Gemeinsam kämpfen statt sich spalten lassen
Seit Wochen machen LokführerInnen und andere mit Streikmaßnahmen auf ihre Forderungen aufmerksam: Sie wollen fünf Prozent mehr Lohn, zwei Stunden Arbeitszeitverkürzung pro Woche und weitere Maßnahmen, die die KollegInnen entlasten sollen.
von Christian Walter, Aachen
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) sollte sich solidarisch zeigen! Stattdessen machen nicht nur der Arbeitgeber Deutsche Bahn und tendenziöse Medienberichte Druck, sondern auch ver.di-Chef Frank Bsirske. Dieser kritisierte die Standhaftigkeit der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) und sagte: „Am Ende geht das zu Lasten der Beschäftigten wie der Kundinnen und Kunden der Bahn.“
Doch gerade diese Standhaftigkeit führt dazu, dass nicht mehr nur LokführerInnen sich in der GDL organisieren wollen. Immer mehr KollegInnen des Zugpersonals treten zur GDL über, die zwar Mitglied im Deutschen Beamtenbund (DBB) ist, aber deutlich kämpferischer auftritt als die im DGB organisierte Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG). In der aktuellen Tarifauseinandersetzung fordert diese zwar sechs Prozent mehr Lohn beziehungsweise mindestens 150 Euro mehr. Die Frage der Arbeitszeitverkürzung und einer deutlichen Entlastung der Beschäftigten greift sie jedoch nicht auf. Zudem hat sie bisher auf Streikaufrufe, die den Forderungen Nachdruck verleihen könnten, verzichtet.
Nein zur Tarifeinheit
Dieser Konflikt spiegelt im Kleinen, was auf uns alle zukommt: Mit dem Gesetz zur sogenannten Tarifeinheit will die Bundesregierung nur noch der jeweils stärksten Gewerkschaft im Betrieb erlauben, Tarifverträge abzuschließen. Genau das fordert auch die Bahn im aktuellen Konflikt: EVG und GDL sollen ihre Mitgliederzahlen offenlegen. Entscheiden soll dann die in der jeweiligen Berufsgruppe stärkere Gewerkschaft.
Es ist richtig, dass die GDL in der gegenwärtigen Situation an der sogenannten Tarifpluralität festhält. Solange kein Zusammenschluss der Gewerkschaften mit dem Ziel einer konsequenten Interessenvertretung existiert, sollte allen Beschäftigten das Recht auf Wahlfreiheit zugestanden werden: Wahlfreiheit darüber, in welcher Gewerkschaft man sich organisiert und welcher Tarifvertrag für einen gelten soll.
Derzeit gilt es, für einen solidarischen Umgang miteinander seitens GDL und EVG einzutreten. Mit abgestimmten Aktionen könnte der Druck auf den Vorstand erhöht werden. Denn der Gegner ist derselbe: Ein Bahn-Management, das weiter auf Gewinne, Privatisierungen und einen Börsengang setzt.
Solidarität mit den Streiks!
Der Ton gegenüber Streik-Aktivitäten wird härter. In den Medien sowieso, aber auch GDL-Streikposten müssen sich einiges anhören. Dabei sind nicht sie es, die den Verkehr lahmlegen! Es ist das Bahn-Management, das sich querstellt und dessen Politik die KollegInnen zu Streikmaßnahmen zwingt.
SAV-Mitglieder haben sich wiederholt solidarisch mit den Streikenden gezeigt. In Linksjugend [’solid], DIE LINKE und Gewerkschaften haben wir uns für Solidaritätserklärungen eingesetzt und diese auch überbracht. Dabei hat sich oft gezeigt, wie dankbar die KollegInnen sind, ermutigende Worte zu hören.
Viele Medien bringen Berichte, wonach die LokführerInnen riesige Gehälter hätten (was, auch im europäischen Vergleich, unwahr ist). Es werden Menschen zitiert, die wegen der Streiks zu spät zur Arbeit kommen (wobei der Bahn-Normalbetrieb ja häufig alles andere als pünktlich ist und unter einem Börsengang noch mehr leiden würde!). Die Hetze von Medien und Politikern nimmt zweifelsohne zu. Umso wichtiger ist es, die kämpfenden KollegInnen zu unterstützen!
Wir rufen unsere LeserInnen auf, bei den nächsten Ausständen die Streikposten zu besuchen, mit ihnen zu reden und sie wissen zu lassen, dass es ebenso solidarische Menschen gibt.