Am 16. März protestierte die WASG Berlin gegen das laufende Bieterverfahren zum Verkauf der Berliner Sparkasse. Lucy Redler, Mitglied im Bundesvorstand der WASG, forderte den Erhalt der Sparkasse in öffentlicher, Berliner Hand. Die Privatisierung müsse abgebrochen werden, so die Sozialistin.
Bericht der WASG Berlin:
„Am Freitag, den 16. März 2007, erfuhr das laufende Bieterverfahren um die Privatisierung der Berliner Sparkasse seine beachtlich öffentliche Bereicherung im politischen Happening der Karikatur: Vor dem Roten Rathaus als Amtssitz des Regierenden Bürgermeisters nahm WASG-Landesvorstand Michael Prütz in der Tarnung des “Verkaufssenators Thilo S.” nicht nur die Gebote exemplarisch selbsternannter Interessensvertreter des globalisierten Kapitals entgegen, sondern auch gleich noch das übliche Schmiergeld im kartonierten Umschlag.
Die auftretenden Bieter und Bieterinnen in Vertretung deutscher Privatbanken, russischer Energiepotentaten und internationaler “Heuschrecken” improvisierten sich zur Erheiterung aller Anwesenden heftig ins Zeug – und ihre Stellungnahmen verdeutlichten anschaulich die Folgen, die der Verkauf der Sparkasse durch den rot-roten Berliner Senat haben wird: Das Ende des öffentlich-rechtlichen Bankensektors, der Abbau von Arbeitsplätzen und Filialdichte wurden da genauso unverhohlen vorausgesagt wie die Verabschiedung jeglicher Gemeinwohlorientierung und eines Kontos für jedermann – und das alles im Namen größtmöglicher Profite.
Vor diesem Hintergrund hob sich das abschließende Gebot Lucy Redlers im Namen der WASG Berlin dann ab als dramaturgische und politische Notwendigkeit, um den drohenden weiteren Abbau sozialer Verpflichtungen in der Hauptstadt der Armut aufzuhalten. Für den Fall, dass die WASG Berlin den Zuschlag erhält, versprach sie den Erhalt der Arbeitsplätze und der bestehenden Filialdichte, das Konto für jedermann und die Gemeinwohlorientierung als Prämisse zukünftiger Geschäftsstrategien der Berliner Sparkasse.
Verkaufssenator Thilo S. nahm alle Gebote zur Kenntnis und verabschiedete sich unter Verweis auf die zu erwartenden Entscheidungen des rot-roten Berliner Senats.“
Dokumentiert: junge Welt, 17.3.07:
„Linke Gretchenfrage
Berlin: WASG protestiert mit »öffentlichem Bieterverfahren« gegen geplante Privatisierung der Sparkasse. Volksbegehren startet am 28.April
Rainer Balcerowiak
Mit einem Happening vor dem Roten Rathaus, dem Amtssitz des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit (SPD), setzte die Berliner WASG am Freitag ihre Kampagne gegen die bevorstehende Privatisierung der Berliner Sparkasse fort. In einem »öffentlichen Bieterverfahren« erläuterten unter anderem russische Energieoligarchen, deutsche Privatbanker und global agierende »Heuschrecken« ihre Pläne für die Zukunft des bisher öffentlich-rechtlichen Geldinstituts. »Angeboten« wurde unter anderem ein – natürlich kostenpflichtiger – Fahrdienst zu den wenigen verbleibenden Filialen, in denen der sprichwörtliche »kleine Rentner« oder sogar Erwerblose die monatlichen Überweisungen gegen eine Gebühr von 20 Euro tätigen könnten, da man ihnen wegen der hohen Kosten natürlich kein Girokonto mehr anbieten könne. Ein als »Verkaufssenator Thilo Sarrazin« ausstaffierter WASGler nahm die »Angebote« wohlwollend zur Kenntnis.
WASG-Sprecherin Lucy Redler machte anschließend in ihrer Ansprache deutlich, daß derartige Szenarien sehr bald Realität werden könnten. In Großbritannien, wo kein öffentlich-rechtlicher Bankensektor existiert, müßten bereits 3,5 Millionen Menschen ohne Konto auskommen. Ausgerechnet die ärmsten Teile der Bevölkerung würden dadurch mit horrenden Zusatzkosten für Überweisungen und Abhebungen belegt. Nur durch den Erhalt eines gemeinwirtschaftlichen Bankensektors in Deutschland könne eine derartige Entwicklung verhindert werden, so Redler.
Private Großbanken und Finanzinvestoren wollen in Berlin offensichtlich ein Exempel statuieren, um der bundesweiten Zerschlagung des öffentlich-rechtlichen Bankensektors den Weg zu bereiten. Durch ein neues Sparkassengesetz, mit dessen Formulierung eine Wirtschaftsberatungskanzlei beauftragt wurde, die auch für den Bankenverband tätig ist, machte die Berliner SPD-/Linkspartei.PDS-Regierung im April 2005 den Weg frei für die Privatisierung.
Obwohl der Verkauf der Sparkasse an private Investoren auch innerhalb der Linkspartei.PDS heftig kritisiert und vom Fusionspartner WASG verhement abgelehnt wird, beharrt der Berliner Landesverband auf dem Vorhaben. Erst am Donnerstag bekräftigte die Fraktionsvorsitzende der Berliner Linksfraktion, Carola Bluhm, daß man den Verkauf nicht an soziale Kriterien koppeln werde. Dagegen haben prominente linke Politiker wie Sahra Wagenknecht und Oskar Lafontaine die Berliner Parteifreunde aufgefordert, den Verkauf der Sparkasse an private Investoren zur Gretchenfrage für die Koalition mit der SPD zu machen.
Daß diese Konstellation dem Berliner Landesverband der Linkspartei.PDS einiges Kopfzerbrechen bereitet, zeigte auch ihr Auftritt am Rande der WASG.Kundgebung. Auf einem eigens für diese Veranstaltung erstellten Flugblatt mit dem Titel » »Die Wahrheit über den Sparkassenverkauf« behauptet die Partei allen Ernstes, der Verkauf der Sparkasse sei an soziale Bedingungen geknüpft. Die Koalitionsfraktionen hätten demnach »eine Reihe Auflagen festgeschrieben, die jeder Bieter erfüllen muß«, wie z.B. Konto für Jedermann und Arbeitsplatzerhalt. Dabei haben sowohl die Fraktions- und Parteispitzen als auch der Wirtschaftssenator Harald Wolf bei jeder sich bietenden Gelegenheit klargestellt, daß das genaue Gegenteil der Fall ist und das Verkaufsverfahren selbstverständlich »diskriminierungsfrei«, also ohne Auflagen, durchgeführt werde.
Doch Privatisierungsgegner in Berlin sind zuversichtlich, daß die Volksweisheit »Lügen haben kurze Beine« auch in diesem Fall zutreffen wird. Am 28. April startet das Berliner Bündnis gegen Privatisierungen jedenfalls ein Volksbegehren, das den Erhalt der Sparkasse als gemeinwohlorientiertes Unternehmen zum Ziel hat.„
Dokumentiert: Tagesspiegel, 17.3.07:
„Berliner Sparkasse
WASG protestiert gegen Verkauf
Mit einer Demonstration vor dem Roten Rathaus hat die Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit deutlich gemacht, dass sie durch die geplante Privatisierung der landeseigenen Sparkasse Arbeitsplätze und Filialdichte gefährdet sieht. (16.03.2007, 14:09 Uhr)
Berlin – Die Partei fordert, die Verkaufspläne auszusetzen. Wie Lucy Redler vom WASG-Bundesvorstand sagte, sollte ein Zeichen für die anderen Bundesländer gesetzt werden, in denen ähnliche Privatisierungen geplant seien.
Wegen einer EU-Auflage muss Berlin sich bis Jahresende von der Landesbank trennen, zu der auch die Sparkasse gehört. Auch der Linksfraktionschef im Bundestag, Oskar Lafontaine, hatte die Verkaufspläne als „Verstoß gegen den Koalitionsvertrag“ kritisiert. Lafontaine forderte für den Fall, dass das Kreditinstitut an einen Finanzinvestor veräußert wird, den Ausstieg der Linkspartei aus der rot-roten Koalition in Berlin. (tso/ddp)„