Wofür für eine zerstörte Welt lernen?
Bereits seit Monaten geht die 16-jährige Greta Thunberg freitags nicht zur Schule. Stattdessen streikt sie gegen den Klimawandel und für ein Einlenken und wirksames Handeln der Politik. Nach ihrem Vorbild entstehen momentan in ganz Europa Schüler*innen- und Student*innenbewegungen. So auch in Aachen.
von Tobias Koschmieder, Aachen
Zum dritten Mal streikten Schüler*innen und Student*innen am Freitag, den 11.01.2019, in Aachen für eine Änderung der Klimapolitik. Heute, eine Woche später, waren es 100. Ihre Begründung: „Warum für eine Zukunft lernen, die vielleicht niemals stattfinden wird?“ Bundesweit waren 30.000 Schüler*innen auf die Straße.
Zwischen 35 und 40 junge Menschen, in erster Linie Schüler*innen, folgten am 11. Januar dem Aufruf der Organisator*innen zur Kundgebung am Marktplatz und einer anschließenden Demonstration durch die Aachener Innenstadt.
Viele der Teilnehmer*innen, aber auch Teile der Organisator*innen, befanden sich das erste Mal auf einer politischen Veranstaltung, was sich in vielen Dinge bemerkbar machte: Für die Kundgebung gab es keine geplanten Redebeiträge, weshalb dies spontan zwei schon länger in der Aachener Umweltbewegung aktive Menschen übernommen haben.
Die Demonstration verlief aber trotzdem lautstark und kämpferisch: man hörte Rufe wie zum Beispiel „What do we want? Climate Justice!“ oder „Hambi bleibt!“. Leider wurden die Forderungen kaum konkretisiert. So wurde lediglich der Wunsch nach einer anderen Klimapolitik gefordert, wie diese allerdings aussehen soll, wurde weder von den Teilnehmer*innen vor Ort, noch auf der bundesweiten Homepage erklärt.
Die Linksjugend [‚solid] Aachen hatte deshalb Vorschläge gemacht, um dem Wunsch nach einer anderen Politik Ausdruck zu verleihen, sie fordern:
- Kohleausstieg jetzt! Umschulung aller zur Zeit in der Kohleindustrie Angestellten in klimaneutrale Energiezweige, bei vollem Personal- und Lohnausgleich!
- Vollständige Umstellung der Energieversorgung auf erneuerbare Energien!
- Ticketloser ÖPNV durch eine gestaffelte Finanzierung!
- Überführung der größten Energiekonzerne in Gemeineigentum unter demokratischer Kontrolle und Verwaltung durch gewählte Vertreter*innen aus den Reihen der Beschäftigten, arbeitenden Bevölkerung unter Einbeziehung von Vertreter*innen von Verbraucher- und Umweltschutz-Organisationen!
- Entschädigungszahlungen der Konzerne unter Verrechnung erhaltener Subvention und Kosten der verursachten Umweltschäden!
- Demokratische Kooperation und nachhaltige Planung aller Energieerzeugungen entsprechend den Bedürfnissen von Mensch und Umwelt!
Nur mithilfe vernünftig ausformulierten Forderungen und konkreten Ansätzen wird es möglich sein, noch mehr Menschen zu erreichen, da die bisherige unkonkrete Forderung der „Friday for Future“-Bewegung zwar jede*n anspricht, aber keine Lösung für die Probleme anbietet.
In manchen Städten fand am Freitag die erste „Fridays for Future“-Aktion statt, in einigen bereits die zweite, dritte oder vierte. Es ist beachtlich, dass in vielen Städten junge Menschen teilweise ohne Vorerfahrung selbstbewusst nach vorne gehen und versuchen, eine Bewegung aufzubauen. Die SAV hält Streiks auch von Schüler*innen und Studierende für ein gutes Mittel, um Druck aufzubauen und ein Vorbild für Gewerkschaften zu sein, richtig Fortschritte zu erkämpfen. Allerdings sollten sie gut vorbereitet sein und viele Schüler*innen mitnehmen. Wir sind solidarisch mit „Fridays for Future“ und nehmen an den Aktivitäten Teil. Wir argumentieren für einen zentralen Aktions- und Streiktag mit reichlich Vorlauf, sodass breit mobilisiert werden kann. Gewerkschaften, LINKE und Umweltorganisationen sollten das breit unterstützen und dazu aufrufen. Auch ist es nötig, dass die Initiative klare Forderungen aufstellt und ein Programm entwickelt, wie das Klima gerettet werden kann. Auf die bürgerliche Politik, an die derzeit appelliert wird, darf man sich nicht verlassen!
Das hätte den Vorteil, dass insgesamt weniger Repressionen zu erwarten wären, weil eine große Gruppe schwieriger zu sanktionieren ist, als einzelne Menschen. Zusätzlich müssen Kommunikations- und Organisationsstrukturen erarbeitet und aufgebaut werden, die bundesweit die Möglichkeit geben, sich auszutauschen, zu vernetzen und gemeinsame Forderungen aufzustellen. Bisher organisiert sich jede Gruppe vor Ort selbst, weswegen die Größe, als auch die Organisationsform sehr unterschiedlich sind.
Wenn die „Friday for Future“- Bewegung diese Punkte in Angriff nimmt, kann sie weiter wachsen und an Stärke gewinnen. Nur eine starke Bewegung kann einen Erfolg für die Umwelt erkämpfen und so die Enttäuschung vieler sich gerade politisierender Menschen verhindern.