Das Interview erschien zuerst am 22. Januar in der Tageszeitung jungewelt.
Das Bundesland Bremen galt schon immer als eher offen für linke Ansichten – warum, meinen Sie, will die rechte »Alternative für Deutschland« (AFD) am 31. Januar ausgerechnet dort ihren Parteitag abhalten?
Im Mai sind Wahlen. Die AfD hofft, durch die mit ihrem Parteitag verbundene Medienberichterstattung das rechte Wählerpotential in Bremen zu mobilisieren. Gerade in Bremerhaven und Bremen-Nord gibt es eine gefährliche Mischung aus sozialen Problemen und der Entfremdung von der Politik – an linken, organisierten Antworten darauf mangelt es aber. Hier konnten Rechtspopulisten und Rassisten von der DVU oder den »Bürgern in Wut« in der Vergangenheit Wahlerfolge erzielen. Zuletzt gab es auch rechte Mobilisierungen gegen Flüchtlinge in Bremen-Nord, das ein wenig ländlicher und kleinbürgerlich geprägt ist. Bei diesen Aktionen gab es personelle Überschneidungen sowohl zur AfD als auch zur aktiven Neonazi-Szene.
Wir charakterisieren die AfD als rassistisch und nationalistisch, antifeministisch und homophob, neoliberal und gewerkschaftsfeindlich. Besonders gefährlich ist, dass sie Sozialabbau, Bildungskürzungen oder eine verfehlte Wohnungspolitik für ihre rechtspopulistische Agenda ausnutzt.
Das »Bündnis gegen Rechtspopulismus und Rassismus« ist Träger des Protestes. Wer gehört diesem Zusammenschluss an?
Mittlerweile über 80 Organisationen aus Bremen und »umzu«, darunter Die Linke, der DGB und Einzelgewerkschaften sowie Vertrauensleute aus Großbetrieben wie den Stahlwerken oder der Brauerei Beck’s. Hinzu kommen migrantische Organisationen, einige Kirchengemeinden, der AStA sowie diverse linke und antirassistische Initiativen und Gruppen. Außerdem arbeiten wir gut mit dem antifaschistisch geprägten Bündnis gegen Nationalismus zusammen, das für die gleiche Demo mobilisiert.
Und die regierende SPD?
Die hat zu unserer Überraschung eine Woche nach unserem erfolgreichen Auftakttreffen mit über 100 Menschen ihr eigenes Bündnis gegründet. Der Bürgermeister hat alles mit Rang und Namen eingeladen, von CDU und Handelskammer bis zur DGB-Spitze, von Vertretern aller Religionen über den Fußballverein Werder Bremen bis zu Radio Bremen Media und Weser-Kurier. Man darf dabei nicht vergessen, dass sich auch die SPD im Wahlkampf befindet – deswegen wahrscheinlich die »eigene Demo« ein paar Tage vor unserer Großaktion gegen den AfD-Parteitag. Offiziell begründet wurde die Spaltung damit, dass man ja nicht gegen eine »demokratische Partei« demonstrieren dürfe. Wir werden natürlich trotzdem auch zur SPD-Demo gehen und dort für unseren 31. Januar werben. Wir finden es wichtig, den Zusammenhang zwischen Rechtspopulismus, Rassismus und sozialer Ungleichheit herzustellen. Dass sich die SPD nicht dazu durchringen kann oder will, sich dem anzuschließen, ist enttäuschend. Allerdings auch nicht überraschend, wenn man sich die Kürzungspolitik von SPD und Grünen anschaut.
Was ist bis zum Parteitag geplant?
Wir waren von Anfang an in der heißen Mobilisierungsphase. Wir hängen Hunderte Plakate auf und verteilen Zehntausende Flugblätter in Betrieben, Schulen und in der Stadt. Über Facebook haben schon 3.000 Menschen zugesagt – und das, bevor das erste Plakat draußen hing! Es gibt außerdem eine Reihe von Veranstaltungen zu AfD, »Pegida« und der neuen Rechten.
Und wie geht es danach weiter?
Wir wollen unsere Zusammenarbeit auch über den Parteitag und die Gegendemo hinaus fortsetzen. »Pegida« hat angekündigt, im Februar die ersten »Spaziergänge« auch in Bremen zu organisieren. Außerdem haben wir von dem Vorschlag einer bundesweiten Demo am 28. Februar in Dresden erfahren. Da werden wir sicherlich hinmobilisieren. Wir haben jetzt den Vorteil, ein breites Bündnis mit einer guten Infrastruktur zu haben – gute Voraussetzung für einen effektiven Kampf gegen Rassismus und Rechtspopulismus und für Solidarität und soziale Gerechtigkeit.