Interview mit einem Aktivisten
Am 15. Mai traten 2000 SchülerInnen in München in den Streik gegen das neue Polizeiaufgabengesetz (PAG) in Bayern. Stefan Reifberger sprach mit dem Schüleraktivisten David Richter von der Basisgruppe linksjugend [’solid] München.
Wie ist das neue PAG bei euch an der Schule diskutiert worden?
Über das PAG wurde viel gesprochen, auf dem Schulhof und im Unterricht. Alle wussten darüber Bescheid und fast alle waren gegen die Neuerungen.
Warum seid ihr in den Streik getreten?
Ein Bildungsstreik ist ein sehr starkes Zeichen, weil Bildung in Deutschland ein Privileg ist und wir dieses für einen Tag niederlegen. Als sich abgezeichnet hat, wie viele Schülerinnen und Schüler gegen das PAG sind und sich die CSU kein Stück bewegt hat, war der Streik die logische Konsequenz.
Wie habt ihr euch organisiert?
Organisiert haben wir uns über eine Whatsapp-Gruppe, deren Einladungslink durch alle Klassenchats gewandert ist. Das hat sehr gut geklappt und wir konnten über 150 SchülerInnen überzeugen, die Schule für den Streik zu verlassen.
Das Gesetz ist jetzt durch die CSU-Mehrheit im Landtag verabschiedet worden. Wie ist die Stimmung und sind weitere Proteste geplant?
Die Wut gegen das PAG wird immer mehr zu Wut gegen die CSU und ihre Politik im Allgemeinen. Die überstürzte Umstellung des Gymnasiums auf G8 vor ein paar Jahren und nun wieder zurück auf G9 hat schon viele aufgeregt. Nun auch noch Geld in die umfassende Aufrüstung der Polizei anstatt in marode Schulen und ein besseres Bildungssystem zu stecken und die Proteste dagegen zu kriminalisieren, das hat die SchülerInnen nicht nur einmal auf die Straßen geholt, sondern generell für politische Themen sensibilisiert. Gegen das PAG wird es trotz Verabschiedung weitere Proteste geben, wir sind alle noch motiviert und wollen versuchen das PAG wieder rückgängig zu machen. Am 22. Juni wird es auch einen weiteren Bildungsstreik geben, diesmal für bessere Bildung und gegen Abschiebungen.
Das bayerische Innenministerium schickt jetzt PolizistInnen in die Schulen, um über das Gesetz aufzuklären. Was haltet ihr SchülerInnen davon?
Eine ernsthafte Diskussion über das PAG ist nicht zu erwarten, da das Gesetz bereits verabschiedet worden ist. Wir erwarten eine Belehrung von PolizistInnen, die uns erklären, dass wir Opfer linker Desinformationskampagnen geworden sind. Die CSU traut uns SchülerInnen offenbar nicht zu, selber denken zu können und das werden wir uns nicht gefallen lassen.