Interview mit Ulrike Eifler zu den Angriffen der AfD gegen die Gewerkschaften in Südhessen
Ulrike Eifler ist Regionsgeschäftsführerin der Region Südosthessen des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB). Sascha Staničić sprach mit ihr über die Konflikte der Gewerkschaft mit der AfD vor Ort.
Es hat am Rande einer Kundgebung in Hanau einen Angriff auf einen Gewerkschaftskollegen durch Rechte gegeben. Was ist passiert und was ist der Hintergrund?
Wir hatten zu einer Kundgebung gegen die AfD aufgerufen. Zwei AfD-Anhänger hatten sich unter die Teilnehmer gemischt, einer hatte provoziert, der andere gefilmt. Offensichtlich sollten Bilder von Auseinandersetzungen unseren Protest delegitimieren. Als jedoch alles friedlich blieb, griffen sie einen Kollegen an und würgten ihn bis zur Bewusstlosigkeit. Diesem Angriff ging eine gezielte Eskalationsstrategie gegen die Hanauer Gewerkschaften in den Wochen zuvor voraus – angefangen von persönlichen Diffamierungen einzelner bis hin zum Protest vorm Gewerkschaftshaus. Auffällig ist, dass der DGB in Hanau stärker im Visier der AfD ist als anderswo. Ich denke, das liegt an der landesweiten Kampagne „Keine AfD in den Landtag“ liegt, die in unserem Büro organisiert wird: Wir vernetzen lokale antirassistische Bündnisse und statten sie mit Material aus, um den Protest vor Ort zu erleichtern. Und wir mobilisieren landesweit am 19. August und am 26. Oktober nach Wiesbaden gegen die zentralen Wahlkampfveranstaltungen der AfD.
Was sagt uns das über das Verhältnis von AfD und Gewerkschaften? Es gibt ja den Versuch der AfD und anderer rechter Kräfte in den Betrieben Fuß zu fassen. Sind AfD und gewerkschaftliche Ziele kompatibel?
Der Vorfall macht deutlich, dass Gewerkschaften und AfD keine Verbündeten, sondern Gegner sind. Die AfD spielt sich als politische Alternative auf. Aber Rente mit 70, die Ablehnung der Mietpreisbremse und die Verschärfung der Schuldenbremse sind keine Alternative zu neoliberaler Politik, sondern ihre Zuspitzung. Die Vorfälle in Hanau unterstreichen, dass die AfD mit Arbeitnehmerinteressen nichts am Hut hat. Wer vor Gewerkschaftshäusern protestiert, hat kein Interesse an starken Gewerkschaften.
Was plant Ihr für weitere Aktivitäten und wie kann man Euch unterstützen?
Wir arbeiten weiter an der Kampagne „Keine AfD in den Landtag“ und werben um Unterstützung. Denn die AfD ist keine normale Partei. Gauland ruft zur Jagd auf Regierungspolitiker auf, Arppe will Linke und Gewerkschafter an die Wand stellen und für Höcke ist die AfD das letzte friedliche Angebot an diese Republik. Hier wird deutlich: Diese Partei will die Parlamente nicht einfach nur ein bisschen aufmischen. Diese Partei steht für ein völlig anderes politisches System und sie hat wenig Berührungsängste vor Faschismus und Holocaust. Die AfD in Hessen zu schwächen, wird Auswirkungen auf die bundesweite Auseinandersetzung haben. Deshalb brauchen wir die Unterstützung von AfD-Gegnern weit über Hessen hinaus.
Was ist Deiner Meinung nach nötig, um die AfD und Rassismus zurückzudrängen?
Als wir der AfD Hausverbot erteilten, fragte mich ein Kollege, warum wir nicht mit der AfD, wohl aber mit allen anderen Parteien reden, obwohl diese doch für das Sozialdesaster der letzten Jahre verantwortlich sind. Die Frage zeigt, worum es gehen muss: Klare Kante gegen Rassismus und Kampf für soziale Perspektiven. Das heißt, wir müssen reale Kämpfe für eine bessere Rente, gegen Leiharbeit, explodierende Mieten und Lehrermangel führen. Dabei muss klar sein, dass sich Verteilungskämpfe nur gewinnen lassen, wenn wir sie gemeinsam und solidarisch führen. Die wirkliche Alternative zur Politik der letzten Jahre ist nicht Ausgrenzung, sondern der gemeinsame Kampf um soziale Gerechtigkeit in Wohnraumbündnissen, sozialen Initiativen und Gewerkschaften.