One Billion Rising: Kraftvolle Aktion in Aachen

One Billion RisingAm 14. Februar gehen weltweit Menschen gegen sexualisierte Gewalt auf die Straße. Aachen ist seit Beginn dabei – dieses Jahr gab es die Aktion zum vierten Mal.

von Christian Walter, Aachen

Der Name heißt „eine Milliarde steht auf“ und spielt darauf an, dass weltweit eine Milliarde Frauen von sexualisierter Gewalt betroffen sind. Also jede dritte Frau. Die weltweite Initiative setzt vor allem auf das Tanzen, um Betroffene zusammenzubringen, Vereinzelung zu durchbrechen und ein Gefühl der Stärke zu vermitteln. In Aachen ergänzten wir das von Anfang an durch politische Beiträge.

Tanzen

Es hatte sich im Vorfeld eine Tanzgruppe gefunden, die die „offizielle“ Choreographie einstudierte und vor Ort auch vortanzte. Schnell beteiligten sich aber auch andere Menschen, die die Choreo nicht kannten. Das ist natürlich auch so erwünscht. Das Tanzen wirkt sehr einbeziehend und tut der Stimmung sehr gut. Zu Beginn, in der Mitte und zum Abschluss der Kundgebung wurde getanzt.

Feminismus bleibt antirassistisch

Darüber hinaus gab es diverse politische Beiträge. Mitarbeiterinnen von Frauenhäusern berichteten über ihre wichtige Arbeit und häusliche sowie sexualisierte Gewalt. Zuletzt gab es in Aachen den Versuch, Fördermittel  drastisch einzustampfen, sodass die Existenz von einem von zwei Frauenhäusern gefährdet war. Nach Protesten sind diese Pläne vorerst vom Tisch.
Eine Gewerkschaftssekretärin redete über das sogenannte „Gender Pay Gap“, also die Lohndifferenz zwischen Frauen und Männern. Im Durchschnitt bekommen Frauen in Deutschland 22 Prozent weniger Lohn.

Eine Aktivistin vom Bündnis Antirassistische Offensive, die auch SAV-Mitglied ist, thematisierte die Übergriffe unter anderem in Köln in der Silvesternacht. Sie machte einerseits deutlich, dass es Sexismus und sexualisierte Gewalt nicht erst gibt, seitdem Geflüchtete aus Nordafrika es bis Deutschland schaffen. Gleichzeitig zeigte sie auf, wie frauenverachtend rechte Hetzer versuchen die Übergriffe auszuschlachten: „Es ging um Badeverbote und Verhaltensregeln für Geflüchtete an Karneval, anstatt über Maßnahmen, wie Alltagssexismus oder sexualisierte Gewalt bekämpft werden kann.  Anstatt darum wie den betroffenen Frauen wirklich geholfen werden kann, wurde über Obergrenzen und Abschiebungen debattiert. Dass gerade diese auch Frauen treffen würden, die vor Unterdrückung und sexueller Gewalt geflohen sind, zeigt, dass es hier nicht darum geht Betroffenen zu helfen, sondern das Thema für rassistische Hetze zu benutzen.“

Geflüchtete gegen Sexismus

12743562_1115924995104791_4760771113462018192_nWeitere Beiträge beschäftigten sich mit Netzfeminismus und Intersektionalität, also wie verschiedene Diskriminierungsformen sich überschneiden und welche Auswirkungen das für Betroffene hat. Ich durfte für die Aachener linksjugend [’solid-Gruppe über eine frauenfeindliche Initiative sprechen. Letzten Samstag wollte sich die Gruppe „Return of Kings“ in Aachen und vielen weiteren Städten rund um den Globus versammeln. Sie stehen für ein mittelalterliches Frauenbild und haben die Reaktionen bekommen, die sie verdienen. Sie waren so vehement, dass letztendlich „aus Sicherheitsgründen“ jegliche Versammlungen abgesagt wurden (Wir berichteten ausführlich: Siehe https://www.archiv.sozialismus.info/2016/02/return-of-kings-frauenfeindliche-offensive/ und https://www.archiv.sozialismus.info/2016/02/so-wurden-die-kings-gestoppt/).

An der Kundgebung haben auch Geflüchtete mindestens sieben verschiedener Nationalitäten teilgenommen. Sie fielen mit Schildern wie „Refugees against Sexism“ auf. Zu Beginn meines Beitrags stellte ich sie vor – sie bekamen den vielleicht größten Applaus von allen. Im Anschluss an meine Rede sang einer von ihnen, ein professioneller Sänger, der aus dem Iran flüchten musste, noch ein Lied.

Feministische Bewegung aufbauen

Insgesamt beteiligten sich knapp 200 Menschen an der Kundgebung, und damit deutlich mehr als in den vergangen beiden Jahren. Seit einiger Zeit scheint es ein Wiederaufleben feministischer Aktivitäten zu geben. Trotz rechtlicher Gleichstellung aller Geschlechter gibt es keine Gleichbehandlung. Das Bewusstsein dafür wächst, und langsam auch die Bereitschaft dagegen anzukämpfen. Sozialist*innen sind bei solchen Aktivitäten dabei, oftmals sind wir auch Teil der Organisation. Wir weisen darauf hin, dass Fortschritte immer entschlossen erkämpft werden mussten. Aber auch, dass Diskriminierung zum Kapitalismus gehört und wirkliche Emanzipation im Rahmen dieses Systems undenkbar ist. Deswegen braucht es einen kämpferischen, antikapitalistischen, sozialistischen Feminismus.

Es stehen einige Termine an, wo darauf hingearbeitet werden kann:

8. März: Internationaler Frauen*kampftag. Am 6.März gibt es eine bundesweite Demo in Berlin (siehe http://frauenkampftag.eu/), am 13. März in Köln (siehe https://reclaimfeminism.org/). In vielen weiteren Städten gibt es lokale Aktivitäten.

19. März: Equal Pay Day (Weil Frauen durchschnittlich 22 Prozent weniger Lohn erhalten ist das der Tag im Jahr 2016, bis zu dem sie länger arbeiten müssen um auf das Durchschnittsgehalt eines Mannes aus dem Jahre 2015 zu kommen). Auch hierzu gibt es in vielen Städten Aktionen, siehe www.equalpayday.de/

25.-27. März: SozialismusTage der SAV. Wer auch der Ansicht ist, dass Feminismus und Sozialismus zusammengehören oder mit uns darüber diskutieren möchte, ist hier richtig. Es gibt eine extra Workshopschiene zur Frage von Feminismus und Frauenbefreiung. Siehe http://www.sozialismustage.de/

Christian Walter ist Sprecher von linksjugend [’solid] Aachen