Größte Privatbank Europas soll Privatisierung vorbereiten

Bündnis „privatisiert, ruiniert“ und Kasseler Linke.ASG machen mobil gegen Verkauf der Städtischen Werke

Um eine weitere Privatisierung der Städtischen Werke (Strom, Gas, Wasser) durch den schwedischen Energieriesen Vattenfall beziehungsweise E.ON „zu prüfen“, haben Kassels Oberbürgermeister Hilgen und Kämmerer Barthel die größte Privatbankgruppe Oppenheim engagiert. Die traditionsreiche Kölner Privatbank, die mittlerweile 100 Millarden Euro vermögender Spitzenmanager und Familienclans wie den Oetkers, Riegels (Haribo) und Neven DuMonts (Kölner Stadt-Anzeiger) verwaltet, hat sich nicht nur durch die Finanzierung von Kriegen im 19. sondern auch mit dem Verscherbeln öffentlicher Güter im 21. Jahrhundert einen Namen gemacht.

von Leonie Blume, Kassel

So baute die Bank das neue Kölner Rathaus und vermietet es bis 2028 zu lukrativsten Bedingungen an die Stadt (zum Beispiel mit jährlich steigender Staffelmiete oder Finanzierung aller Reparaturen durch die Stadt). Möglich machte das SPD-Politiker und Oberstadtdirektor Ruschmeier, der anschließend Geschäftsführer des Bankhauses wurde.

Insgesamt münden die Beratungsergebnisse der Bank in der Regel in saftige Gewinne für Anleger, in „Entzugsprogramme“ für die Beschäftigten und in Verträge, deren Feinheiten weder den Abgeordneten noch der Bevölkerung bekannt werden sollen.

„Wir sind diskret, geheimer noch als geheim“

Das ist der Wahlspruch der Bank Oppenheim und kommt somit Hilgen und Barthel nur gelegen. Damit der Verkauf der Städtischen Werke auch in der Kasseler Stadtverordnetenversammlung leise, still und heimlich über die Bühne geht, wurde ein Unterausschuss gegründet, der zur Verschwiegenheit verpflichtet ist.

Dabei haben die Privatisierungsbefürworter aber die Rechnung ohne die Kasseler Linke.ASG gemacht, die mit fünf Abgeordneten (darunter SAV-Mitglied Nico Weinmann) im Stadtparlament sitzt. Sie fordert die Öffentlichmachung aller Verhandlungen und als Ausgleich zur einseitigen Beratung durch Oppermann die Beauftragung des Privatisierungsgegners Rügemer, der gleichzeitig als Mitglied von Transparency International viele Machenschaften und Privatisierungsgeschäfte der Privatbank publik machte.

Protestkampagne

Das Bündnis „privatisiert, ruiniert“, in dem sich Beschäftigte, Gewerkschafter, Mitglieder der Kasseler Linke.ASG, attac, SAV und andere zusammengeschlossen haben, will die Stimmung in der Stadt gegen den Verkauf der Städtischen Werke nutzen und die Wut in Widerstand verwandeln. Vor jeder Stadtverordnetenversammlung, die einmal im Monat stattfindet, sollen Demonstrationen und Kundgebungen stattfinden. Mit Hausbesuchen, Unterschriftensammlungen, Flugblättern und Plakaten, die in die Fenster gehängt werden können, soll auf das Thema aufmerksam gemacht werden. Die Stadtverordneten sollen außerdem mit E-Mail-Anfragen, wie sie sich zu Privatisierung verhalten werden, bombardiert werden. All das findet im Rahmen des vom DGB ausgerufenen „Heißen Herbst“ statt und soll die Brücke zu den Protesten der SchülerInnen und Studierenden gegen Studiengebühren schlagen.

ver.di in die Offensive bringen

Der Erfolg der Kampagne hängt allerdings entscheidend von der Rolle der Gewerkschaft ver.di ab. Wenn die knapp 1.000 Beschäftigten, von denen viele bei ver.di organisiert sind, sich an Hausbesuchen und Streiks beteiligen, könnte genügend Druck aufgebaut werden, um die Privatisierung zu verhindern.

Zu einem Hemmschuh könnte ebenfalls die problematische Rolle der ver.di-Führung im Klinikum werden. Dort hat ver.di die Ausgangslage für den Protest gegen Privatisierung erheblich erschwert, indem sie den Verhandlungen mit dem Arbeitgeber über Lohnverzicht faktisch zustimmte, um einen 150 Millionen teuren Neubau zu finanzieren. Dieser ist nach Einschätzung vieler KritikerInnen jedoch nur die Vorbereitung für den Verkauf von Kassels größtem Krankenhaus. Die Beteiligung kämpferischer Vertrauensleute und Gewerkschaftsaktiven könnte die Auseinandersetzung über den richtigen Kurs auf eine breitere Basis stellen und den Druck auf ver.di und Betriebsrat erhöhen.