Sächsische Polizei einmal mehr Erfüllungsgehilfe der Rechten
Die Bilder sind schockierend: Über fünftausend Rechte ziehen durch die Innenstadt im sächsischen Chemnitz. Sie schlagen auf MigrantInnen ein, bewerfen GegendemonstrantInnen mit Flaschen und Steinen, attackieren JournalistInnen. Die Polizei ist nicht Willens oder nicht in der Lage die Nazis zu stoppen.
Von Steve Kühne, Dresden
Anlass war der tragisches Tod eines 35jährigen am Rande des Chemnitzer Stadtfestes, dessen Hintergründe noch immer im Dunkeln liegen. Inzwischen sind ein Syrer und ein Iraker für die Tat verhaftet worden. Sogleich gingen Gerüchte um einen zweiten Toten durchs Netz. Auslöser solle ein Streit bezüglich des Übergriffs auf mehrere Frauen gewesen sein. All das kam aus dem Reich der Phantasie, ausgedacht, um – wie es die Antonio-Amadeo.Stiftung ausdrückte – Pogromstimmung zu schüren. Eifrig verbreitete besonders die Bildzeitung die Mär von einem Übergriff auf deutsche Frauen, den drei deutsche verhindern wollten. Die Polizei widersprach dieser Darstellung entschieden.
Sogleich fanden sich rechte Gruppen wie „Kaotic Chemnitz“ oder „NS Boys“, aber auch die AfD, die über soziale Netzwerke, zu Demonstrationen noch am Sonntag, dem Tattag aufriefen. Es kamen gut eintausend Menschen, aus deren Mitte von der Polizei weitgehend ungehindert MigrantInnen und AntifaschistInnen angegriffen wurden. Tags darauf demonstrierten über fünftausend Rechte, die überregional mobilisiert hatten.
Den Tod des Chemnitzers zum Anlass für diese Gewaltorgie herbeizuziehen ist perfide: Er hatte kubanische Wurzeln und war damit ganz sicher nicht einer jener Menschen, die „Kaotic Chemnitz“, die „NS Boys“ oder die AfD hier dulden wollen. Mehr noch: Auf seiner Facebookseite hatte er Seiten wie „DIE LINKE Chemnitz“, „FCK NZS“ (Fuck Nazis) und „Storch Heinar“ (eine Persiflage auf die rechte Bekleidungsmarke Thor Steinar) geliked.
Das gerade der Tod dieses Mannes für völlig aus dem Ruder laufende rechte Demos liefern muss, ist unfassbar. Selbst der sächsische Innenminister Wöller (CDU) musste inzwischen einräumen, dass das Vorgehen der Rechten in punkto Gewaltanwendung eine neue Qualität erreicht habe.
Sachsen: Rechte Vorfälle häufen sich
Seit Oktober 2014 geht in Dresden die rassistische PEGIDA-Bewegung auf die Straße. Die Jahre haben das Bundesland verändert, auch wenn die PEGIDA-Aufmärsche nur noch einen bruchteil der Menschen mobilisieren wie zu Beginn. Rechte Gruppierungen bekommen Rückenwind und fühlen sich ermuntert. Wie Franziska Schreiber, ehemalige Landesvorsitzende der Jungen Alternative (JA), der Jugendorganisation der AfD, in ihrem kürzlich erschienen Buch festhält, rekrutierten gerade JA und AfD auf den Demos in Dresden neue Anhänger. Die Wahlerfolge dieser Partei und ihre rassistischen Reden und Statements geben rechten Brandstiftern zusätzlich Auftrieb.
Wie der Vorfall um das Kamerateam des ZDF während einer PEGIDA_Demo gegen die Kanzlerin im August zeigt, bei der ein LKA-Mitarbeiter die Polizei dazu bringt die Arbeit der JournalistInnen unter dem Vorwand einer Kontrolle zu behindern, zeigt wie sehr der sächsische Staatsapparat von Rechten und Rassisten unterwandert zu sein scheint. Ebenso der Fall um den Richter Jens Meyer, der nun für die AfD im Landtag sitzt und in einer Rede im Vorprogramm von Höcke im Dresdner Ball- und Brauhaus Watzke die NPD lobte, als Partei, die immer deutsche Interessen vertreten habe. Derlei Vorfälle lassen sich beliebig weiter aufzählen.
Sie zeigen vor allem eines: Den Kampf gegen Rassisten, Nazis, Rechtspopulisten und Reichsbürger werden wir nur gemeinsam gewinnen können. Wir können uns dabei nicht auf den von rechts durchlöcherten Staatsapparat verlassen. Wer Rechte stoppen will, der muss dazu auf die Straße gehen, in Betrieb, Schule und Uni aktiv werden. Wir müssen uns zusammen schließen und organisieren, auch um uns gegen Nazi-Gewalt organisiert zu verteidigen, denn das wird die Polizei nicht verlässlich machen.
Der sächsische Innenminister betont, er stehe hinter der Polizei. Heidenau, Bautzen, Freital, Colditz – all das sächsische Orte. Sie alle sind durch rassistische Übergriffe bekannt geworden. Brennende Unterkünfte von Asylsuchenden, tätliche Übergriffe… – die Liste ist lang und erschreckend. Und in keinem dieser Fälle spielte die Polizei eine ruhmreiche Rolle. Stets ließ man Recht gewähren und nicht selten wurde gleichzeitig massiv gegen linke Gegenproteste vorgegangen.
Gerade dort, wo DIE LINKE eher als Teil des Establishment gesehen wird – in Ostdeutschland – feiert die AfD Erfolge. Dabei gibt sie keine Antwort auf Verarmung oder Niedriglohnpolitik: Sie will laut ihres Vorsitzenden Meuthen und Alice Weidel die Rente vollends auf private Finanzierung umstellen und damit schadet sie vorrangig denen, die sich wegen ihres geringen Einkommens nicht leisten können private Rentenvorsorge zu betreiben. Weidel ist Mitglied in der neoliberalen Hayek-Gesellschaft, die es sich zum Ziel gemacht hat, die Großunternehmer von jeder sozialen Einschränkung zu befreien. Die AfD steht nicht für eine Ende des Sozialabbaus, sondern für dessen radikale Fortsetzung.
Wir können gewinnen
Und doch gibt es auch Hoffnung: Als am 25.08. die faschistische Identitäre Bewegung nach Dresden mobilisierte, kamen nur rund 400 Menschen, aber fast zweitausend beteiligten sich an Gegenaktivitäten. Bei der Bundestagswahl schnitt die AfD immer da schwächer ab, wo DIE LINKE kämpferisch und offensiv antirassistisch auftrat.
Das heißt auch, dass das letzte Wort in der Auseinandersetzung mit den Rechten nicht gefallen ist. Wenn Gewerkschaften, LINKE und soziale Bewegungen den Kampf gegen die Rassisten mit einer wirklichen Alternative für das Zusammenleben aller Menschen zu verbinden, dann können große Mobilisierungen erreicht werden. Wenn der Kampf für mehr Pflegepersonal, für bessere Schulen und der Kampf gegen die AfD miteinander verbunden werden, dann können die gemeinsamen sozialen Interessen der arbeitenden Menschen unabhängig von Hautfarbe, Nationalität und Religionszugehörigkeit aufgezeigt werden. Hiergeborene MieterInnen verstehen am besten, dass die genau die gleichen Interessen haben wie die aus Syrien geflüchtete Familie, wenn sie gemeinsam gegen Mietwucher kämpfen. Rassismus spaltet, das heißt, er schwächt uns! Solidarität hilft uns zu siegen!
Das bedeutet aber auch, dass gerade der DGB und auch DIE LINKE endlich offensiv den Kampf gegen die rechte Gefahr aufnehmen müssen!
- Nazis und Rassisten stoppen!
- Gemeinsam gegen Sozialabbau und Rassismus kämpfen!
- Für eine Kampagne der Gewerkschaften und der Partei DIE LINKE gegen Nazis, AfD und Rassismus!
- Für Komitees aus Gewerkschaften, sozialen Initiativen und Migrantenverbänden zur Aufsicht über Polizei, LKA und BKA!
- Solidarität statt Rassismus
- Kapitalismus abschaffen