Welches Programm für eine neue Partei?

Eine „bessere Wirtschaftspolitik“ reicht nicht
Die Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit (WASG) hat sich gegründet, „weil eine soziale Alternative zum politischen Einheitsangebot entwickelt werden muss“, so Thomas Händel für den neugegründeten Bundesvorstand der WASG. Wie kann eine solche soziale Alternative aussehen?
Standpunkt der Solidarität, Nr. 27
 
Gegenüber der Presse übernahm im Auftrag des neuen Bundesvorstand Klaus Ernst, Erster Bevollmächtigter der IG Metall in Schweinfurt, den Part, die Angriffe der Regierung – Gesundheitsreform, Hartz IV, … – anzugreifen und für einen Mindestlohn und höhere Steuern für Reiche und Superreiche einzutreten. Diese Forderungen – neben einem Investitionsprogramm in Höhe von 50 Milliarden Euro und anderem – wurden auch in einem programmatischen Diskussionspapier der beiden Mitglieder des geschäftsführenden Bundesvorstandes Sabine Lösing und Axel Troost, einem Wirtschaftswissenschaftler, dargelegt.
Dabei werden die Ziele sehr vorsichtig formuliert: So soll zum Beispiel der Spitzensteuersatz wieder angehoben werden, Ziel dabei seien „mindestens 47 Prozent“. Unter der Kohl-Regierung lag er noch bei 53 Prozent. Umverteilung zwischen den Beschäftigten – zum Beispiel bei der Abschaffung des Ehegattensplittings oder bei den Sozialversicherungen, wo zum Beispiel BeamtInnen zur Kasse gebeten werden sollen – wird neben die Umverteilung von oben nach unten gestellt.
Entscheidend ist aber, worauf diese Verbesserungen beruhen sollen: Sabine Lösing, nebenbei noch im Attac-Rat, führte aus, dass eine „ganz andere Ausrichtung der Wirtschaftspolitik“ nötig sei. Es gehe darum, die „Vernachlässigung der Binnennachfrage“ zu überwinden.
Sie setzen daher auf staatliche Investitionen, gerade auch im kommunalen Bereich, um die Wirtschaft anzukurbeln, auch als „Mittelstandsförderung“.

Krise des Kapitalismus
Ignoriert wird, dass sich der Kapitalismus grundlegend in der Krise befindet, nicht nur konjunkturell, sondern dauerhaft. Auch die Aufschwünge seit der Krise 1974 / 75 konnten die Arbeitslosigkeit zum Beispiel nicht abbauen. Dies ist ein Hintergrund für die Verschärfung von Tempo und Härte der Angriffe heute.
Die vorgeschlagene keynesianistische Politik – die Stärkung der Nachfrage auch durch staatliche Investitionen – führte damals zur Verschuldung der Staaten und der damit einhergehenden weiter gestiegenen Macht der Finanzmärkte, der Banken und Konzerne.
Die jetzige neoliberale Politik ist die Folge und Antwort auf die damalige Politik und die wirtschaftliche Entwicklung. Ein simples zurück in die 60er und 70er Jahre mit einem Kapitalismus, der zu Reformen (damals: Verbesserungen!) gezwungen werden konnte, gibt es heute unter den Bedingungen der kapitalistischen Krise nicht.
In den Aussagen der Initiatoren der WASG wird der Eindruck vermittelt, es ginge darum, einen Sozialstaat zu erkämpfen, der im Interesse der ganzen Gesellschaft sei.
Nicht erwähnt wird, dass es einen grundlegenden Widerspruch zwischen den Interessen der Unternehmer und Superreichen auf der einen und Jugendlichen, Beschäftigten und Erwerbslosen auf der anderen Seite gibt. Nicht umsonst gehen Hunderttausende gegen Schröders Politik auf die Straße, während gleichzeitig Rogowski, der Chef des BDI (Bund Deutscher Industrie), Schröder herzlichst zu seiner Politik gratuliert.

Verbesserungen erkämpfen!
Das heißt nicht, dass heute keine Verbesserungen mehr zu erkämpfen sind. Sie sind nur noch schneller von Rücknahme und Aushöhlung bedroht. Um sie durchzusetzen oder zu verteidigen braucht es eine kämpferische Ausrichtung. Massive Arbeitszeitverkürzung, staatliche Investitionen und so weiter, wovon auch Troost und Lösing sprechen, – all das wird nicht zu erreichen sein, wenn die Vorstellung vorherrscht, den Kapitalismus „wirtschaftspolitisch besser“ (Troos und Lösing) zu managen – und deswegen die Kapitalisten nicht grundlegend anzugreifen. Nötig ist, die Produktion und Verteilung des gesellschaftlichen Wohlstandes nicht mehr der Willkür der Profite zu unterwerfen, sondern gemäß der Bedürfnisse von Mensch und Natur demokratisch zu planen.
Der Kampf gegen die heutigen Angriffe kann nur dann mit aller nötigen Entschlossenheit geführt werden, wenn er keine Rücksicht auf die Profite der Kapitalisten nimmt, wenn er nicht auch für sie „wirtschaftspolitisch besser“ sein will, sondern konsequent die Interessen von ArbeitnehmerInnen und ihren Familien verteidigt. Das geht nur mit einer sozialistischen Perspektive.