Über Schwarzers Twitter-Post „Alle empören sich über Pegida. Aber wer empört sich eigentlich über die Islamisten?“
Nach dem Skandal um ihre Steuerhinterziehung und dessen obskurer Verteidigung meldet Alice Schwarzer sich nun mit einem Appell zur de facto Unterstützung der rechten Bewegung Pegida zu Wort.
von Leonie Meliones, Hamburg
Die Emma-Herausgeberin fordert Verständnis für das „Unbehagen dieser überwältigenden Mehrheit der Bevölkerung“, „das berechtigte Unbehagen an dieser neuen Form des Faschismus“. Und fragt, wo die Empörung „über die Forcierung von Parallelgesellschaften mitten in Deutschland oder die Frau im Tschador mit dem verschleierten Mädchen im deutschen Baumarkt“ bleibe. „Auch dagegen müsste demonstriert werden.“
Schon 2006 bezeichnete sie in einem Interview in der FAZ das Kopftuch als eine „Flagge des Islam“, das Frauen zu „Menschen zweiter Klasse“ mache, vergleichbar mit dem Judenstern sei und verboten gehöre.
Islam und Islamisten
Mit solchen Aussagen macht Alice Schwarzer deutlich, dass sie den Islam als Religion und den Islamismus als eine rechte politische Strömung, der die Religion für seine Zwecke instrumentalisiert, gleichsetzt. Solche Positionen helfen nicht dem Kampf gegen Frauenunterdrückung in der muslimischen Welt. Sie fördern viel mehr Islamfeindlichkeit, Rassismus und alltägliche Diskriminierung und schaffen somit ein gesellschaftliches Bild, das islamistischen Kräften zuspielt.
Eine Studie des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge hat ergeben, dass unabhängig von der Religionszugehörigkeit der Wunsch nach der Chancengleichheit für die Frau unter Christen und Moslems mit 80 – 90 Prozent gleich stark ausgeprägt ist. Die Situation von muslimischen Frauen kann man nicht mit einem Verbot von Kopftüchern verbessern. Mechanismen der Unterdrückung sind ein strukturelles Problem der patriarchalen kapitalistischen Gesellschaft, die auf alle Frauen trotz und in unterschiedlichen Lebenssituationen spezifisch wirken.
Dem sollten wir einen gemeinsamen Kampf unabhängig von der Herkunft, Religion und Ethnie entgegensetzen, in dem wir uns für gute Lebensbedingungen, Bildung und höhere Löhne einsetzen. Durch die kollektive Erfahrung solcher Kämpfe können auch sexistische und rassistische Vorurteile überwunden werden.
Wie stehen Sie dazu, Frau Schwarzer?
Rechtspopulistische Kräfte wie die AfD zeichnen sich auch nicht nur durch ein offen rassistisches Programm aus. Sie kommen in einem Paket mit einem antifeministischen, homophoben und antisozialen Antlitz. So positioniert sich Pegida gegen ein „Gender-Mainstreaming“ und die AfD will per Volksentscheid über die Verschärfung der Abtreibungsgesetze abstimmen lassen, um so dem Kindermangel entgegenzuwirken. Frauke Petry von der AfD erklärt drei Kinder für jede deutsche Familie als wünschenswert, um „das Überleben des eigenen Volkes, der eigenen Nation sicherzustellen“. Die neoliberalen Maßnahmen, die sie vertreten, würden eine massive Verschlechterung der Lebensbedingungen für die Mehrheit der Bevölkerung bedeuten.
Bürgerlicher Feminismus
Was für einen Feminismus vertreten Feministinnen rund um Alice Schwarzer? Sie fordern durch schrittweise Gesetzesänderungen Fortschritte in der Gleichberechtigung zu erreichen: Bezahlung von Hausarbeit, Frauenquoten, Gleichstellungsgesetz und so weiter.
Doch bürgerlichen Feministinnen reicht es, einer Minderheit der Frauen im Kapitalismus einen Platz in der reichen Elite zu verschaffen.
Bürgerliche Spitzenpolitikerinnen und Frauen in Aufsichtsräten erfüllen aber hierbei die gleiche Funktion wie ihre männlichen Kollegen: die Interessen der herrschenden Klasse zu vertreten, die grundsätzlich von der Ungleichbehandlung der Frau profitiert.
Die Vorstellung, mehr Frauen in Führungspositionen in der männerdominierten Politik und Wirtschaft würden einiges verbessern, da Frauen frauenfreundlichere Entscheidungen treffen würden, ist weit verbreitet. Doch die Erfahrung widerlegt beides: Mit dem Namen Maggie Thatcher wird in Großbritannien immer noch arbeiterfeindliche Politik in Verbindung gebracht. Unter Angela Merkel wurde das Elterngeld eingeführt, welches gerade einkommensschwache Frauen benachteiligt.
Die Situation von lohnabhängigen Frauen kann nicht durch Stellvertreterpolitik verbessert werden, sondern nur im kollektiven Kampf der Lohnabhängigen.