Bericht vom bundesweiten Ratschlag-Treffen
Fast 250.000 Menschen demonstrierten am 13. Oktober gegen Rassismus und soziale Ausgrenzung – eine der größten Demonstrationen in der Geschichte der Bundesrepublik. Am Samstag, den 17. November lud nun das #unteilbar-Bündnis zu einem Ratschlag nach Berlin ein. Die große Frage: Wie geht‘s weiter?
von Tom Hoffmann, Teilnehmer des Ratschlags
Über 150 Menschen waren gekommen. Viele von ihnen kamen aus antirassistischen Initiativen oder der Flüchtlingssolidarität, doch auch einige Gewerkschafter*innen, LINKE-Mitglieder und Aktive aus der LGBT- und Mieter*innenbewegung waren vor Ort. Den ganzen Tag diskutierten wir, wie #unteilbar mehr als eine Demonstration sein könnte.
Antirassismus + soziale Frage = #unteilbar
Der Ratschlag begann mit einem Rückblick auf den 13. Oktober und der Vorstellung der sogenannten „Essentials“ – den Grundzügen der inhaltlichen Ausrichtung und der Zusammenarbeit des Bündnis. Mit ganz oben stand dort, dass für #unteilbar Antirassismus und die soziale Frage zusammengehören. Ebenso will #unteilbar bewusst kein zweiter „Aufstand der Anständigen“ sein, sondern eine außerparlamentarische Bewegung, die sich nicht von oben vereinnahmen lässt. Beides war wesentlicher Teil des Erfolgsrezepts für die große Mobilisierung und sollte auch die Stoßrichtung für die Zukunft sein. Eine Teilnehmerin beschrieb die #unteilbar-Demonstration als eine Protestparade, die die verschiedenen Kämpfe sichtbar machte und endlich auf einer Demonstration zusammenführte. Doch diese Parade fiel nicht vom Himmel: Wie auch die Organisator*innen betonten, erleben wir seit diesem Frühjahr bereits einen Aufschwung an verschiedenen Massenprotesten mit hunderttausenden Teilnehmer*innen. Diese richteten sich oft gegen die AfD oder wie in Chemnitz gegen Nazi-Gewalt. Aber zusätzlich gab es seit dem auch Mobilisierungen an sozialen Fragen von zum Beispiel Mieterinnen und Mietern, den Gegner*innen verschärfter Polizeigesetze sowie vereinzelt Streiks in Krankenhäusern und anderen Bereichen. In dieser polarisierten, gesellschaftlichen Stimmung ist #unteilbar der bisher größte Ausdruck des linken Pols und zeigt das wirkliche Kräfteverhältnis. Der Vertreter des Hamburger „We‘ll come United“-Bündnis drückte es so aus, dass „der Rechtsruck nicht weiter als [Erscheinung] von unten legitimiert“ werden könne. Das alles gab frischen Mut. „Der 13. Oktober markiert das Ende der Verteidigung und den Anfang der Veränderung“, zitierte ein Bündnis-Vertreter einen Kommentar der Autorin Bini Adamczak. Schluss mit Verteidigungskämpfen und endlich in die Offensive, so brannte es vielen Teilnehmer*innen unter den Fingern.
Keine Entscheidungen, nur Vorschläge
Drei Fragestellungen wurden als Ziel für die Diskussionen gestellt: „Wie kann #unteilbar als politische Akteur*in aussehen?“, „Welche Struktur kann #unteilbar haben?“ und „Welche Aktionsideen gibt es?“ Diese und andere Fragen wurden dann in Kleingruppen diskutiert. SAV-Mitglieder setzten sich dafür ein, den Zusammenschluss der sozialen und antirassistischen Initiativen auch lokal zu organisieren. Lokale Gruppen würden den Widerstand vor Ort vernetzen und mehr Menschen anziehen. Auf dieser Grundlage könnten dann regionale und bundesweite Mobilisierungen und Diskussionen über den Kampf gegen Rechts und soziale Probleme stattfinden. Diese konkreten Vorschläge trafen bei vielen auf Zustimmung. Ein Teil äußerte allerdings Zweifel, wie weit man #unteilbar aufgrund der verschiedenen politischen Ansätze zu einer einheitlichen politischen Bewegung machen könne. Leider fiel es schwer aus den oft sehr abstrakten Diskussionen handfeste Ergebnisse und Arbeitsaufträge festzuhalten. Die Moderatorin erklärte, dass man heute keine Entscheidungen treffen oder Abstimmungen abhalten würde: Die Organisator*innen bräuchten einfach Zeit, über die nächsten Schritte nachzudenken und möchten nichts überstürzen. Ein zweiter Ratschlag, auf dem wohl Entscheidungen getroffen werden sollen, ist vorläufig für dem 16. Februar angesetzt. Dass nun gar keine konkreten nächsten Schritte beschlossen wurden bzw. werden sollten, wird dem Bedürfnis vieler Aktivist*innen im ganzen Bundesgebiet, die auf #unteilbar mit Hoffnung schauen, sowie der immer instabiler werdenden politischen Lage nicht gerecht. Damit verliert man leider Zeit – viele Teilnehmer*innen äußerten den Wunsch frühzeitig im Hinblick auf die anstehenden Wahlen aktionsfähig zu sein. So blieb am Ende des Tages die einzige gemeinsame Verabredung, dass alle weitermachen wollen – mehr konkretes aber auch nicht.