Warnstreik bei VW

Bericht vom Warnstreik bei VW Kassel am 1. November 2004.
 
?Was soll?n wir denn nur tun? Die Arbeit muss jetzt ruhn!? (Aus dem Liedbeitrag ?Lebt denn der alte Haustarif noch?? von einem VW Betriebsrat in Kassel/Banuatal.)

Im Vorfeld der sechten Tarifrunde bei VW fanden heute morgen in Braunschweig und Kassel/Baunatal Warnstreiks statt. Laut IG-Metall-Sprecher Jörg Köther folgten dem Aufruf rund 2.000 KollegInnen.
In Kassel versammelten sich schon um 5:30 Uhr die KollegInnen der Nachtschicht vor dem Haupttor und bildeten Streikposten. Die eintreffende Frühschicht versammelte sich vor den jeweiligen Toren und zogen mit Demonstrationszügen durch das Werk zum Haupttor, wo eine zentrale Kundgebung stattfand.

?Was soll?n wir denn nur tun?…?

Auf der einen Seite wurde die Zukunftsagst und der Ärger über die drohenden Angriffe des Konzerns immer wieder von den KollegInnen betont. Ein Vertrauensmann meinte: ?Die 30 Prozent Personalkosteneinsparungen sollen auf dem Rücken von uns Beschäftigten ausgetragen werden. Ich muss meinen beiden Töchtern das Studium finanzieren. In den letzten Tarifrunden wurde immer verzichtet und jetzt wollen die Unternehmer ganz abkassieren, das geht so nicht!? Zeitgleich hörte man aber immer wieder KollegInnen die z.B. sagten: ?Hätte ich gewusst, dass das so eine Witzveranstaltung wird, hätte ich ausgeschlafen.? Das ist verständlich bei dem Warnstreikaufruf der IG Metall. Auf dem Flugblatt stand als Perspektive für den Warnstreik: ?Das Unternehmen muss spüren, dass wir es ernst meinen. Wir brauchen eine vernünftige Lösung am Verhandlungstisch!? Eine Erklärung, wie so eine Lösung nach der Vorstellung der IGM aussehen soll, blieb aus. Während auf den IGM Transparenten der KollegInnen immer noch die vier Prozent Forderung stand, fehlte sie auf dem IGM Material. Die Redner verschwiegen sie auch. So wurden die KollegInnen in Ungewissheit gelassen, was auf sie nach der heutigen Tarifrunde zukommt und warum sie überhaupt den Warnstreik durchführen.

… Die Arbeit muss jetzt ruhn!?

Kein Wunder! Die ursprüngliche vier Prozent Forderung wurde von IGM Verhandlungsführer Hartmut Meine schon früh als ?unrealistisch? bezeichnet. Einer Kraftprobe wurde von Beginn an aus dem Weg gegangen. Stattdessen wurden im vorrauseilenden Gehorsam drastische Zugeständnisse gemacht. Aus vier Prozent wurden zwei, danach einer und es wurde zugestimmt, dass die künftigen Einstiegslöhne um 10 Prozent gesenkt werden. Bei den Warnstreiks Donnerstag Nacht schraubten die Verhandlungsführer der IGM die Erwartungen noch weiter runter. So Betriebsratschef Klaus Volkert: „Wir erwarten kein Tarifergebnis, das mit dem Füllhorn materielle Wohltaten über uns ausbreitet.“ oder Meine (IGM): „Die Bäume wachsen in dieser Tarifrunde nicht in den Himmel.“
Die Arbeitgeber haben auch bei VW eine härte Gangart eingeschlagen. Selbst faule Kompromisse wie in der Vergangenheit wollen sie nicht eingehen. Bis jetzt sind sie mit dieser Dreistigkeit ungeschoren davon gekommen, weil die IGM Spitze davor zurückweicht, die Kampfkraft der KollegInnen zu nutzen um richtigen Druck auszuüben. Wenn der Streik der Opelaner in Bochum aber eins gezeigt hat, dann die Tatsache, dass Streiks das richtige Mittel sind, um der Unternehmeroffensive etwas entgegen zu setzen.

von Nico Weimann, Kassel