Neue Massaker in der rohstoffreichen Region
von Per-Åke Westerlund, Jose Nsimba-Lobela und Congo Moko; aus: „Offensiv“, der Wochenzeitung der „Rättvisepartiet Socialisterna“ (Schwesterorganisation der SAV und Sektion des CWI in Schweden)
Während Joseph Kabila, der regierende Präsident der Demokratischen Republik Kongo, weiterhin versucht, durch taktische Manöver eine Verlängerung seiner Amtszeit zu erreichen, kommt es im Land zu neuen politischen und sozialen Eruptionen.
Am 26. Mai sollte der erste landesweite Protesttag seit langem stattfinden, mit dem man sich gegen den Präsidenten richten wollte. Auch KongolesInnen, die im Exil leben, wollten sich daran beteiligen. Am Ende wurden in allen Städten außer in der Hauptstadt Kinshasa alle Demonstrationen untersagt. In der Hauptstadt kamen dann mehrere tausend Menschen zu einem Protestmarsch zusammen, der von der Polizei mit dem Einsatz von Tränengas konfrontiert wurde. Die DemoteilnehmerInnen wurden angegriffen. Menschenrechtsorganisationen sprechen von 59 Verhafteten.
In Goma, der Hauptstadt der Provinz Nord-Kivu (im Osten des Landes) widersetzten sich die DemonstrantInnen dem Verbot auf die Straße zu gehen, und es kam zu Zusammenstößen mit der Polizei. Ein Demonstrant und ein Polizeibeamter wurden getötet. Wir warten immer noch auf Berichte aus anderen Städten. Es ist wahrscheinlich, dass es in der nächsten Zeit zu erneuten Protesttagen kommen wird.
Aus dem Osten des Kongo gibt es zudem Berichte von neuen Massakern. In der Region Beni, in Nord-Kivu, sind bei einem neuerlichen Blutbad 50 ZivilistInnen ums Leben gebracht worden. In den vergangenen 18 Monaten sind bis zu 1.000 Personen umgebracht worden. Verantwortlich gemacht wird dafür die ADF, eine islamistische Einheit aus Uganda mit Verbindungen zu al-Shabaab in Somalia.
Aktuelle Recherchen haben allerdings ergeben, dass die ADF nicht allein handelt. Menschenrechtsorganisationen, die vor Ort tätig sind, sagen, die Massaker hätten mit Unterstützung der kongolesischen Armee stattgefunden.
Vincent Machozi, ein bekannter oppositioneller Religionsführer in Beni, der im März ermordet worden ist, hat die Regierung in Kinshasa schon seit langem beschuldigt, die Vertreibung der ortsansässigen Bevölkerung aus der Region voranzutreiben. Dort befinden sich große Koltan-Vorkommen, ein für neue Technologien wie Smartphones notwendiger Rohstoff. Krieg und bewaffnete Konflikte im Kongo werden in der Regel um Bodenschätze geführt, und auch Nachbarstaaten wie Ruanda sind an solchen Konflikten beteiligt.
In der DR Kongo insgesamt richtet sich die Aufmerksamkeit voll und ganz auf die Präsidentschaftswahlen. Schon im letzten Jahr, als klar wurde, dass Kabila versuchen würde, eine dritte Amtszeit durchzusetzen, kam es zu großen Demonstrationen und breiten Protesten. Dabei sieht die Verfassung des Landes eine dritte Amtszeit gar nicht vor. Studierende und junge ArbeiterInnen, die über Netzwerke miteinander kommunizieren, beteiligten sich an Protesten und nahmen Kontakt zu verschiedenen Gruppen im Senegal und in Burkina Faso auf. Das ließ das Kabila-Regime aufschrecken – vor allem als es die Rolle der jungen Menschen erkannte, die diese in der Revolution gegen den Präsidenten von Burkina Faso gespielt haben, der gestürzt worden ist.
Der Präsident hat Sondereinheiten der republikanischen Garde entsendet. Die Proteste wurden brutal niedergeschlagen und führende OppositionspolitikerInnen sind verhaftet worden. Versammlungen, an denen junge Leute teilgenommen haben, sind aufgelöst und AktivistInnen abgeführt worden oder seither spurlos verschwunden. Außerhalb von Kinshasa ist ein Massengrab entdeckt worden.
Wahlen
Eine Forderung, die bei den Demonstrationen aufkam, war, dass Wählerverzeichnis von 2011 zu aktualisieren, damit auch junge WählerInnen registriert werden können. jetzt behauptet, CENI, die Wahlbehörde, die eng mit Kabila zusammenarbeitet, sagt, dass dies 18 Monate dauern wird. In der Praxis bedeutet das, dass die Präsidentschaftswahlen, die laut Verfassung spätestens im Dezember durchzuführen sind, auf unbestimmte Zeit verschoben werden. Dazu, dass Kabila weiter im Amt bleiben kann, hat das Verfassungsgericht Ja und Amen gesagt.
Bei den Wahlen von 2011 hat sich das Regime, den meisten BeobachterInnen zufolge, des Wahlbetrugs schuldig gemacht, um dem Veteranen Etienne Tshisekedi von der größten Oppositionspartei, der UDPS, den Sieg vorzuenthalten. Die Situation im Kongo ist ähnlich der in Burundi, wo Präsident Nkurunziza sein Mandat ebenfalls auf eine dritte Amtszeit ausweiten will, was zu einem Aufstand geführt hat, bei dem 430 Menschen ums Leben kamen und 250.000 zur Flucht gezwungen wurden.
Der Botschafter der Afrikanischen Union (AU), Edem Kodjo aus Togo, hat bislang immer auf der Seite von Kabila gestanden. Schon 2011 hat die korrupte AU behauptet, die Wahlen seien demokratisch verlaufen.
Der Kampf im Kongo wird für demokratische Rechte geführt, die eng mit den Aktivitäten der multinationalen Konzerne und imperialistischen Staaten verknüpft sind, welche das Land zusammen mit dem Präsidenten ausplündern. Es müssen neue Massenbewegungen aufgebaut werden, um den Präsidenten und sein Regime, das sich auf die Armee und die Gouverneure stützt, zu stürzen. Es herrscht dringender Bedarf an einer demokratischen und sozialistischen Bewegung, die für eine Programm kämpft, das auch Pläne beinhaltet, mit denen der Reichtum des Landes in öffentliche Hände überführt und eine Regierung gebildet wird, die aus demokratisch gewählten VertreterInnen der ArbeiterInnen und verarmten Massen besteht.