SchülerInnenstreiks in Hamburg

Interview mit David Schultz

David Schultz ist Aktivist der Kampagne „Jugend gegen Krieg“ und Mitorganisator des Schülerstreiks am 24.3.2003 in Hamburg
 
Sie haben am Montag mit 50.000 Schülerinnen und Schülern Hamburgs aus Protest gegen den Krieg den Schulunterricht bestreikt. Was sagen Sie zu der Äußerung der Hamburger SPD, dass diese Demonstration „ein Zeichen ist, das Mut macht“?

Der SPD sollte diese Demo besser keinen Mut machen. Wir sind bewusst zum SPD-Haus gelaufen und haben dort unsere Abschlusskundgebung durchgeführt, weil wir die Politik der Bundesregierung ablehnen. Wir haben die Sperrung des deutschen Luftraums für die kriegführenden Armeen und den Rückzug der Bundeswehrsoldaten aus Kuwait und aus den AWACS-Aufklärern gefordert. Wir haben auch kein Vertrauen in Schröder, weil er schon zwei Angriffskriege geführt hat. Unsere Demonstration war klar regierungskritisch.

Es gab zum Ende der Demonstration Auseinandersetzungen mit der Polizei. Was hat sich abgespielt?

Es gab absolut keinen Grund bei einer friedlichen Antikriegsdemonstration von Schülerinnen und Schülern mit Wasserwerfern, Ganzkörperpanzern und locker sitzenden Schlagstöcken aufzutreten. Das war reine Provokation und hat es in keiner anderen Stadt gegeben. Nach Ende der Kundgebung vor dem SPD-Haus zogen viele Demonstranten weiter zum US-Konsulat und führten dort eine friedliche Sitzblockade durch. Als ich dem Einsatzleiter der Polizei vorschlug durch das lautere Polizeimegaphon eine Durchsage zu machen, sagte dieser zu mir: „Sie haben ihre Schuldigkeit getan. Jetzt übernimmt die Polizei.“ Das sah dann so aus, dass Wasserwerfer und Schlagstöcke massiv eingesetzt worden sind. Nach Angaben von Hamburger Medien wurden ein dreizehnjähriger Schüler und eine sechzehnjährige Schülerin durch den Schlagstockeinsatz verletzt. Wir wurden von den Wasserwerfern einen Kilometer lang die Straße entlang gejagt.

War eine Eskalation durch die Polizei Ihrer Meinung nach gewollt?

Danach sieht es aus und es passt in die Strategie der letzten Monate, vor allem bei den großen sozialen Protesten und der Bambule-Bewegung. Immer wenn solche Proteste an Breite gewonnen haben, schlug die Polizei zu. Wahrscheinlich, um „normale“ Leute davon abzuhalten an den Demonstrationen teilzunehmen. Ich gehe davon aus, dass der Knüppeleinsatz gegen die Schüler ein Signal an Eltern und Lehrer sein sollte, ihre Kinder bzw. Schüler in Zukunft von Demonstrationen fern zu halten.

Was werden Sie gegen das Vorgehen der Polizei unternehmen?

Wir versuchen zuerst einmal soviel Öffentlichkeit wie möglich zu schaffen und werden auf unserem nächsten Treffen am Donnerstag über weitere Schritte beraten. Wahrscheinlich werden wir eine Demonstration von Eltern, Lehrern und Schülern gegen die Polizeigewalt durchführen.

Sind andere Aktionen in Planung?

Wir werden die Hafenarbeiter besuchen und sie auffordern betriebliche Aktionen bis hin zu Streiks gegen den Krieg durchzuführen. Unser Streik sollte gerade ein Zeichen an die Beschäftigten sein. Deren Streiks wären natürlich viel wirkungsvoller als Schülerstreiks. Das hat sich in anderen Ländern schon gezeigt, zum Beispiel bei der Weigerung von Arbeitern in Livorno Munition zu transportieren. Außerdem werden wir am 6.4. eine Jugendkonferenz gegen den Krieg durchführen.

Interview: Sascha Stanicic

Nächstes Treffen von Jugend gegen Krieg Hamburg: Donnerstag, 18.00 Uhr in der Schülerkammer, Brucknerstraße 1; Tel.: 0178-2068489

Bundesweite Infos: www.jugend-gegen-krieg.org