Kommentar zum Ausgang der Tarifrunde bei der Telekom
Nach vier Verhandlungsrunden und mehreren Warnstreiks mit bis zu 15.000 TeilnehmerInnen gibt es einen Tarifabschluss im Telekom-Konzern. Die Verhandlungen für die Beschäftigten bei der Tochter T-Systems laufen noch.
Von Alexandra Arnsburg, Mitglied im ver.di-Landesbezirksfachbereichsvorstand Berlin Brandenburg FB 9*
Die 62.000 Beschäftigten bei Telekom Deutschland, DTAG, VCS, DT ISP, DT IT, DT GKV und den T-Servicegesellschaften (DT Außendienst, DT Technik und DT Service) erhalten in zwei Schritten je nach Entgeltgruppe Lohnerhöhungen zwischen 2,6 und 3,1 Prozent und im nächsten Jahr noch einmal 2,0 oder 2,1 Prozent. Bei drei Leermonaten und der Rekordlaufzeit von 26 Monaten entspricht das im besten Fall einer Lohnerhöhung von 2,4 Prozent (umgerechnet auf zwölf Monate). Auszubildende und Dual Studierende erhalten vierzig und dreißig Euro mehr bis März 2020. Dazu gibt es Verbesserungen bei den Beihilfen, Übernahmeprämien und Zuschlägen für Überstunden und Nachtarbeit.
Ausgangslage war gut
Der Arbeitgeber Telekom ist unter Druck. Netzausbau und massenhafte Umstellungen auf IP-Telefonie binden sämtliche Kapazitäten. Dazu hat der Konzern bereits im letzten Jahr große Versprechen gemacht: Kein Techniker-Termin sollte mehr platzen. Sogar Neueinstellungen werden aktuell ausgeschrieben. Die Unterschrift unter der Verlängerung des Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen bis Ende 2020 dürfte dem Telekom-Vorstand demnach insgeheim recht leicht gefallen sein. Bei den Löhnen soll aber gespart werden und wird oft der Vergleich mit anderen Anbietern gezogen. Auch bei der Arbeitszeit möchte der Arbeitgeber lieber noch ein paar Stunden drauf packen. Für einzelne Bereiche kann bereits jetzt schon eine zeitweise Arbeitszeiterhöhung vereinbart werden. In Zukunft soll das nicht mehr gegen den Willen der Beschäftigten erfolgen dürfen.
Arbeitszeitverkürzung
Eine Vereinbarung für eine Wochenarbeitszeitverkürzung für die Beschäftigten in der im letzten Jahr neu gebildeten T-Service ab 2019 auf 36 Stunden mit einem Teillohnausgleich von einer Stunde sollte nun wieder ganz vom Tisch. Das konnte verhindert werden. Jedoch erfolgt die Freizeitabgeltung nun in zusätzlichen freien Tagen, insgesamt vierzehn pro Jahr. Eine sofortige Absenkung wäre sofort spürbar. Nun müssen die Beschäftigten sich um die zusätzlichen freien Tage bemühen und auf Belange des Unternehmens und der KollegInnen Rücksicht nehmen. Ob diese Freizeitregelung einen ähnlichen beschäftigungswirksamen Effekt wie eine allgemeine Wochenarbeitszeitverkürzung hat, wird sich zeigen.
Streikbereitschaft war vorhanden
Mit dem Versuch, neben den Tarifverhandlungen im Aufsichtsrat eine Konzernzielerreichung von deutlich unter hundert Prozent für 2016 zu beschließen und damit bei der anstehenden Abrechnung und Auszahlung an die Beschäftigten einzusparen, wollte der Arbeitgeber von seiner Seite aus Druck in die Verhandlungen bringen. Die Belastung ist sehr hoch, die ständig wechselnden Entscheidungen im Management machen es den KollegInnen nicht leicht, jeden Tag unter großem Termin- und Kundenbeschwerdedruck ihre Arbeit zu schaffen. Nun diese Entscheidungen auf dem Rücken der KollegInnen ausbaden zu wollen war wie Wasser auf die Streikmühlen. Deutlich mehr KollegInnen folgten den Aufrufen zu den Warnstreiks.
In der vierten Runde wurden die Warnstreiks hochgefahren, die Beschäftigten demonstrierten in mehreren Städten. In Dortmund streikten Telekom Jugend und Öffentlicher Dienst sogar gemeinsam. Die Streiks zeigten Wirkung. Der Abschluss bei der Post mit noch längerer Laufzeit und mehr Leermonaten brachte wieder Druck aus der anderen Richtung in die Verhandlungen. Statt jedoch die Warnstreiks auszuweiten, empfahl die Tarifkommission die Annahme des nachgebesserten Angebots. Dem folgten auch die Vertrauensleute auf den Regionalkonferenzen, wenn auch die Umsetzung der einzelnen Komponenten viele Fragen aufwarfen. Da sich die schlimmsten Befürchtungen zerschlagen hatten, gab es wenig Stimmung für eine Fortsetzung des Arbeitskampfes.
Auf die nächste Runde vorbereiten
Nun sollte die Zeit genutzt werden, um zu diskutieren, welche Forderungen in künftigen Auseinandersetzungen erhoben werden sollten. Wenn es nach dem Telekom-Vorstand geht, wird nach erfolgter IP-Umstellung und Automatisierung der Wind aus einer ganz anderen Richtung wehen. Klar ist, dass die Unternehmer eher bereit sind, sich mehr Arbeit und Einsatz auch etwas kosten zu lassen. Das sollte jedoch nicht dafür herhalten, bei anderen Forderungen Einschnitte in Kauf zu nehmen. Weiterhin sind die hohe Arbeitsbelastung und der Schutz der Gesundheit für die KollegInnen die wichtigsten Themen. Eine kollektive Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich und eine breit angelegte Kampagne mit einem Konzept wie das durchzusetzen ist, sollte auf den nun anstehenden Gewerkschaftskonferenzen auf die Tagesordnung.