Never ending Pegida?

Nazi am Rande der
Pegida-Demonstration am 8. Dezember Foto:
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Zum dritten Jahrestag der rassistischen Demos in Dresden

Nach den rechten Wahlerfolgen der letzten Monate und Jahre scheint Pegida (Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes) in Dresden beinahe vergessen. Doch es gibt sie noch, die rassistischen Aufmärsche in der sächsischen Landeshauptstadt. Bis heute versammeln sich Woche für Woche etwa 2.000 Teilnehmer und hetzen gegen Migranten und Linke. Weder die zahlreichen Spaltungen noch die zunehmende politische Isolierung haben die Gruppe um Lutz Bachmann und Siegfried Däbritz zum Aufgeben veranlasst. Warum auch, scheint doch das ökonomische Motiv bei der Führung von Pegida eine wichtige Rolle zu spielen. Laut der Aussage von Bachmann spendet jeder Demonstrant an jedem Montag im Schnitt einen Euro an das Rechtsaußenbündnis. Gerüchte über die Veruntreuung dieser Mittel wollen nicht verstummen.

Von Steve Hollasky, Dresden

Begonnen hatte der rechte Spuk im Oktober 2014. Die Ansammlung, die damals durch die Straßen zog, bestand zunächst aus gut 500 rechten Hooligans und Rassisten. Doch bis zur Jahreswende 2014/2015 wuchs die Teilnehmerzahl auf fast 20.000. Tragischerweise gelang es Pegida zumindest teilweise, auch Menschen einzusammeln, die von den Ergebnissen der kapitalistischen Restauration in Ostdeutschland enttäuscht sind und traditionell nicht ins rechte Lager gehören. Dass Bachmann und Däbritz die „Islamisierung des Abendlandes“ bekämpfen, scheint in einem Bundesland mit einem Anteil von weniger als 0,5 Prozent Muslimas und Muslimen an der Gesamtbevölkerung wenig glaubhaft. Zudem war der erste Aufmarsch von Pegida eine Reaktion auf eine Solidaritätsdemonstration von Kurdinnen und Kurden mit dem Kampf gegen die Terrormiliz „Islamischer Staat“. Zum Feind erklärte Pegida also gerade jene, die am entschlossensten gegen den rechten politischen Islam kämpfen.

Dass es Pegida trotz spürbaren Bedeutungsverlusts noch immer gibt, liegt nach Meinung von Sascha Stanicic, Mitautor des Buches „Brandstifter. AfD, Pegida, Islamhass“ vor allem am „Fehlen einer breitangelegten Kampagne der Partei Die Linke und der Gewerkschaften“. Wäre eine solche erfolgreich geführt worden, hätte dies sowohl „Pegida als auch Rassismus als Phänomen einen starken Dämpfer verpassen können“, so Stanicic .

Bislang schaffte es einzig das Bündnis „Herz statt Hetze“, mehr Menschen zu Gegenprotesten auf die Straße zu bringen, als zeitgleich Pegida vorweisen konnte. Das war anlässlich des ersten Pegida-Geburtstags 2015. Das Bündnis, an dem Mitglieder verschiedener politischer Parteien und Organisationen wie der Partei Die Linke, der Undogmatischen Radikalen Antifa Dresden (URA), der Sozialistischen Alternative (SAV), der Gruppe „Nationalismus raus aus den Köpfen“ beteiligt sind, will auch in diesem Jahr wieder Proteste gegen Pegida organisieren und vernetzen. Unter dem Motto „Für ein Dresden ohne Rassismus“ sind verschiedene Aktionen geplant, die sich im Stadtzentrum vereinigen sollen. „Dem Hass auf der Straße muss eine klare Grenze gezeigt werden“, erläuterte Rita Kunert, Sprecherin von „Herz statt Hetze“, die Absicht der Organisatoren im Gespräch mit dieser Zeitung. Pegida habe Dresden verändert: Durch die rassistische Hetze von Pegida scheint Kunert der „Hass auf jeden, der nicht deutsch aussieht“, in Teilen der Stadtgesellschaft legitim geworden zu sein. „Pegida wird die Grenze des Sagbaren weiter verschieben“, hob Eva Puschbeck, eine der Organisatorinnen der Proteste am 28. Oktober, hervor. Durch Gegenproteste hofft sie, „antirassistische Akteure zu vernetzen, und das ist – besonders in Dresden – dringend notwendig“.

Unterstützt werden die Aktionen in diesem Jahr auch von der Partei Die Linke in Dresden. Zusammen mit anderen Gruppen organisiert sie einen Demonstrationszug unter dem Titel: „Für sozialen Fortschritt. Rassismus den Boden entziehen.“ Er soll den Zusammenhang zwischen dem Kampf für soziale Verbesserungen und dem konsequenten Eintreten gegen Rassismus aufzeigen.

Martin Hilbig vom Dresdner Stadtvorstand der Linkspartei erklärte das Motto: „Ohne soziale Kämpfe ist nichts von der Politik zu erwarten! Ohne Solidarität enden soziale Kämpfe erfolglos!“ Diese Solidarität dürfe an nationalen oder religiösen Grenzen nicht Halt machen. Beginnen sollen die Proteste gegen Pegida am 28. Oktober um 14.30 Uhr. Als Treffpunkte wurden bisher der Jorge-João-Gomondai-Platz und der Postplatz genannt – ab 15 Uhr sind auch an der Schießgasse und vor der Frauenkirche Versammlungen geplant.

Dieser Artikel erschien zuerst in der jungen Welt vom 25.10.2017