Kommentar zu den rassistischen Mobilisierungen am 8. und 9. Februar
Nach der Spaltung des Pegida-Organisationskreises sind die Teilnehmerzahlen beider Veranstaltungen eingebrochen. Von der Bildfläche sind sie nicht verschwunden und die Nazis demonstrieren ihre Gewaltbereitschaft. Entwarnung kann nicht gegeben werden.
von Michael Koschitzki
Zweitausend sollen am Montag Abend laut Polizei bei Pegida auf dem Neumarkt gestanden haben. Einige halten das in ihren Schätzungen für etwas niedrig und reden von 3000. Im Vergleich zum Zenit von Pegida ist das aber ein deutlicher Rückgang – doch müssen wir weiterhin dafür sorgen, dass rassistische Demonstrationen von mehreren Tausend keine Normalität werden.
Lutz Bachmann übernahm die Begrüßung der Demonstration. Von seinem Rücktritt war keine Rede mehr. Als Hauptredner trat Götz Kubitschek Protagonist und Schreiber der Neuen Rechten auf, der weit in die Naziszene hinein Unterstützung genießt und bereits bei Legida sprach. Über Bachmann und Legida hatte sich der Pegida-Vorbereitungskreis gestritten und letztlich gespalten. Die Uneinigkeit bestand jedoch nicht darin, ob man gegen Flüchtlinge oder den Islam hetzt. Die Frage war, wie offen man sich gegenüber Nazi-Hooligans oder den Organisatoren der noch rechteren Pegida-Ableger in Leipzig und Suhl zeigt und ob man, wie Lutz Bachmann Hitler-Selfies machen kann und trotzdem die Bewegung anführen. Die AfD hatte sich trotz der rassistischen Tiraden von Gauland schwer getan mit den Nazis, die bei Pegida mitliefen. Sie passen nicht zu ihrem Image und der Ausrichtung der Partei. Deshalb unterstützte auch die AfD die Abspaltung der Pegida Light Initiative von Kathrin Oertel und hofierte sie. Sie brachte unter dem Titel „Direkte Demokratie für Europa“ am Sonntag rund 500 Teilnehmer auf die Straße.
Die Spaltung hat die Widersprüche der unterschiedlichen Strömungen, die sich bei Pegida und dem Vorbereitungskreis zusammengetan hatten, offen gelegt. Der Teil um Oertel & Co repräsentierte stärker den rechten Rand der CDU, die AfD, Konservative und Rechtspopulisten. Bachmann, Däbritz & Co repräsentierten eher so manche Gruppen der neuen Rechten und wollten die Einbeziehung von HoGeSa, NPD usw. In dem sie die Aggression gegen Russland aufgreifen bzw wie Oertel auf die Anti-TTIP Stimmung aufspringen, versuchen sie weiterhin Menschen zu mobilisieren.
„Der Schoß ist fruchbar noch, aus dem das kroch“…
…heißt es im Epilog von Brechts „Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui“, seinem Theaterstück über Hitler und die Faschisten. Gleiches würde in einen Epilog zu Pegida passen. Der Streit im Vorbereitungsteam hatte einige Leute von den Demonstrationen abgeschreckt – doch auch wenn die Proteste jetzt auf einen harten Kern zusammenschrumpfen, ist er im Moment noch erschreckend groß. Es gibt auch noch weiterhin die konservative Schicht aus dem Kleinbürgertum, die solange ihnen keine greifbare Alternative von links aufgezeigt wird, für rassistische Ideen empfänglich sind. Bei einer Schicht haben sich rassistische Vorurteile und Ideen verfestigt. Neue rassistische Proteste gegen Flüchtlingsunterbringungen, den Islam oder unter anderen Titeln könnten jederzeit unter dem Pegida-Titel oder anderen wieder entstehen. Nazis und Rassisten haben gerade neues Selbstbewusstsein getankt und auch eine weitere Radikalisierung von Teilen der Pegida-Anhänger ist möglich. Am Freitag standen 40 Nazis in Dortmund mit Fackeln vor einer Flüchtlingsunterkunft. Solche Drohungen werden sie irgendwann umsetzen.
Widerstand entscheidend
Liest man die bürgerlichen Medien bekommt man den Eindruck, Pegida hätte vor allem Probleme mit persönlichen Streitigkeiten. Doch alles was bisher erreicht wurde, ist in erster Linie dem Widerstand gegen Rassismus auf der Straße zu verdanken. Gegenproteste haben den Druck auf Pegida erhöht und zur Differenzierung der Kräfte geführt. Die Mobilisierungen führten dazu, dass Menschen über Pegida, AfD & co, über deren Inhalte und vor allem über Alternativen redeten.
Die bundesweite und europaweite Ausweitung von Pegida konnte durch Gegenproteste enorm erschwert werden. Alle Gründungen von Ablegern wurden von massenhaftem Widerstand begrüßt. An einem Tag waren bis zu 100.000 Menschen auf der Straße. In Freiburg sollen die 20.000 Gegendemonstranten die größte Demonstration der Stadtgeschichte formiert haben. Viele junge Leute haben sich dabei engagiert. Der krude Rassismus von Pegida war ihnen zu wider.
In Europa hat auch keine Ausbreitung geklappt, sondern der Widerstand wurde exportiert. Im schwedischen Malmö demonstrierten gestern 3000 bis 5000 AntifaschistInnen gegen ein paar Dutzend Pegida-Nachahmer. In Wien stellten sich ihnen 5000 in den Weg.
Die Gegenproteste in Deutschland und auch in Dresden zeigen das Potential was besteht, wenn Organisationen, wie LINKE und Gewerkschaften wirklich entschlossen handeln, aufklären und mobilisieren würden. Sie müssten auch eine linke Alternative zu Zukunftsängsten, Wohnungsmangel und Krieg aufzeigen und die Scheinantworten von Pegida, AfD & Co entlarven. Die Rassisten könnten so wirklich zurückgedrängt und geschlagen werden.
Montags müssen wir weiter auf die Straße gehen, bis alle Pegida-Ableger verschwinden. Ein Angebot für einen bundesweiten Protest gibt es in Dresden am 28. Februar, wo von den Dresdner Initiativen zu einer Demonstration „Gleiche Rechte für alle – Solidarität mit den geflüchteten Menschen“ bundesweit aufgerufen wird. Auch antifaschistische Blockaden, wie am 28. März in Dortmund werden angesichts der Bedrohung wichtig.