Nein zur 40-Stunden-Woche im öffentlichen Dienst

Nach der Kündigung der Tarifverträge durch die Länder ist eine Antwort von ver.di nötig: Streik
 
Es kommt, wie es kommen musste. Nach jahrelangen Zugeständnissen an die Arbeitgeber durch ver.di, nach einer Metalltarifrunde, die die Ausweitung der Arbeitszeit ermöglicht, fühlen sich die Arbeitgeber im öffentlichen Dienst ermutigt, weiter zu gehen. Ende März kündigten die Länder die Tarifverträge für die Arbeitszeit. Sie wollen die  Rückkehr zur 40-Stunden-Woche, Stoiber gar 42.
Seit Jahren verlangen Bund, Länder und Kommunen, dass die Beschäftigten für die von den Reichen geplünderten Staatskassen mit Lohnverzicht und Arbeitszeitverlängerung aufkommen. Und die ver.di-Führung hat sich darauf eingelassen: Niedrigabschlüsse in den allgemeinen Tarifrunden, kampflose Lohnabsenkungen von mehreren hundert Euro im Monat und Wegfall von freien Tagen durch Sondertarifregelungen wie den Spartentarifvertrag im öffentlichen Nahverkehr. Die beiden Arbeitszeitverkürzungstage (AZV-Tage), die in den 80er Jahren erkämpft wurden, wurden von der ver.di-Führung am Verhandlungstisch bei den Tarifverhandlungen der letzten Jahre wieder verschachert.
Als den BeamtInnen beim Bund und den Ländern die Arbeitszeit auf bis zu 42 Stunden in der Woche erhöht und gleichzeitig auch noch Weihnachts- und Urlaubsgeld gekürzt beziehungsweise gestrichen wurde, organisierte ver.di keinen ernsthaften Widerstand. Als Bund und Länder im Sommer 2003 für die ArbeiterInnen und Angestellten die Tarifverträge für Weihnachts- und Urlaubsgeld kündigte, gab es nicht mal die Spur von Protest. Dass Neueingestellte inzwischen schon keinen Anspruch mehr auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld haben, ist den Spitzenfunktionären offensichtlich egal.
In der ersten Reaktion der ver.di-Führung auf die Kündigung der Tarifverträge zur Arbeitszeit durch die Länder, gab es keinerlei Ankündigung von Kampfmaßnahmen. Dabei drängt die Zeit. Bereits ab Mai haben Neueingestellte bei den Ländern keinen tariflichen Schutz mehr für die 38,5-Stunden-Woche.

„Prozessvereinbarung“

Wenn es nach der ver.di-Führung geht, gibt es darüberhinaus dieses Jahr für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst den größten Ausverkauf in der Nachkriegsgeschichte mit verheerenden materiellen Folgen für die KollegInnen. Anstatt endlich eine bundesweit einheitliche Tarifbewegung gegen Tarifflucht, Lohnraub und Arbeitszeitverlängerung zu führen, verhandelt ver.di über eine Modernisierung des Tarifrechts im öffentlichen Dienst („Prozessvereinbarung“) und bietet den Arbeitgebern weitgehende Zugeständnisse an: Wegfall von Zeit-, Alters- und Bewährungsaufstieg, Wegfall von familienbezogenen Zuschlägen, Kürzung von Weihnachts- und Urlaubsgeld, Arbeitszeitflexibilisierung und leistungsabhängige Bezahlung. Am Ende könnte der größte Flächentarifvertrag der BRD zerschlagen sein und Hunderttausende aus ver.di austreten. Das muss durch Druck von unten und das massive Einfordern von Kampfmaßnahmen bis hin zu einem bundesweiten Vollstreik im öffentlichen Dienst verhindert werden.
Das Netzwerk für eine kämpferische und demokratische ver.di will bei seinem bundesweiten Treffen am 24. April die Diskussion darüber führen.

von Ursel Beck, Stuttgart