Bildung und Arbeit statt Rüstung und Krieg
Eigentlich müsste die Bundeswehr eine Sandkastenarmee sein – mit nichts weiter ausgerüstet als kaputten Hubschraubern, zu wenig Panzern und untauglichen G36-Gewehren…
Zumindest müsste man das annehmen, wenn man der Bundesregierung und den Zeitungsberichten von Springer glaubt. Gut, dass die Bundeswehr auf ihrer Website dem gleich eindeutig und zu Recht widerspricht: „Die Bundeswehr ist heute nicht nur eine Armee im weltweiten Einsatz, sondern ein hochmoderner, global agierender Konzern.“
von Maria Wagner und Tom Hoffmann, Berlin
„Das Sicherheitsumfeld hat sich seit dem Krisenjahr 2014 deutlich verändert.“, argumentierte Ursula von der Leyen im Februar im SPIEGEL. Sie plädierte für mehr Panzer und mehr Personal für die Bundeswehr. Ihren ersten Rüstungsdeal hatte sie im selben Monat bereits abgeschlossen. 138 Helikopter der Modelle NH90 und „Tiger“ von Airbus verschlangen da schon 8,6 Milliarden Euro. Aber generell soll mehr Geld für die Bundeswehr ausgegeben werden. So soll der Verteidigungsetat bis 2019 um etwa 8 Milliarden steigen. In der CSU werden Stimmen laut, die 10 Milliarden fordern. 2015 liegt der Verteidigungsetat bei rund 32,97 Milliarden – 539 Millionen mehr als im Vorjahr. Weltweit liegt Deutschland damit auf Rang 7. Die NATO fordert von Deutschland, dass es seine Mittel auf 56 Milliarden aufstockt und findet damit unter anderem bei CDU-Generalsekretär Pentz Zustimmung.
Werben fürs Sterben
Doch nicht nur ihr Waffenarsenal will die Bundeswehr aufstocken. Um den Verlust der Wehrpflicht zu kompensieren, wird auch vermehrt an Schulen und Hochschulen für die Bundeswehr geworben. Zur Zeit umfasst sie ungefähr 180.000 aktive Soldaten, davon sind 170.000 Berufs- und Zeitsoldaten und 10.000 freiwillig Wehrdienstleistende. Damit ist zwar die Anzahl der Soldaten in den letzten Jahren gesunken, allerdings herrscht eine hohe Fluktuation: mehr als 20.000 sogenannte „Soldaten auf Zeit“ verlassen die Bundeswehr jedes Jahr und müssen durch neue Rekruten ersetzt werden. Allein im letzten Jahr gab das Verteidigungsministerium 29,9 Millionen Euro für Nachwuchswerbung aus. Die Bundestagsfraktion der LINKEN stellt regelmäßig kleine Anfragen, um Informationen über den genauen Umfang der Werbeaktivitäten zu erhalten. Dabei zeigt sich, dass die Bundeswehr sich bemüht, überall vertreten zu sein, wo sie junge Menschen erreichen kann.
Inzwischen gibt es in sieben Bundesländern Kooperationsvereinbarungen zwischen den jeweiligen Kultusministerien und der Bundeswehr, die regeln, dass Jugendoffiziere direkt an die Schulen kommen. 2014 hielten sie 3.200 Vorträge an Schulen und waren auf 2.000 weiteren Veranstaltungen anzutreffen. Dabei wurden 125.000 Jugendliche und 36.000 sogenannte Multiplikatoren erreicht, – gemeint sind damit vor allem LehrerInnen und ReferendarInnen. Gerechtfertigt werden die Besuche der rhetorisch und didaktisch geschulten Jugendoffiziere damit, dass sie lediglich Informationen über die Bundeswehr und die Sicherheitspolitik vermitteln würden. Direkter gehen die Karriereberater vor. Sie warben letztes Jahr in 8.100 Vorträgen an weiterführenden Schulen dafür, bei der Bundeswehr einzusteigen. Fast 140.000 SchülerInnen nahmen an diesen Veranstaltungen teil.
Bundeswehr nutzt fehlende Perspektiven
Darüber hinaus werden die Medien genutzt: Um das Magazin infopost kostenlos zu abonnieren, müssen rekrutierungsrelevante Angaben gemacht werden. In groß angelegten Kampagnen in Printmedien, Radio, TV, Kino und Internet wird für den Arbeitgeber Bundeswehr geworben. Auch außerhalb von Schulen ist die Bundeswehr vertreten: 2013 besuchte sie im Rahmen der Nachwuchswerbung 1.500 Messen und andere Veranstaltungen und gab dafür 3,8 Millionen Euro aus. Betont wird dabei immer das angeblich friedliche und zivile Engagement. Andererseits versucht man mit ausgestellten Militärfahrzeugen und Kampfjets Jugendliche von dem aufregenden, spannenden Job als SoldatIn zu überzeugen. SoldatIn zu sein, heißt aber, bei Bedarf ohne zu hinterfragen auf Befehl andere Menschen umzubringen und das eigene Leben aufs Spiel zu setzen. Die Bundeswehr nutzt das Fehlen von Ausbildungsplätzen schamlos aus und winkt mit einem ordentlichen Gehalt und einem „sicheren“ Arbeitsplatz.
Bei all diesen Maßnahmen geht es langfristig noch um mehr als die Rekrutierung von neuen Soldaten: die Bundeswehr versucht eine überwiegend junge Zielgruppe vom Sinn und Zweck der Armee zu überzeugen und in der Bevölkerung Akzeptanz für Kriegseinsätze zu schaffen. Mit hohen Kosten und Aufwand verschafft sie sich Vorteile gegenüber den meist ehrenamtlichen AktivistInnen, die sich gegen Krieg und für gut bezahlte zivile Arbeits- und Ausbildungsplätze einsetzen.
Geld für Bildung statt für Rüstung
Das ist inakzeptabel. Es kann nicht sein, dass Millionen Euro zum „Werben fürs Sterben“ ausgegeben werden, während überall Geld für Bildung fehlt. Die Armee hat in der Schule nichts zu suchen. Die Bundeswehr ist kein Arbeitgeber wie jeder andere, sondern dafür verantwortlich, dass die Interessen deutscher Unternehmer weltweit mit militärischer Gewalt durchgesetzt werden – Unternehmer, die es aufgrund der aktuellen Marktlage als wettbewerbsschädigend ansehen, junge Leute auszubilden. Diesem Wirtschaftssystem liegt es zugrunde, alles – eben auch Menschenleben – dem Wettbewerb und dem Profit unterzuordnen. Wenn überall auf der Welt Kriege geführt werden, werden wir auch hierzulande mit Aufrüstung und einer verstärkten Präsenz der Bundeswehr in der Gesellschaft konfrontiert.
Umso wichtiger ist es, Widerstand zu organisieren.
Die SAV fordert:
- Keine Auftritte von Jugendoffizieren und Karriereberatern!
- Nein zu Aufrüstung und Auslandseinsätze!
- Für eine friedliche und sozialistische Welt ohne kapitalistische Profitlogik!