Interview mit Baqir, Flüchtling aus Afghanistan.
Hi Baqir, du bist jetzt etwa seit einem halben Jahr in Deutschland. Wie war diese Zeit für dich?
Ehrlich gesagt nicht schlecht. Ich habe einige nette Menschen kennengelernt und viele haben sich auch für unsere Situation interessiert. Im Dezember zum Beispiel habe ich gesehen, wie hunderte SchülerInnen für unsere Rechte auf die Straße gegangen sind, das hat mich beeindruckt. So bin ich ja auch in Kontakt mit der SAV gekommen.
Was waren Probleme in dieser Zeit?
Das Problem ist aber vor allem, von circa 100 Euro im Monat hier zu leben oder in einem Camp mit so vielen anderen untergebracht zu sein. Bis ich eine Fahrkarte hatte, hat es auch gedauert. Aber ich hatte auch Auseinandersetzungen mit Leuten aus meinem Camp, die mich angreifen wollten, weil ich nicht gläubig bin. Ich bin zur Security gerannt, die angeblich die Polizei gerufen hat. Die kam aber nicht.
Wie genau ist deine Wohnsituation gerade?
Ich bin in einem großen Flüchtlingslager in Hamburg untergebracht. Das Lager, was nicht viel mehr als eine Ansammlung von Containern und Zelten ist, ist ziemlich klein und schmutzig. Weit mehr als tausend Flüchtlinge leben dort auf engem Raum, in einem kleinen Zimmer wohnen vier Menschen zusammen. So etwas wie Privatsphäre gibt es nicht. Wenn ich lesen oder lernen will ist das kaum möglich, weil immer andere in dem Zimmer laut Musik hören oder so. Es gibt keinen Rückzugsort. Aber das Hauptproblem ist die Lage des Camps. Weit draußen, auf einem Parkplatz in einem Industriegebiet mit schlechter Verkehrsanbindung. Wir sind weit weg von den Leuten, die hier leben. Wie sollen wir so in Kontakt mit der Bevölkerung kommen?
Hast du das Gefühl, der Staat kümmert sich um euch?
Nicht wirklich. Ich habe erst nächsten Monat mein erstes Behördengespräch, wo ich von meiner Flucht erzählen soll. Der Staat versucht eher, viele Flüchtlinge wieder loszuwerden. Ich habe auch nicht das Gefühl, dass sich unsere Wohnsituation verbessert. Im Gegenteil, uns werden zum Beispiel kaum noch Dolmetscher zur Verfügung gestellt. Viele Menschen kümmern sich, nicht der Staat.