Wie kann der Krieg gestoppt werden?

Die Bewegung gegen den drohenden Irak-Krieg hat schon Millionen Menschen auf der ganzen Welt mobilisiert, trotzdem rollt Bushs Kriegsmaschinerie. Wie kann die Anti-Kriegs-Bewegung erfolgreich sein? Wie kann sie gr??er und wirksamer werden?

von Sascha Stanicic, Berlin
 
Hinter den vergangenen Kriegen (gegen Serbien, Afghanistan) und dem drohenden Krieg (gegen Irak) standen die wirtschaftlichen und machtpolitischen Interessen der Herrschenden in den westlichen Industriestaaten.
Die vordergr?ndige Anti-Kriegs-Haltung der Bundesregierung ist einerseits Ausdruck der Interessen des deutschen Kapitals, die nicht mit den Interessen des US-amerikanischen Kapitals deckungsgleich sind. Andererseits gibt es gemeinsame Interessen (zum Beispiel Aufrechterhaltung der imperialistischen Weltordnung) und Abh?ngigkeiten von den USA (die USA waren in den letzten Jahren der einzige Motor der Weltwirtschaft).
Die Bundesregierung hat ihr politisches Schicksal mit der Ablehnung des Krieges verkn?pft und hofft darauf, dass Bush doch noch von seinen Kriegspl?nen abr?ckt, der Irak-Konflikt eine andere L?sung findet (zum Beispiel durch eine Palastrevolte in Bagdad) und sie so ihr Gesicht wahren kann.
W?hrend Schr?der einerseits medial weiterhin ablehnt, einen Krieg gegen Irak zu unterst?tzen, und eine Zustimmung im UNO-Sicherheitsrat ausschlie?t, macht er gleichzeitig alles, um seine ?amerikanischen Freunde? bei der konkreten Kriegsf?hrung zu unterst?tzen: die US-Kasernen in Deutschland werden von tausenden Bundeswehrsoldaten gesch?tzt, deutsche Drohnen erkunden den Irak, die Truppen in Kuwait sollen nun doch zum Einsatz kommen.
Die Haltung Berlins ist: von diesem Krieg haben wir nichts, wenn er aber gef?hrt wird, leisten wir keinen Widerstand, beteiligen uns bescheiden und sind kriegsbereit f?r die Zukunft. Das ist keine Anti-Kriegs-Haltung. Sie t?uscht die Bev?lkerung, die in ihrer gro?en Mehrheit diesen Krieg nicht will.
Damit bleiben Schr?der und Fischer sich selber treu, schlie?lich haben sie Deutschland zu dem Staat gemacht, der nach den USA die zweitmeisten Soldaten in Auslandseins?tzen hat.
Um erfolgreich zu sein, muss die Anti-Kriegs-Bewegung, diejenigen treffen, die Krieg f?hren. F?r die Anti-Kriegs-Bewegung in Deutschland bedeutet das: Bundesregierung und deutsche Banken und Konzerne. Ohne aus den Augen zu verlieren, dass der US-Imperialismus zur Zeit der Kriegstreiber Nummer Eins ist, sollte die Anti-Kriegs-Bewegung in Deutschland ihren Blick auch auf den ?eigenen? Imperialismus richten.

Streiks sind wirksam

Wie k?nnen Regierung und Kapital getroffen werden? Durch Massendemonstrationen, direkte Aktionen des zivilen Ungehorsams gegen Milit?reinrichtungen und vor allem durch Streiks der arbeitenden Bev?lkerung. Der Gott der B?nker und Gro?aktion?re ist der Profit. Dieser muss getroffen werden, wenn in der kapitalistischen Gesellschaft etwas erk?mpft werden soll.
Aus dieser ?berlegung ergibt sich, dass die Anti-Kriegs-Bewegung an St?rke und sozialer Macht gewinnt, wenn sie sich mit den K?mpfen der abh?ngig Besch?ftigten gegen Lohndr?ckerei, Sozialabbau und Abbau von Arbeitnehmerrechten verbindet. Die erfolgreichste Anti-Kriegs-Bewegung der Geschichte war die Oktoberrevolution in Russland, die dem Ersten Weltkrieg ein Ende setzte.
Erste Forderungen nach symbolischen Streikaktionen in Betrieben sind in den Gewerkschaften schon laut geworden. Schottische Lokf?hrer haben sich geweigert Kriegsmaterial zu bef?rdern. Auf diesen Ans?tzen k?nnte eine innergewerkschaftliche Kampagne aufbauen, die Druck auf die Gewerkschaftsf?hrung f?r Massenmobilisierungen und Streikaktionen gegen Sozialabbau und Krieg aus?bt.
Das bedeutet dann aber, dass mit Vertretern des Kapitals keine effektive und erfolgversprechende Anti-Kriegs-Politik zu machen ist. Also: die Gewerkschaften in die Pflicht nehmen und sie zum Teil der Anti-Kriegs-Bewegung machen! Keine Anbiederung an SPD und Gr?ne, die selber Kriegsparteien sind und den sozialen und wirtschaftlichen Interessen der Bev?lkerung zuwider handeln!

B?ndnisse

Aber ist das keine Ausgrenzungspolitik, die verhindert, dass die Anti-Kriegs-Bewegung breit wird? ?Breite? bedeutet Masse, Masse bedeutet die Arbeiterklasse und die Jugend zu mobilisieren, denn sie macht die gro?e Mehrheit der Gesellschaft aus. ArbeiterInnen lassen sich leichter zu Streiks gegen den Krieg mobilisieren, wenn sie verstehen, dass sie dieser Krieg angeht und sie davon betroffen sind ? unter anderem, weil mehr staatliche Gelder in den Milit?rapparat gesteckt werden und daf?r die L?hne nicht erh?ht werden und Sozialleistungen gestrichen werden.
Das bedeutet nicht, dass Anti-Kriegs-B?ndnisse ein antikapitalistisches Programm annehmen sollten. Sie sollten aber von folgenden Forderungen ausgehen:
-Stoppt den Krieg gegen den Irak ? ob mit oder ohne UNO-Mandat
-Nein zu jeglicher direkter oder indirekter Beteiligung Deutschlands: Luftraum sperren, US-Milit?rbasen schlie?en; keine deutschen Soldaten in den AWACS-Fl?gen einsetzen; Bundeswehr aus Kuwait und vom Horn von Afrika abziehen
-Nein zur Diskriminierung von Menschen aus dem arabischen Raum und zu jeglichem Rassismus
– Gegen den Abbau demokratischer Rechte
– Arbeit und Bildung statt R?stung und Krieg
Auf der Basis der Unterst?tzung solcher Forderungen, die eine eindeutig kritische Haltung zur Bundesregierung darstellen, sollten SPD- und Gr?nen-Mitglieder und -Gliederungen in Anti-Kriegs-Komitees willkommen sein.
Die Anti-Kriegs-Bewegung ausschlie?lich auf einem ?Nein? zu diesem Irak-Krieg aufzubauen, scheint auf den ersten Blick erfolgversprechender, weil dieser Aussage mehr Menschen zustimmen k?nnen. Doch das ist sehr kurzfristig gedacht ? und noch dazu falsch. Es gibt eben Kr?fte, die aus den falschen Gr?nden gegen diesen Krieg sind, aus Interessen, die nicht die Interessen der Mehrheit der Bev?lkerung sind. Dazu geh?ren Spitzenpolitiker von SPD und Gr?nen, deutsche Kapitalisten, reaktion?re CSU-Politiker wie Peter Gauweiler und der Papst. Solche Kr?fte w?rden die Anti-Kriegs-Bewegung schw?chen, weil sie Druck aus?ben w?rden, auf Streiks und Blockaden von Milit?reinrichtungen zu verzichten und die soziale Frage nicht aufzugreifen.
Der Irak-Krieg wird leider nicht der letzte Krieg sein, den die M?chtigen der Welt f?hren werden, bevor sie entmachtet werden. Die Bewegung gegen den Irak-Krieg muss zu einer dauerhaften Widerstandsbewegung gegen Krieg und Militarismus werden. Wenn heute Leute wie Schr?der und Fischer in der Bewegung akzeptiert werden, gesteht man ihnen eine politische und moralische Autorit?t zu, die sie l?ngst verspielt haben. Dies w?rde Bewegungen gegen Kriege, an denen diese Regierung wieder direkt und offen teilnehmen wird, erschweren ? so wie die Anti-Kriegs-Bewegung 1999 gegen den Balkan-Krieg schwach war, weil viele dachten, dass an den pseudo-humanistischen Argumenten des Joseph Fischer doch etwas dran sein m?sse.
Vertrauen wir auf unsere Kraft und auf die Kraft der Millionen ArbeitnehmerInnen, Erwerbslosen und Jugendlichen!