Interview mit dem Landessprecher Jens Jaschik
Hi Jens! In den letzten Jahren war es relativ ruhig im nordrhein-westfälischen Landesverband von linksjugend [’solid] NRW. Woran lag das?
Die linksjugend [’solid] NRW war auf Landesebene ziemlich inaktiv. Die Basisgruppen waren lange Zeit auf sich allein gestellt und es konnte keine gemeinsame koordinierte Arbeit zustande kommen. Dies lag daran, dass verschiedene Kräfte innerhalb des Landesverbandes aus karrieristischen Gründen unbedingt an Posten und ihre Gegner aus dem Landesverband drängen wollten. Koste es was es wolle. Bei dem daraus resultierenden Konflikt war es ihnen egal ob sie den Landesverband gegen die Wand fahren. Daraufhin war der Landesverband lange Zeit gelähmt. Es gab keine langfristigen Pläne für die zukünftige Entwicklung, die Basis wurde kaum in Entscheidungen einbezogen und es fanden kaum landesweite Aktionen statt. Landesweite Treffen beschäftigten sich nur noch mit dem andauernden Konflikt anstatt mit politischen Themen. Doch diese Zeit ist jetzt vorbei.
Die Landesvollversammlung (LVV) Ende Februar wurde von vielen als „die beste seit langem“ bezeichnet. Was war anders?
Der kommissarische LandessprecherInnenrat hatte im vorhinein verschiedene Basisgruppen in NRW besucht um für die LVV zu mobilisieren, aber auch um diese zu unterstützen. Es hat sich gezeigt, dass alle ein Interesse daran hatten, dass der Landesverband wieder als starke politische Kraft in NRW aktiv wird, besonders auf Grund der aktuellen Entwicklungen.
Viele Aktivistinnen und Aktivisten aus verschiedenen Orten halfen bei der Vorbereitung und Durchführung der LVV. Neben den Diskussionen zu den verschiedenen Anträgen gab es zusätzlich Workshops zu aktuellen Themen wie Solidarität mit Kurdistan oder Kampf gegen Nazis. Dadurch wurde die LVV vielseitiger und spannender gestaltet. Nach langer Zeit fand wieder ein Austausch zwischen den Basisgruppen statt. Am Ende gingen alle GenossInnen mit dem Gefühl nach Hause, auf Landesebene wieder etwas bewegen zu können.
Ende Februar wurdest Du mit fünf anderen GenossInnen in den LandessprecherInnenrat gewählt. Glückwunsch dazu! Was wollt ihr anders machen, um die positive Entwicklung zu unterstützen?
Vielen Dank. Wir wollen in Zukunft verstärkt Genossinnen und Genossen in die Arbeit auf Landesebene und in Entscheidungen einbeziehen. Wie schon der kommissarische LSPR wollen wir die einzelnen Basisgruppen betreuen und neuen Basisgruppen beim Aufbau helfen. Landesweite Treffen sollen wieder dazu genutzt werden sich auszutauschen und zu Themen wie Antifaschismus, Sozialismus und so weiter zu diskutieren. Auch wollen wir verstärkt in aktuelle Proteste und Kämpfe intervenieren um sozialistische Antworten hineinzutragen. Besonders widmen wir uns dem Kampf gegen Rassismus. Einer der Schwerpunkte in der ersten Hälfte des Jahres ist die Mobilisierung gegen den „Tag der deutschen Zukunft“ (TddZ) in Dortmund.
Die Mobilisierung dazu hat ja längst begonnen. Wie will der linksjugend [’solid]-Landesverband zum Erfolg antifaschistischer Proteste beitragen?
Wir wollen ganz NRW am 4. Juni nach Dortmund mobilisieren. Dafür führen wir in den Basisgruppen Mobilisierungs-Veranstaltungen durch. Wir werden Flyer, Poster und Sticker produzieren, die explizit zum “NoTddZ” am 4. Juni aufrufen, und sie an die Basisgruppen verteilen. Doch auch bundesweit wollen wir zum “NoTddZ” mobilisieren. Auf dem kommenden Bundeskongress der linksjugend [’solid] wird unser Landesverband einen Antrag einreichen, der die Mobilisierung gegen den „Tag der deutschen Zukunft“ zu einem bundesweiten Schwerpunkt machen soll. Der Bundesarbeitskreis Revolutionäre Linke hat die Unterstützung schon beschlossen.
Insgesamt sind aktiver Antirassismus und Antifaschismus aktuell gezwungermaßen Schwerpunkte von SozialistInnen. Was sind konkrete Maßnahmen von linksjugend [’solid] NRW?
Aktuell haben wir eine Reihe von vier Flyern produziert die sich mit den Fragen rechter Terror, Bleiberecht, Wohnraum und Fluchtursachen beschäftigen und diese an die Basisgruppen verteilt. In diesen wollen wir die Frage von links stellen und ganz klar sagen: Nicht Geflüchtete sind das Problem, sondern der Kapitalismus. Wir brauchen sozialistische Antworten auf die Krise um Deutsche, MigrantInnen und Geflüchtete zum gemeinsamen Kampf zu organisieren.
Viele Basisgruppen sind in antirassistischen oder antifaschistischen Bündnissen aktiv, zum Beispiel in Aachen in der Antirassistischen Offensive oder in Dortmund im Aktionsbündnis BlockaDo. Auch beteiligen wir uns an vielen Aktionen. Unter anderem unterstützen die GenossInnen in Bochum aktuell den Hungerstreik von Geflüchteten für eine menschenwürdige Unterbringung und Behandlung. Als Landesverband beteiligten wir uns an der „Unser Feminismus ist antirassistisch“-Demo zum Frauenkampftag in Köln und der Anti-NPD-Demo in Essen.
Das Interview führte Chris Walter aus Aachen. Jens Jaschik ist auch Mitglied der SAV und aktiv in der linksjugend [‘solid] Basisgruppe Dortmund.