Bericht von der Demonstration gegen Nazi-Gewalt in Dortmund
von Sebastian Förster, Dortmund
Nach einer Serie von Angriffen und Einschüchterungsversuchen gegen Linke und AntifaschistInnen kam es am Sonntag, 14. August 2016 zu einem Mordversuch (https://www.archiv.sozialismus.info/2016/08/mordanschlag-auf-antifaschisten-in-dortmund/) an einem Mitglied der LINKEn und SAV.
Breites Bündnis gegen Rechte Gewalt
Unter anderem auf Initiative der SAV kam es zu einem sehr gut besuchten Bündnistreffen (https://www.archiv.sozialismus.info/2016/08/nach-mordversuch-demos-und-grossdemo-gegen-rechte-gewalt-in-dortmund/), an dem mehr als 70 VertreterInnen von 30 Organisationen, linken Parteien, Gewerkschaftsjugenden, antifaschistischen Gruppen, MigrantInnen-Verbänden und Fußballfans teilgenommen hatten. Hier wurde festgehalten, dass dieser Angriff auf einen AntifaschistInnen ein Angriff auf alle ist und in diesem Sinne auch nach einer kollektiven und entschlossenen Antwort schreit. Drei Tage später folgten dann 800 Menschen dem bei dem Treffen verabschiedeten Aufruf (http://www.blockado.info/es-reicht/) zu einer kämpferischen Demonstration von der Dortmunder Innenstadt in den Stadtteil Dorstfeld. Hier kamen zum ersten Mal seit langem Organisationen und Personen zusammen, die bei früheren antifaschistischen Demonstrationen und Blockaden getrennte Wege gegangen waren. So gelang es, VertreterInnen der Gewerkschaften und verschiedenen antifaschistischen Bündnisse gemeinsam an einen Tisch und auf eine Demonstration zu bekommen.
Kein Verlass auf den Staat
Verschiedene RednerInnen machten in Redebeiträgen darauf aufmerksam, dass es in dieser Stadt eine lange unrühmliche Geschichte von Naziterror gibt und auch vor Mord nicht zurückgeschreckt wird. Jens Jaschik, Sprecher von Linksjugend [’solid] NRW und Mitglied der SAV machte deutlich, dass auf den Staat im Kampf gegen Rechts kein Verlass ist. Dies habe nicht zuletzt auch die dramatisch gestiegene Zahl von 450 ausstehenden Haftbefehlen gegen rechte Straftäter illustriert. Statt hier eine Offensive zu starten, würden etablierte Politiker lieber eine Diskussion über ein Burka-Verbot führen.
Nicht ohne Grund führte die Demonstration nach Dortmund-Dorstfeld. Hier haben „Die Rechte“ und die verbotene Kameradschaft des „Nationalen Widerstands Dortmund“ (NWDO) ihre Kräfte konzentriert. Über Jahre hinweg versuchen sie hier ein Klima von Angst und Unterdrückung zu schaffen – gegen all jene, die nicht in ihr reaktionäres faschistisches Weltbild passen. Auch wenn ihr Terror dazu geführt hat, dass Menschen von hier vertrieben wurden, so machten viele AnwohnerInnen des Viertels deutlich, dass sie die Demonstration gegen Rechte Gewalt in ihrem Stadtteil mehr als willkommen heißen. An die umstehenden Menschen wurden Flyer verteilt, die die Hintergründe des Mordanschlags erklären (http://www.blockado.info/wp-content/uploads/2016/08/Flugblattneu.pdf).
Nazis werfen Sprengkörper
Wie erwartet kam es dennoch zu zahlreichen Provokationen der Nazis. Sogar ein Sprengsatz wurde auf den Demonstrationszug geworfen, der zwei Personen verletzte. An dem Dorstfelder Wilhelmsplatz wurde von vermummten Personen aus dem Spektrum der „Rechten“ Reichsfahnen geschwenkt und ein Banner aus den Fenster gehangen, auf dem in großen Buchstaben „HTLR“ stand. Nach lautstarken Protesten der antifaschistischen Demo musste die Polizei auf die vermummten Hitler-Verehrer einwirken, ihre Banner aus den Fenstern zu entfernen, ließ sie jedoch weiter Fahnen schwenken und filmen. Die Polizei berichtete später auch von Farbbeuteln, die sie bei den Dorstfelder Nazis gefunden habe. Vor allem mit dem Sprengsatz stellten die Nazis unverhohlen ihre Gewaltbereitschaft zur Schau und führten allen vor Augen, wie nötig eine Gegenkampagne gegen sie und ihre Gewalt ist.
Antifaschistischer Selbstschutz
Nach der Abschlusskundgebung kam es noch zu zahlreichen Polizeiübergriffen gegen Nazi-Gegner. Hier wurden nichtige Gründe wie das Verkleben von Aufklebern vorgeschoben um die DemonstrationsteilnehmerInnen zu schikanieren und die Abreise zu behindern. Trotz alledem ließen sich die AntifaschistInnen nicht provozieren und bestanden darauf, dass ihre Freunde freigelassen werden.
Ein gut organisierter Ordnerdienst, an dem sich auch zahlreiche Mitglieder der LINKEn und der SAV beteiligten, sorgte für die Sicherheit bei der Demonstration. Die GenossInnen von Linksjugend [’solid] liefen in einem eigenen Block, der mit lautstarken Parolen für eine kämpferische Stimmung sorgte.
Wie weiter?
Für Viele war die Demonstration ein großer Erfolg. Nicht nur deswegen, weil innerhalb so kurzer Zeit so viele Leute mobilisiert werden konnten. Sondern auch, weil deutlich wurde, dass Angriffe auf AntifaschistInnen und Linke sofort und massenhaft beantwortet werden.
Dies wird auch am kommenden Dienstag, den 23. August 2016 wichtig sein, wenn sich „Die Rechte“ zum vierten Jahrestag des Organisationsverbots des „NWDOs“ zusammenrotten wird. Hier rufen AntifaschistInnen dazu auf, sich um 18 Uhr an den Katharinentreppen zu versammeln um den Nazi-Protest unmöglich zu machen.
Über eine Fortsetzung der antifaschistischen Proteste und eine noch größere Demo am 24. September 2016 wird in den folgenden Tagen diskutiert. Nötig ist eine breite Offensive gegen den Naziterror, zu der sich alle antifaschistischen, gewerkschaftlichen, migrantischen und anderweitig betroffenen Gruppen vereinen. Ein wichtiger Grundstein für eine breitere Kampagne gegen Rechte Gewalt ist mit der erfolgreichen Demo nach Dorstfeld aber schon einmal gelegt.