Interview mit Katie Quarles, Vertrauensfrau der Minnessota Nurses Association am United Hospital in St. Paul, Minnesota über die Kämpfe einer neuen Krankenschwester-Gewerkschaft in den USA.
Warum haben Krankenschwestern in den USA in den letzten Jahren eine neue Gewerkschaft gegründet?
Es kam zu einer Spaltung innerhalb der American Nurses Association (ANA), die traditionell eher ein Berufsverband als eine Gewerkschaft war, jedoch in einigen Bundesstaaten Tarifverträge verhandelte. In den meisten Ländern nicht, da organisierte die Gewerkschaft SEIU auch Krankenschwestern. Weil sich KollegInnen der California Nurses Association (CNA) aber weder von der ANA noch der SEIU ausreichend kämpferisch vertreten fühlten, sind sie aus ANA ausgetreten, haben sich fortan unabhängig organisiert und begonnen einen neuen kämpferischen nationalen Verband zu gründen: die National Nurses United (NNU). In mehreren anderen Bundesstaaten haben sich seitdem die Nurses Associations vom ANA getrennt und sich den NNU angeschlossen.
Was würden Sie zu dem Vorwurf sagen, dass die NNU-Gewerkschaften die Krankenhausbelegschaften spalten?
In einigen Krankenhäusern kamen Krankenpfleger auf die California Nurses Association (CNA) zu, die bei der SEIU organisiert waren, aber unzufrieden waren mit der mangelnden Kampfbereitschaft der Führung und deren Zusammenarbeit mit den Krankenhaus-Leitungen. Sie wollten sich lieber in der kämpferischeren CNA organisieren. Da muss sich die SEIU-Führung wohl an die eigene Nase packen, wenn ihr Mitglieder davon laufen. Natürlich brauchen wir möglichst große Geschlossenheit im Kampf für Verbesserungen. Aber wenn die Einheit in einer angepassten Gewerkschaft dazu führt, dass gar nicht erst gekämpft wird, ist man vielleicht einfach dazu gezwungen, andere Wege zu gehen.
Was hat die NNU erreichen können und durch welche Mittel?
Die NNU führt vor allem einen politischen Kampf, um gesetzliche Personalbemessungen festzuschreiben, also klar festzulegen, wie viele PatientInnen eine Pflegekraft maximal betreuen muss. Bisher ist diese Kampagne nur in Kalifornien erfolgreich gewesen. Das hat vor allem damit zu tun, dass die CNA viele Protestaktionen geführt hat und sich nicht von Politiker-Versprechen hat hinhalten lassen. In anderen Ländern wie Massachusetts war die Gewerkschaftsführung aber leider bereit, schlechte Kompromisse zu akzeptieren, weil sie oftmals eine zu große Nähe zur Demokratischen Partei hat. Das zeigt, dass auch in der NNU nicht alles gut läuft und wir Mitglieder uns einbringen müssen. Die NNU konnte in den letzten Jahren die Beschäftigten in vielen neuen Krankenhäuser organisieren – auch in Bundesstaaten mit Anti-Gewerkschafts-Gesetzen, wie Texas und Florida. Das ist ein wichtiger Schritt, um in den ganzen USA gemeinsam unsere Interessen zu vertreten.
Kürzlich hat es beeindruckende Streiks von Pflegekräften im Zusammenhang mit der Ebola-Epidemie gegeben? Was sind Ihre Forderungen?
Nachdem zwei Krankenschwestern in Texas an Ebola erkrankt sind, wurde klar, dass die allermeisten Krankenhäuser nicht auf einen Ebola-Patienten vorbereitet sind. Deshalb haben wir eine Kampagne begonnen und Unterschriften gesammelt für strengere Vorschriften für bessere Schutzkleidung Die Vorschriften die es im Moment vom Center for Disease Control (CDC) gibt, sind nämlich nur Vorschläge – die Krankenhäuser müssen sich nicht daran halten.
Deshalb haben wir am 12. November einen Aktionstag organisiert mit Streiks in Kalifornien und Washington, D.C. Am 14. November hat die Occupational Safety and Health Administration (OSHA) im Bundesstaat Kalifornien neue Richtlinien herausgebracht an denen sich Krankenhäuser nun halten müssen. Diese haben unsere Forderungen nach bestimmter verpflichtender Schutzkleidung und anderer Schutzmaßnahmen aufgegriffen.
Dieser Erfolg wurde erreicht trotz Widerstand der Krankenhaus-Leitungen, die sich mehr für ihre Profite interessieren als für die Gesundheit ihrer Krankenschwestern.
Was möchten Sie den Kolleginnen und Kollegen der GDL in Deutschland sagen?
Die Erfolge, die die NNU hat gewinnen können, kamen daher, dass wir gekämpft haben. Kämpfen lohnt sich! Ich wünsche euch viel Erfolg!
Das Interview ist der Streikzeitung Ja zum GDL-Arbeitskampf – Nein zum Tarifeinheitsgesetz entnommen. Das Interview führte Sascha Stanicic.