600 AntirassistInnen wehrten sich gegen AfD-Hetze
Kurios und unfreiwillig komisch, so könnte man den Einsatz der Dresdner Polizei auf dem Altmarkt am 13. Februar kommentieren. Eigentlich, doch da er für viele Anwesende ernsthafte Folgen hatte und mutmaßlich noch haben wird, bildet auch dieser Vorfall ein weiteres Glied in der länger werdenden Kette polizeilicher Skandale in Sachsen.
Von Steve Hollasky, Dresden
Spätestens seit der Wende sind die Tage um den 13. Februar herum in Dresden politisch hart umkämpft Bis 2009 lief in Dresden an diesem Tag der größte regelmäßig stattfindende Neonazi-Aufmarsch Europas. Den Anlass bildete der Jahrestag der Bombardierung der sächsischen Landeshauptstadt während des Zweiten Weltkriegs. Massenblockaden stoppten ihn 2010 und 2011, obwohl ein riesiges Aufgebot der Polizei die Durchführung des Aufmarsches eigentlich hätte sicherstellen sollen. Trotz dieses Erfolges marschieren Nazis noch immer jedes Jahr durch die Stadt, allerdings in weit geringerer Zahl. Zudem macht sich nun auch noch die AfD an diesem Datum breit. In diesem Jahr hatte die AfD angekündigt, direkt am 13. Februar auf dem Altmarkt eine Kundgebung abzuhalten. In Rufweite war eine Gegenkundgebung angezeigt.
Noch vor Beginn der AfD-Veranstaltung gelang es einer Reihe von GegendemonstrantInnen den Kundgebungsplatz zu besetzen, was schnell zu körperlichen Übergriffen von Seiten der wütenden AfDler führte. Die herbeieilenden BeamtInnen umrundeten zwar die GegendemonstrantInnen, weitere Übergriffe gegen die GegendemonstrantInnen unterbanden sie allerdings nicht, oder nicht wirklich konsequent. Schließlich begann man die AfD-GegnerInnen in Richtung der angezeigten Gegenkundgebung vom Platz zu schieben. Stefan Richter, Zeuge der Vorfälle, bezeichnete den Polizeieinsatz als „kopflos“.
Mancher ging sogar noch weiter, Rita Kunert, sonst eine der OrganisatorInnen der Proteste gegen PEGIDA und ebenfalls auf den Altmarkt anwesend, meinte, dass ein großer Teil der BeamtInnen während dieses Einsatzes die persönliche Gesinnung deutlich erkennen ließ.Vorwürfe, die selbst aus der bürgerlichen Presse sprechen. Die „Dresdner Neuesten Nachrichten“ (DNN) hielten in ihrem Liveticker gar fest, dass PolizistInnen und PEGIDA-Anhänger, die sich ebenfalls auf dem Altmarkt eingefunden hatten, auf GegendemonstrantInnen einprügelten. In einem Fall machte ein DNN-Journalist einen Beamten darauf aufmerksam, dass ein AfD-Sympathisant auf einen Gegendemonstranten einschlug, was der angesprochene Uniformierte mit der bezeichnenden Äußerung abtat: „Hoffentlich schlägt er hart zu.“ Erschreckend, aber fast logisch, zeigten sich die Einsatzkräfte vor Ort doch von der Zahl und der Entschlossenheit der GegendemonstrantInnen vollkommen überrascht, wie Kunert berichtet. „Ganz normale Jugendliche“, hätten der AfD nicht die Innenstadt überlassen wollen und seien der AfD auch zahlenmäßig vielfach überlegen gewesen.
Während die Polizei vollends damit beschäftigt war die GegendemonstrantInnen in Schach zu halten, leisteten sich AfDler und PEGIDA-Fans, von den BeamtInnen weitgehend ungehindert, Übergriffe auf die anwesenden PressevertreterInnen. Auch das Verhältnis zu dieser stellte die Dresdner Polizei dann noch endgültig klar: Als ein Journalist die schiebenden und drängelnden PolizistInnen von hinten(!) fotografierte und aufgrund der Dunkelheit mit Blitzlicht arbeitete, kassierte er eine Anzeige, weil sein Blitz einen Beamten körperlich verletzt habe – unfreiwillig komisch und durchschaubar, denn es wird wohl weniger um den Blitz gegangen sein, als darum, was die Bilder zeigten, einen skandalösen Polizeieinsatz, von dem selbst der Polizeisprecher der Landeshauptstadt, Thomas Geithner, einräumte, es sei einiges nicht ganz optimal gelaufen.
Als dann die Polizei die „Lager getrennt hatte“, wie das im Polzeijargon so schön heißt, und die AfD-Veranstaltung beendet war, setzte die Polizei ihr schikanöses Verhalten fort. Statt den vereinbarten geordneten Abzug zu ermöglichen, kesselten sie die gesamte Gegendemonstration ein und setzten als Antwort auf Versuche den Kundgebungsplatz zu verlassen sogar Pfefferspray ein.
Regine Kühne, Teilnehmerin an den Protesten, erklärte zudem, dass GegendemonstrantInnen, die versuchten den Kessel durch die nahegelegenen Altmarktgalerie zu verlassen, gewalttätig vom dortigen Wachschutz attackiert worden. Auch dagegen schritt die Polizei nicht ein.
Was dennoch bleibt und nicht übersehen werden darf: Die GegendemonstrantInnen waren in der Überzahl, sie waren friedlich und couragiert. Und trotz der Schützenhilfe durch die Dresdner BeamtInnen dürfte die AfD den Abend kaum als Erfolg verbuchen, wurde ihre Kundgebung doch erheblich gestört. Und immerhin wird sich ein AfDler wegen des Einsatzes von Pfefferspray gegen GegendemonstrantInnen verantworten müssen.