherung von Uran, was zur Herstellung selbst von kleineren nuklearen Arsenalen von Nöten wäre.

Indem Bush, Rice und Co in Gespräche über den Irak mit Syrien und dem Iran einsteigen wollen, übernehmen sie die Position des Irak Untersuchungsausschusses: „Mit den Feinden der USA verhandeln“. Trotzdem ist die Bedrohung durch die Kräfte des US-Imperialismus weiterhin gegeben. Die Anwesenheit von zwei großen Flugzeugträgern im Persischen Golf zeigt, dass die USA das Potenzial haben, um jederzeit Luftangriffe gegen den Iran zu fliegen.

Darüber hinaus hat das Bush-Regime einen Taktikwechsel vollzogen und entschieden, seine Unterstützung für die sunnitischen Regimes in der Region zu verstärken, besonders was Saudi Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Ägypten und Jordanien angeht. Die von den Neokonservativen avisierte „demokratische Transformation“ der Region wurde aufgegeben und Rice hat bei jüngsten Besuchen im Nahen Osten nicht mehr davon gesprochen, die „Demokratisierung zu fördern“. Am 20. Februar kam Rice in Jordanien mit den Geheimdienstchefs von Saudi Arabien, Ägypten, Jordanien und den Vereinigten Arabischen Emiraten bei einem Treffen zusammen, das in der Region gemeinhin als Vorbereitung einer sunnitisch-amerikanischen Allianz angesehen wird.

Durch die Stärkung des Iran und anderer schiitischer Regimes der Region nach dem Sturz Saddams alarmiert, hat die saudische Monarchie ihre enormen Ressourcen aufgewandt, um gegen die schiitische Macht vorzugehen. Dies beinhaltet zweifellos auch die Unterstützung für rechtsgerichtete islamistische Gruppen, die terroristische Taktiken anwenden.

Der US-Imperialismus spielt ein äußerst gefährliches Spiel. Der unbeabsichtigte Ausgang des Sturzes des Saddam-Regimes hat die regionale Macht und Einflussnahme des Iran gestärkt. Momentan bauen die USA ihre Unterstützung für sunnitische Regimes aus, die rechte sunnitische Kräfte überall in der Region finanzieren – ungeachtet der Tatsache, dass sie sich im Irak einem hauptsächlich sunnitisch geprägten Aufstand gegenüber sehen. Dies kann nur weitere Spannungen zwischen sektiererischen Kräften in der ganzen Region entflammen, die bereits jetzt zunehmen. Von ihrem eigenen islamistischen Standpunkt heraus sind die meisten anti-schiitischen Gruppen ferner auch fanatische Gegner des US-Imperialismus. So wie die US-Unterstützung für die Mudschaheddin in den 1980ern in Afghanistan wird die heutige Bush-Taktik auch in Zukunft wieder auf die USA zurückfallen.

Ein israelisch Angriff?

Es scheint, dass sich das Bush-Regime zur Zeit in Richtung Diplomatie orientiert. Trotz der fortwährenden Drohkulisse durch das Militär sind US-Luftschläge nicht die wahrscheinlichste aller Möglichkeiten. Aufgrund der extremen Spannungen in den globalen politischen Beziehungen wäre es jedoch unklug, militärische Aktionen von Bush völlig auszuschließen.

Doch es wäre desaströs für die USA, den Iran zu bombardieren. Selbst vom Standpunkt des US-Imperialismus aus betrachtet. Bei der Invasion des Irak hat sich das Bush-Regime bereits strategischer Rationalität widersetzt. Politprominenz wie Brzezinski und Hagel befürchten, dass Bush seine Fehler im Irak durch einen weitaus desaströses Abenteuer im Iran noch verschlimmern wird.

Dasselbe gilt auch für Israel. „Ein israelischer Luftschlag gegen die iranischen Nuklearanlagen“, so kommentierte die Financial Times am 22. Januar, „würde das Desaster der Desaster sein“. Der israelische Premier Ehud Olmert sagte, dass er glaube, dass internationale Sanktionen und finanzielle Maßnahmen gegen den Iran effektiv seien: „Ich denke, dass die Iraner nicht kurz vor dem technischen Durchbruch stehen, wie sie es glauben machen wollen und unglücklicher Weise sind sie nicht so weit davon entfernt, wie wir es gerne hätten“ (in: „Financial Times“, 5. März 2007).

Nach dem Misserfolg seiner grausamen Militärattacke gegen den Libanon im vergangenen Jahr steht Olmert dennoch unter gewaltigem Druck seitens der israelischen Rechten, etwas gegen den Iran zu unternehmen. Der Oppositionsführer der Likud-Partei, Benyamin Netanjahu, benutzte die Provokationen Ahmadinedschads gegenüber Israel und seine Gastgeberrolle bei der Holocaust-Leugnungs-Konferenz im letzten Jahr dazu, um den iranischen Präsidenten zu beschuldigen, einen zweiten Holocaust in der Region vorzubereiten. Zudem musste Olmert nach den jüngsten Wahlen Avigdor Lieberman, den Vorsitzenden der ultra-rechten Partei („Unser Haus Israel“; Anm. d. Übers.), die für ein erweitertes Israel ohne arabische Bevölkerung eintritt, in seine Regierung aufnehmen.

Die israelische Rechte besteht darauf, dass die Existenz Israels von den iranischen Atomkapazitäten bedroht ist – auch, wenn Israel im Besitz eines enormen nuklearen Arsenals zu den vergleichsweise embryonalen Möglichkeiten des Iran ist. Kann in dieser ausweglos scheinenden Situation ausgeschlossen werden, dass Olmert oder ein anderer Politiker den Versuch unternehmen könnte, einer politischen Krise durch fahrlässige Angriffe auf den Iran zu entkommen?

Die Position des Iran

Provozierende, nationalistische Aussagen des iranischen Präsidenten Ahmadinedschad und seine Unterstützung für die berüchtigte Holocaust-Leugnungs-Konferenz geben den Eindruck, dass das iranische Regime in Sicherheitsfragen unnachgiebig sein wird und jegliche Diskussionen über sein Atomprogramm ausschließt. Jedoch existieren einander rivalisierende Zentren innerhalb des Regimes.

Ein Teil des klerikalen Flügels des Regimes, der durch Figuren wie Rafsandschani repräsentiert wird, befinden sich an einflussreichen Stellen im Führungsapparat. Rafsandschani favorisiert eine Verschiebung hin zu einer neoliberalen Wirtschaftspolitik, was Zugeständnisse an die USA voraussetzen würde und eine Öffnung zum Weltmarkt.

Der „oberste Religionsführer“, Ayatollah Ali Khamenei, wahrt zwischen den rivalisierenden Fraktionen die Balance. Er fürchtet offensichtlich, dass Rafsandschanis neoliberale Politik eine soziale Krise heraufbeschwören könnte. Andererseits hat er sich von einigen rhetorischen Hieben Ahmadinejads gegenüber dem US-Imperialismus und dem israelischen Staat distanziert.

Als Reaktion auf die Drohgebärden gegen das Regime durch die USA hat das iranische Regime sich gewiss mit der Absicht, die Voraussetzungen zur Herstellung nuklearer Waffen zu schaffen, auf ein Atomprogramm festgelegt. Forderungen zurückweisend, nach denen sie als Vorbedingung für weitere Verhandlungen nukleare Verfahrensweisen aufgeben sollen, mag die Führung bereit sein, das Atomprogramm auszusetzen, um zu umfangreichen Verhandlungen mit den USA und anderen westlichen Staaten zurückzukehren. Das würde die Aufgabe des Ziels eines Regimewechsels im Iran durch die USA bedeuten und die Normalisierung politischer und wirtschaftlicher Beziehungen zum Iran.

Selbst wenn die USA und der Iran in bilaterale Verhandlungen treten sollten – eine Einigung wäre nicht sicher. Trotzdem ist der Versuch einer Annäherung – wie jüngst im Falle Nordkoreas geschehen – denkbar. Jede Abmachung wäre unbestreitbar von sehr zerbrechlicher Natur. Mögliche Aufstände innerhalb des Iran einmal außer Acht gelassen, können die ungelösten Konflikte in der Region zwischen Israel und Palästina, im Libanon usw. jederzeit aufbrechen. Neue Kriege und Bürgerkriege sind möglich, die jede Übereinkunft zwischen Imperialismus und regionalen Regimes im Nu zerstören würden.

Es gab immer eine Wiederkehr von einander abwechselnden bewaffneten Konflikten und „Friedensgesprächen“ im Nahen Osten. Es kann aber zu keinem dauerhaften Frieden oder auch nur zu einvernehmlicher Zusammenarbeit zwischen Staaten im krisengeschüttelten Rahmen von Imperialismus und Kapitalismus kommen.

Lynn Walsh ist Herausgeber des britischen marxistischen Magazins Socialism Today und Mitglied im Internationalen Sekretariat des Komitees für eine Arbeiterinternationale. Der Artikel erschien zuerst in der April-Ausgabe von Socialism Today.