#verlagegegenrechts vor der Leipziger Buchmesse

Aktionsbündnis gegen rechte Verlage findet große Unterstützung

Die Buchbranche in Deutschland wurde im letzten Jahr insbesondere von einem Thema geprägt: Die Präsenz rechter Verlage und wie man mit ihnen umgehen soll. Als Reaktion auf das Erstarken rechter Medien hat sich die Initiative #verlagegegenrechts gegründet. Sie will einen solidarischen Gegenpol schaffen, um rechte Ideologien aus der Branche und der Gesellschaft zurückzudrängen. Für die Leipziger Buchmesse im März hat das Bündnis einiges geplant.

von Tom Hoffmann, Berlin

Man musste sich nicht durch den bürgerlichen Feuilleton zwingen, um zu erkennen, dass die Ausschreitungen auf der Frankfurter Buchmesse 2017 sinnbildlich für die aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen standen. Dem Verleger Achim Bergmann schlug man bei einer Lesung der rechten Wochenzeitung „Junge Freiheit“ ins Gesicht, als dieser seinen Protest äußerte. Neurechte Verlage, wie der Antaios-Verlag, übten vor Ort den Schulterschluss mit den Neofaschisten der Identitären Bewegung und dem rechtsradikalen Flügel der AfD in Person von Björn Höcke. Zur Erinnerung: Die Identitäre Bewegung war die Gruppe, die im letzten Sommer versucht hatte, Geflüchtete gewaltsam von der Übersetzung nach Europa über die Mittelmeer-Route abzuhalten. Das neue rechte Selbstbewusstsein führt nicht nur zur Verbreitung rassistischer Ideen in mehr Büchern, sondern auch zu einer realen Gefahr für Minderheiten und Andersdenkende vor gewalttätigen Übergriffen. Der Wahlerfolg der AfD ist nicht nur Ausdruck dieser Entwicklung sondern wird diese in Zukunft bestärken, wenn ihr keine glaubwürdige, politische Alternative von links entgegengesetzt wird.

In der Buchbranche versuchen gerade einige, die Empörung und Zurückweisung rechten Gedankenguts zu organisieren und einen Gegenpol zu schaffen. #verlagegegenrechts‚“ein Aktionsbündnis von Verlagen gegen rassistisches, antifeministisches und homofeindliches Gedankengut“, will „die Präsenz völkischer, nationalistischer und antifeministischer Verlage nicht wort- und tatenlos“ hinnehmen. Der Name der Initiative geht auf Proteste auf der Leipziger Messe von 2016 zurück, die sich unter jenem Hashtag gegen den Stand des rechten Compact-Verlags richteten. Das setzte sich auch 2017 in Leipzig fort und im Sommer desselben Jahres lud man zu einem Vernetzungstreffen, aus dem das Bündnis entstand. Mittlerweile haben über 55 Verlage und 130 Einzelpersonen bzw. Initativen den Aufruf von #verlagegegenrechts unterzeichnet. Eine Crowdfunding-Kampagne (Klick) soll die Mittel aufbringen, um Material und Veranstaltungen auf der Leipziger Buchmesse zu finanzieren. Neben Lesezeichen sollen Broschüren mit Büchern für Solidarität gedruckt werden. Die Messeleitung stellt Raum für eine Veranstaltungsreihe unter dem Motto „Die Gedanken sind bunt“ mit zehn Podien bereit, auf denen AutorInnen, VerlegerInnen u.a. über Rassismus, Sexismus, soziale Probleme in Ostdeutschland, usw. diskutieren. Auch Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, begrüßt die Initiative und will sie aktiv unterstützen.

Die Leipziger Buchmesse wird – so viel ist sicher – nicht weniger als die Messe in Frankfurt zum Brennpunkt der Auseinandersetzung mit rechten Verlagen. Im Vorfeld wird die Diskussion oft auf Frage heruntergebrochen, wie man es in dieser Auseinandersetzung nun mit der Meinungsfreiheit halte. Wenn man die Rechten ausschließt und verbietet, wären sie wieder in ihrer beliebten Opferrolle und hätten eine neue Fläche zur Selbstinszenierung gewonnen – so das Argument. René Arnsburg, Mitglied der SAV und Mitarbeiter des Manifest-Verlags, hat Recht wenn er im Börsenblatt darauf folgendermaßen eingeht:

„Ich würde die Forderung nach einem Verbot der rechten Verlage nicht in den Mittelpunkt der Auseinandersetzung rücken. Der wirkliche Knackpunkt liegt woanders. Die rechten Medien würden von alleine nicht mehr zu Messen kommen, wenn sie keinen Anklang finden würden. Ihr Erfolg ist der Erfolg rassistischer, nationalistischer, sexistischer und homophober Positionen auf gesellschaftlicher Ebene. Und auf dieser müssen wir uns ihnen auch entgegenstellen – wo immer wir auch sind.“

Um den Aufstieg der Rechten zu stoppen, braucht es soziale Bewegungen, die die gemeinsamen Interessen der Menschen in den Vordergrund stellen und die Spaltungsversuche durch Rassisten und Sexisten zurückweisen. Der Kampf für solche Bewegungen und gesellschaftlichen Veränderungen findet allerdings auch auf den Buchmessen statt. #verlagegegenrechts kommt deshalb keinen Augenblick zu spät.

Website #verlagegegenrechts

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