Symbolischer Aktionsstreik zeigt Unzufriedenheit mit Umsetzung des Tarifvertrages
„Wir setzen die rosarote Brille auf!“ – so das Motto der streikenden Kolleginnen und Kollegen an der Berliner Charité. Wenigstens einmal wollten sie die Zustände an ihrem Arbeitsplatz mit dem Blick der Geschäftsführung untersuchen. Denn zwischen den Aussagen der Chefs über die Erfolge des 2015 erkämpften Tarifvertrages mit Personalmindestbemessungen und den realen Arbeitsbedingungen der KollegInnen klaffen weite Lücken.
Von Tom Hoffmann, Berlin
Um 9:30 Uhr versammelten sich die aufgerufenen Streikenden und UnterstützerInnen an der „Villa Kunterbunt“ – dem per Transparent kurzerhand umbenannten Vorstandsgebäude auf dem Campus Mitte der Charité. Ausgestattet mit rosaroten Sonnenbrillen, Plakaten und Transparenten drückten die KollegInnen ihrem Unmut über ein dann doch gar nicht so rosiges Thema aus. Denn trotz Tarifvertrag „Gesundheitsschutz“ gefährden die Arbeitsbedingungen an Europas größtem Uni-Klinikum weiterhin PatientInnen wie KollegInnen. Dana Lützkendorf, Mitglied der ver.di Tarifkommission, berichtete, dass KollegInnen auf der Intensivstation eigentlich noch genauso wie vor dem letzten Streik und dem abgeschlossenen Tarifvertrag arbeiten würden – teilweise mit Personal-Patienten-Quoten von 1:3 bis 1:4. Verhandlungsführer Kalle Kunkel verwies auf das grundsätzliche Problem, dass „dieses Haus immer noch möglichst viele Erlöse mit möglichst wenig Personal erzielen will.“ Da das nicht nur in Berlin gängige Praxis ist, sei es wichtig, dass bundesweit Krankenhäuser dem Weg der Charité folgen wollen. Ebenfalls vor Ort war Katina Schubert, Landesvorsitzende der Berliner LINKEN, die den KollegInnen ihre Unterstützung zusagte, ohne wirklich konkrete Aussagen zu treffen. Auch wenn sie Investitionen in Berlin in Aussicht stellte, schob sie die generelle Verantwortung für die prekäre Lage der Krankenhäuser allerdings den Bundesgesetzen zu und verwies auf die Wahlen statt die jahrelangen Streiks und Kämpfe der Charité-Belegschaft angemessen zu würdigen.
Den KollegInnen und Aktiven der ver.di Betriebsgruppe ist bewusst, dass der heutige Aktionstag nur ein Signal der Kampfbereitschaft in Richtung Vorstandsetage war. Sollte aus dieser keine Bereitschaft zur deutlichen Nachbesserung des Tarifvertrags kommen, werden weitere und deutlichere Kampfmaßnahmen nötig sein. Dass die Bereitschaft dazu da ist, spürte man auf der Kundgebung der Kolleginnen und Kollegen. So hatte es auch die Krankenschwester und ver.di-Aktive Grit Wolf im Interview mit der Tageszeitung Neues Deutschland formuliert: „Die Aktionen sollen ein Warnschuss sein. Aber die Kollegen meinen schonn jetzt: Wir müssen das durchstreiken.“
Die KollegInnen selbst schickten Grußbotschaften an verschiedene Klinken im Land. Lucy Redler, Aktivistin des „Berliner Bündnis für mehr Personal im Krankenhaus“, verlas eine Solidaritätsbotschaft aus England. Der Vorsitzende der UNITE-Betriebsgruppe des Barts Hospital schrieb im Namen der streikenden Londoner KollegInnen solidarische Grüße. Die Beschäftigten der Charité machten dann ebenfalls ein Bild mit Solidaritätsbotschaften nach London.