Bericht einer Verwaltungsangestellten* zur Flüchtlingshilfe
Als Beschäftigte in einer Kommunalverwaltung in Ostdeutschland kann ich den Frust der Ehrenamtlichen auf die wenige Hilfe von offiziellen Stellen gut verstehen.
Aber dass es so wenig Unterstützung gibt, hat vielfältige Ursachen. Vor allem der jahrelange Personalabbau in den Verwaltungen unter dem Deckmantel des „Bürokratieabbaus“ hat dazu geführt, dass wichtige Bereiche mehr schlecht als recht mit Personal ausgestattet sind. Dazu kommt, dass die politischen Entscheidungsträger mit ihrer Politik von „ausgeglichenen Haushalten“ auch bei den Personalausgaben stetig den Rotstift angesetzt haben.
Zu wenig Personal ist das eine. Die Politik hat aber insgesamt nur sehr schleppend auf die steigende Zahl Geflüchteter reagiert und es war lange nicht klar, wer sich um sie kümmern soll.
Die „Flüchtlingswelle“ hat auch uns schnell erreicht. Nur weil engagierte, vor allem jüngere MitarbeiterInnen bei den eigentlich zuständigen Stellen Druck ausübten, ergriffen die mittleren und oberen Verwaltungsebenen überhaupt „Notmaßnahmen“.
Inzwischen wird bei uns versucht das Chaos möglichst gut in den Griff zu bekommen. Es gibt einen Aufruf an alle Beschäftigten, sich auch nach der offiziellen Arbeitszeit für die Flüchtlinge zu engagieren. Diese „ehrenamtlichen“ Einsätze werden dann sogar als Arbeitszeit angerechnet. So hofft die Verwaltung mehr Freiwillige aus ihren eigenen Reihen zu bekommen. Die Vereine und karitativen Einrichtungen haben gemeinsam eine Internet-Plattform gebildet und sind über facebook vernetzt. Dort werden Einsätze für Ehrenamtliche koordiniert und Interessierte bekommen einen Überblick darüber, was an Lebensmitteln, Kleidung usw. gebraucht wird.
Große Bereitschaft
Insgesamt sehen die meisten Beschäftigten, mit denen ich gesprochen habe, es als richtig und wichtig an, den Flüchtlingen zu helfen. Das geht von Spendenbereitschaft über praktische Unterstützung in der Freizeit bis hin zur Bereitschaft, Patenschaften zu übernehmen.
Diese positive Stimmung kann aber auch schnell kippen, wenn Informationen nicht richtig oder gar nicht weitergegeben werden. Wenn die HelferInnen auch an ihre Belastungsgrenzen stoßen.
Aber das ist nicht das einzige Problem. Es wird aufgrund der immer größer werdenden Anzahl von Menschen, die in der Stadt bleiben wollen und keine „Transit-Flüchtlinge“ sind, schwer, kommunale Objekte zu finden, wo die Menschen bleiben können. Der Abriss von ganzen Wohnblöcken in den 1990er und 2000er Jahren rächt sich jetzt.
Wohnungsbau nötig
Nötig ist deshalb der Bau neuer Sozialwohnungen durch die Kommune, die für alle Wohnungssuchenden zur Verfügung stehen – egal, ob Flüchtlinge oder nicht. Über die Vergabe und andere Hilfsaktivitäten sollte demokratisch entschieden werden, zum Beispiel durch die Wahl von VertreterInnen aus Betrieben, Stadtteilen, Hochschule, Flüchtlingsunterkünften auf jeweiligen Vollversammlungen. Außerdem sollte ein SprecherInnenrat gewählt werden, der dann Kontakte in andere Kommunen im Land bzw. sogar auf Bundesebene herstellt und die Unterbringung und Versorgung der Menschen organisiert. Gleichzeitig könnten so gefasste Beschlüsse dann in den verschiedenen Bereichen effektiv und schnell umgesetzt werden.
Das wäre eine gute Alternative zu zig verschiedenen „Krisenstäben“, die es derzeit gibt, wo den meisten Beteiligten gar nicht klar ist, für wen oder was sie zuständig sind. Es würde allen die Möglichkeit geben, sich einzubringen und auch die Flüchtlinge einzubeziehen, indem sie Teil der Versammlungen werden. Somit wird dann auch den Rassisten der Nährboden entzogen, die durch Desinformationen gezielt versuchen Stimmung gegen die Flüchtlinge zu betreiben.
* Name ist der Redaktion bekannt