Alle Terroristen stoppen – Ursachen des Terrors beseitigen!
Wie alle normalen Menschen bin ich entsetzt und wütend über die feigen Terroranschläge von Paris. Ich trauere um die Toten und Verletzten. Es sind einfache Leute: Lohnabhängige, Jugendliche. Ich wünsche mir, dass alle Täter und ihre Hintermänner gefasst und bestraft werden. Noch mehr wünsche ich mir aber, dass die Ursachen von Terror – und Krieg! – überall in der Welt endlich beseitigt werden. Und ich wünsche mir ein wenig Aufrichtigkeit in der öffentlichen Debatte zu den Pariser Anschlägen.
Ein Kommentar von Sascha Stanicic
Daesh (anderer Name für den so genannten Islamischen Staat) soll sich zu den Attentaten bekannt haben. Das ist eine arbeiter- und frauenfeindliche, ultrareaktionäre Bewegung. Sie wendet faschistische Methoden an. Sie gehört bekämpft und zerstört.
Frankreich führt Krieg gegen Daesh in Syrien und im Irak. Doch dieser Krieg macht diese ultrarechten Islamisten nur stärker. Denn er wird nicht im Interesse derjenigen Menschen in der Region geführt, die unter dem islamistischen Terror alltäglich leiden müssen, sondern im Interesse westlicher Millionäre und Milliardäre. Das gibt dem IS die Möglichkeit, sich als die Verteidiger von Millionen SunnitInnen präsentieren können, die Opfer religiöser Diskriminierung und imperialistischer Ausbeutung sind.
Der Terror und der Krieg kommen nach Europa. Der Terror und der Krieg werden aber vom Empfänger zurück nach Europa und in andere westliche Staaten gesandt. Wir sind Zeuge einer Spirale von Gewalt, Terror, Krieg und Gegengewalt, Gegenterror, Gegenkrieg. Wer jetzt mit dem Finger (nur) auf Daesh zeigt oder gar „die Muslime“ anklagt, ja sogar den Mord an 127 unschuldigen Menschen dazu missbraucht, Stimmung gegen Flüchtlinge zu machen, beteiligt sich an der Vorbereitung des nächsten Terroranschlags.
Wer jetzt den Politikerinnen und Politikern bei ihren Trauerreden zuhört, sollte sich fragen, warum gibt es solche Reden und Fernsehsondersendungen nicht, wenn in der Türkei linke Jugendliche von einem Sprengsatz aus dem Leben gerissen werden, wenn ein Drohnenangriff des US-Militärs wieder einmal „versehentlich“ eine Hochzeit oder ein Krankenhaus in die Luft gejagt hat, wenn in Beirut, Aleppo oder Bagdad Bomben hoch gehen?
Wie kann es sein, dass Sigmar Gabriel davon spricht, man müsse die Ursachen des Terrors bekämpfen und sich nicht dafür entschuldigt, dass er für Waffengeschäfte mit Saudi-Arabien, einer der schlimmsten Brutstätten islamistischen Terrors, verantwortlich ist (übrigens hat Frankreich erst vor einem Monat ebenfalls einen Waffendeal mit den Saudis abgeschlossen)?
Fällt niemandem auf, dass sich Horst Seehofer nicht einmal das Grinsen verkneifen kann, wenn er die Anschläge von Paris zum Anlass nimmt, die Begrenzung des Flüchtlingszuzugs und Recht und Ordnung an den Grenzen Europas zu fordern? Für die Seehofers, de Maizières und andere Sicherheitsfanatiker sind solche Terroranschläge ein gefundenes Fressen. Sie missbrauchen sie um ihre eigenen politischen Ziele durchzusetzen, die in keinem Zusammenhang mit den Ereignissen von Paris stehen. Unabhängig davon, ob einige der Attentäter tatsächlich als Flüchtlinge (getarnt) nach Europa gekommen sind, so hat der Islamische Staat es nicht nötig, seine Terror-Kader auf einem klapprigen Kutter übers Mittelmeer oder zu Fuß auf der Balkanroute nach Europa zu bringen. Einen blödsinnigeren Gedanken gibt es kaum.
Vielleicht doch. Der Gedanke, dass man nun „gnadenlos“ (Präsident Hollande) zurückschlagen müsse, um weitere Terroranschläge zu vermeiden, ist noch dümmer. Nur leider ist nicht Dummheit, sondern Berechnung Urheber dieser Äußerung. Frankreich hat sich entschieden im Kampf um die Aufteilung des Nahen und Mittleren Osten militärisch mitzumischen. Die Toten von Paris werden nun dafür herhalten müssen, dass dieses „Engagement“ verstärkt wird. Folge von mehr Militäreinsätzen in Syrien und im Irak werden aber nur mehr junge Männer sein, die sich verzweifelt, verbittert, zu allem bereit dem so genannten Islamischen Staat oder anderen Terrornetzwerken anschließen.
Eine militärische Maßnahme, die etwas gegen den Terror erreichen würde – nämlich dazu beitragen, den Terroristen ihre soziale Basis zu nehmen – wäre der sofortige Abzug aller französischen und anderen imperialistischen Truppen aus der Region. Das wäre eine Anerkennung der Tatsache, dass Terror Terror und Krieg Krieg erzeugt. Aber die Sozialistische Partei Frankreichs ist auch nur eine Marionette des Kapitals.
Die Nationalisten und Rassisten aller Coleur werden nun auf die Pauke hauen. Das Internet ist jetzt schon voll von islamfeindlich-rassistischen Kommentaren. Man möchte sich nicht ausmalen, was Lutz Bachmann auf der nächsten Pegida-Demonstration sagen wird.
Dabei haben die Pegidisten, Deutsch-Alternativen und Nazis viel mit den Attentätern von Paris gemein. Sie trennen die Menschheit entlang kultureller, nationaler oder auch religiöser Linien. Sie spalten die einfachen Menschen und verhindern so gemeinsamen Widerstand gegen die wahren Verursacher von Krieg, Gewalt und Terror. Sie verkörpern selber Terror und Gewalt. Denn nichts anderes findet in Deutschland statt: rechter, faschistischer Terror. Bisher richtete sich dieser vor allem gegen Flüchtlingsunterkünfte. Aber täglich lesen wir von Angriffen auf MigrantInnen. Zuletzt auf offener Straße gegen eine hochschwangere Afrikanerin. 292 Menschen sind laut Wikipedia seit 1990 Todesopfer rechter Gewalt geworden. Es ist nur eine Frage der Zeit, dass diese Zahl dramatisch steigt, wenn den Rassisten nicht das Handwerk gelegt wird. Das wird nicht gemeinsam mit den Rassisten in Schlips und Kostüm der Regierung Merkel-Gabriel gehen, die kürzlich die schlimmste Verschärfung des Asylrechts seit 1992 vorgenommen haben. Das ist nur möglich, wenn sich die einfachen Menschen, Lohnabhängige, Erwerbslose, Jugendliche erheben und gemeinsam, unabhängig von Religion, Hautfarbe und Nationalität, für ihre Interessen kämpfen. Gewerkschaften und LINKE haben hier eine Aufgabe, der die Führungen dieser Organisationen nicht gerecht werden.
Oskar Lafontaine, der in der Flüchtlingsdebatte gerade leider kein rühmliche Rolle spielt, hat in einer Bundestagsdebatte einmal darauf hingewiesen, dass die Definition von Terror die Anwendung von Gewalt zur Durchsetzung politischer Ziele sei und den Schluss gezogen, dass die Kriege in Irak und Afghanistan staatlicher Terror sind. Damit traf er den Nagel auf den Kopf. Dieser Terror muss genauso ein Ende haben, wie der Terror von Paris, Beirut, Ankara und Suruc! Doch das ist mit den Politikern der etablierten Parteien und dem von ihnen vertretenen Wirtschaftssystem nicht zu machen. Die Toten von Paris mahnen uns einmal mehr: Sozialismus ist dringende Notwendigkeit!