#Fairwandel durch #Fairstaatlichung

Solidarität und Widerstand statt Sozialpartnerschaft und Kapitallogik!

Unter dem Titel #Fairwandel ruft die IG-Metall für den 29. Juni 2019 zu einer Demonstration in Berlin auf. Laut der größten Gewerkschaft Europas sind 2019 und 2020 Schicksalsjahre für die deutsche Industrie. Welche Antworten gibt sie auf die Fragen nach Digitalisierung und Klimaschutz, während den Kolleg*innen Betriebsschließungen und Entlassungen drohen?

Von René Arnsburg

Die größte der DGB-Gewerkschaften reagiert auf der einen Seite auf den Druck von ihrer Basis. In Hochglanzprospekten und Leitartikeln wird versprochen, dass Maschinen bald unsere Arbeit erledigen sollen – das heißt dann Digitalisierung oder Industrie 4.0. Zurecht merken viele Kolleg*innen, dass es hier nicht um eine rosige Zukunft geht, sondern um die Ersetzung menschlicher Arbeitskraft durch billigere Maschinen. Die IG-Metall-Spitze beschönigt das mit Begriffen wie „Transformation“.

Stattdessen, müsste sie auch sagen, wie sie für die Interessen nicht nur ihrer Mitglieder kämpfen will. In ihrer Darstellung geht es um einen Prozess, den es mitzugestalten gilt. Dabei machen sich hohe Funktionär*innen Gedanken darum, wie zukunftsfähige Produkte hergestellt werden können und sie sagen offen, dass sich die Gewerkschaft Gedanken macht, die sich das Management profitorientierter Firmen machen müsste. Als Arbeiterorganisationen sollte die Gewerkschaft jedoch die Interessen der Kolleg*innen vertreten, statt sich als besseres Management aufzuspielen.

In Zeiten des international vernetzten Unternehmertums mit globalen Produktionsketten ist nichts wichtiger, als die Solidarität der Beschäftigten über Ländergrenzen hinweg. Die kapitalistische Wettbewerbslogik und Standortkonkurrenz, die die IG-Metall akzeptiert, spalten uns jedoch.

Die großen Kapitalisten sehen nicht ein, die Gewerkschaften bei ihren Rationalisierungsplänen mitbestimmen zu lassen. Statt ihnen jedoch den Kampf anzusagen und eine solche Demonstration als bundesweite Mobilisierung der Kräfte zu nutzen, soll klar gemacht werden, dass man an der IG-Metall als Sozialpartnerin nicht vorbei kommt – ein fataler Fehler!

Arbeitszeit verkürzen

Es wird viel darüber gesprochen, dass die Digitalisierung mitgestaltet werden soll. Doch für die Mehrheit der Menschen gibt es im Kapitalismus gar keinen Gestaltungsspielraum. Jede Verbesserung ist nur ein Zugeständnis an den Druck und reale Kämpfe von unten. Wirklicher technischer Fortschritt im Interesse von Mensch und Natur kann nur unter der Kontrolle der Beschäftigten geschehen. Solange jedoch private Eigentümer*innen entscheiden, wonach geforscht, was entwickelt und wie es produziert wird, reden diese nur zum Schein mit.

Das beste Beispiel ist der Dieselmotor: Es werden Stellen abgebaut, weil nicht mehr genügend Dieselautos verkauft werden. Der kapitalistische ist Markt nicht in der Lage zu, Beschäftigung zu garantieren. Die IG-Metall schlägt eine Kurzarbeiterregelung vor. Die Arbeitszeit soll herabgesetzt werden und der Lohnverlust wird durch Zahlungen der Bundesagentur für Arbeit ausgeglichen. Das bedeutet, wir bezahlen doppelt dafür, dass Unternehmen die Kolleg*innen wegrationalisieren – einmal durch den Lohn- und Jobverlust und dann noch durch unsere Beitrags- und Steuerzahlungen, mit denen die Bundesagentur für Arbeit finanziert wird. Die Profiteure müssen zur Kasse gebeten werden. Die Arbeitszeit muss in einem ersten Schritt auf 30 Stunden pro Woche reduziert werden und zwar bei vollem Lohnausgleich. Wer Jahrzehnte von der Arbeit der Kolleg*inne profitiert hat, muss zahlen.

Arbeitsplätze selbst sollten durch die Produktion gesellschaftlich sinnvoller Güter gesichert werden – Eisenbahnen als umweltfreundliche Alternativen zum PKW bieten sich an. Die Idee der IG-Metall-Führung, jetzt auf die E-Mobilität zu setzen, ist ein ökologischer Albtraum. Die Produktion von Elektroautos und eine flächendeckende Versorgung mit Ladestationen würden den Energie- und Rohstoffbedarf im Personenverkehr um ein Vielfaches erhöhen. Der Verweis auf den Ausbau der Schiene und ein notwendiges kostenloses Nahverkehrssystem sind der richtige Ansatzpunkt.

In einigen Betrieben finden bereits Versammlungen statt, die das thematisieren. Die Gewerkschaft sollte in diese Diskussionen ein wirklich alternatives Wirtschaftsprogramm einbringen, das allen zugute kommt und klar machen, dass sie dafür kämpfen wird. Dabei darf sie es nicht bei abstrakten Vorstellungen belassen, sondern klare Ansagen machen: Wer verlagert verlagert oder dicht macht, gehört enteignet – als ersten Schritt zur Verstaatlichungen aller Schlüsselindustrien, wie es in §2 der Satzung der IG-Metall steht. Das passiert natürlich nicht von allein, sondern muss mit Streiks und Betriebsbesetzungen erkämpft werden. Da sich das nicht von heute auf morgen umsetzen lässt, muss der Boden für diese Auseinandersetzung geschaffen werden – durch die Organisierung der Belegschaften, die inhaltliche Vorbereitung und eine Konfrontation mit den Bossen. Das würde auch den Schulterschluss mit der Umweltbewegung erlauben.

Solange der Betrieb aber in privaten Händen ist, wird das nicht geschehen. Produktionsumstellung und Beschäftigungssicherung können nur durch Verstaatlichung erreicht werden, denn Kapital ist genügend da. Es befindet sich nur in den Händen weniger Besitzender, deren Betriebe enteignet werden müssen.

Der von der IG-Metall und anderen vielbeschworene sozial-ökologische Wandel im Interesse der Beschäftigten ist nur durch sie selbst umsetzbar. Für den so notwendigen radikalen ökologischen Wandel braucht es gesellschaftliche Wirtschaftsplanung, was mit dem Privateigentum an Produktionsmitteln unvereinbar ist. Damit der Wandel nicht auf dem Rücken der Kolleg*innen geschieht, müssen sie die Dinge in ihre Hand nehmen und gemeinsam kontrollieren und verwalten.

Statt zahnloser Appelle an das Kapital und Hoffen auf eine Politik, die nur Maßnahmen für die Reichen umsetzt, sollte die IG-Metall ihnen den Kampf ansagen. Als größter DGB-Gewerkschaft, die die Kernbereiche der deutschen Industrie organisiert, kommt ihr dabei eine Schlüsselrolle zu. Eine Zukunft gibt es nur, wenn sie in unseren Händen liegt.

Alle Infos zur Großdemonstration der in Berlin unter dem Titel „Fairwandeln – nur mit uns“ findet ihr unter: