Ein Programm ist nötig, in dem nicht das Kapital bestimmt

Zur Programmdiskussion innerhalb der WASG
 
Bei der Bundesdelegiertenkonferenz der Wahlalternative für Arbeit und soziale Gerechtigkeit (WASG) Ende des Jahres soll unter anderem über ein Parteiprogramm abgestimmt werden. Im Entwurf des Bundesvorstandes für dieses Programm heißt es: „Eine andere Welt ist möglich als die, in der das Kapital bestimmt.“ Doch was schlägt die WASG vor?
Im Programmentwurf finden sich viele richtige Forderungen: Ein öffentliches Investitionsprogramm, die Verkürzung der Arbeitszeit bei vollem Lohn-und Personalausgleich, die Wiedereinführung der Vermögenssteuer und anderes.
Der Entwurf erklärt jedoch nicht, wie diese Forderungen durchgesetzt werden können. Diese Frage steht in einem direkten Zusammenhang mit den Ursachen der gegenwärtigen Situation. Die AutorInnen gehen davon aus, dass ihre Vorschläge nicht nur sozial gerechter, sondern auch „wirtschaftspolitisch besser“ seien, also zu mehr Wachstum, Sozialstaat und „einer Vollbeschäftigung neuen Typs“ führen. Sie erwecken den Eindruck, dass die von ihnen vorgeschlagene Politik im Interesse aller Teile der Gesellschaft ist – Arbeitgeber wie ArbeitnehmerInnen und Erwerbslose.
Doch die Ursachen für die permanenten Angriffe auf Sozialleistungen und Löhne liegen in der Profitkrise der kapitalistischen Gesellschaft. Die Klasse der Unternehmer und Großaktionäre will auf Kosten der ArbeitnehmerInnen und Erwerbslosen ihre sinkenden Profitraten sanieren. Daraus ergibt sich, dass jede Verbesserung für die Masse der Bevölkerung durch die Profite der Banken und Konzerne finanziert werden müsste und dementsprechend nur im Kampf gegen diese durchgesetzt werden kann.

Kämpferisch oder staatstragend?

Anstatt aber auf die Aktivität der Beschäftigten, Jugendlichen und Erwerbslosen zu setzen, bietet die WASG ein auf die Politik in den Parlamenten orientiertes Programm an. So appelliert sie beispielsweise an „Deutschland“, für eine bessere Sozialpolitik in der EU sein „Gewicht in die Waagschale“ zu werfen.
Ingesamt fällt das Programm der WASG hinter Programme, wie beispielsweise von Attac oder anderen Teilen der Bewegung gegen Sozialkahlschlag zurück. So wird ein Spitzensteuersatz gefordert, der mit 47 Prozent unter jenem aus der Zeit der Kohl-Regierung liegt. Auf internationaler Ebene wird lediglich die Demokratisierung von IWF, WTO und Weltbank gefordert und das GATS-Abkommen in den Grundzügen akzeptiert.

Für ein sozialistisches Programm

Um der Offensive der Kapitalisten und ihrer Regierungen etwas entgegen zu setzen, ist eine kämpferische Partei nötig, die nicht bei den Profitinteressen der Banken und Konzerne halt macht. Die WASG schreibt selbst: „Wir wollen auch über weitergehende Alternativen und Visionen einer besseren Welt diskutieren.“ Und: „Die Wirtschaft muss demokratischer Kontrolle und Regulierung unterliegen.“
Sie zieht daraus aber keine Konsequenzen für Programm und Strategie.
Genau diese Diskussionen müssen aber geführt werden. Wenn wir dauerhaft sichere, menschenwürdige Arbeit zu angemessenen Löhnen für alle, eine saubere Umwelt, eine friedliche Welt und eine demokratische Kontrolle über die Wirtschaft erreichen wollen, dann werden wir in Konflikte mit den Kapitalbesitzern geraten, die im Rahmen der kapitalistischen Staats- und Wirtschaftsordnung nicht dauerhaft zugunsten der ArbeitnehmerInnen zu entscheiden sind.
Denn diese Forderungen können nur bleibend durchgesetzt werden, wenn nicht mehr Markt- und Profitgesetze Wirtschaft und Politik bestimmen, sondern die Bedürfnisse von Mensch und Natur.
Deshalb treten wir dafür ein, den Kampf für die angesprochenen Verbesserungen mit der Perspektive auf eine grundlegende Veränderung der gesellschaftlichen Verhältnisse zu führen.
Dazu ist die Überführung der großen Banken und Konzerne in öffentliches Eigentum unter demokratischer Kontrolle und Verwaltung der arbeitenden Bevölkerung und die demokratische Planung der Wirtschaft eine Voraussetzung. Denn kontrollieren kann man nur, was einem auch gehört. Deshalb schlägt die SAV vor, dass eine neue Partei für die Einführung einer sozialistischen Demokratie eintritt und ihren Einsatz für die Erkämpfung von Reformen damit verbindet, zu erklären, dass es notwendig ist, den Kapitalismus abzuschaffen.

von Sascha Stanicic und Lucy Redler, Berlin