Über 50 TeilnehmerInnen versammelten sich am Brandenburger Tor
Für den 28. Oktober rief die irische Frauenrechtsorganisation ROSA(for Reproductive rights, against Oppression, Sexism and Austerity) zu einem internationalen Aktionstag auf, um für das Recht auf Abtreibung und gegen die Diskriminierung der Frau zu kämpfen.
von Tim Brandes, Berlin
Der 28. Oktober war der zweite Todestag von Savita Halapannavar. Die in Irland lebende Ärztin hatte vor zwei Jahren mehrfach vergeblich um einen Schwangerschaftsabruch gebeten, da sie unter starken Schmerzen litt und der Fötus nicht lebensfähig war. Er wurde ihr verweigert, da „Irland ein katholisches Land“ sei. Sie starb am 28.Oktober 2012 an den Folgen einer Blutvergiftung – ein Tod der durch eine eindeutige und praktikable Gesetzgebung hätte verhindert werden können.
Auch in Berlin sind etwa 50 Demonstranten dem Aufruf der Berlin-Irish Pro Choice Solidarity, der Linksjugend [’solid] Kreuzkölln und dem International Activists Network(IAN) gefolgt und haben sich vor dem Brandenburger Tor in Solidarität mit den Frauen in Irland, die unter der menschenrechtsverletzenden Politik leiden müssen, versammelt.
In drei Reden wurde darauf hingewiesen, dass „12 Frauen täglich Irland für eine Abtreibung verlassen“, viele sich das jedoch gar nicht leisten können und in medizinisch fragwürdigen Einrichtungen solche Eingriffe vornehmen lassen, illegal. Aber das sei nur die Spitze des Eisberges. Eine Rednerin des IAN hat auf ähnliche Zustände in anderen Teilen Europas hingewiesen. Und auch hier in Deutschland, wo Schwangerschaftsabbrüche weitestgehend unbestraft vollzogen werden, „sind die Abtreibungsgegner“ von AFD und Co., „wieder auf dem Vormarsch“. Außerdem finden sich Frauen weiterhin tagtäglichem Sexismus und Diskriminierung ausgesetzt, „verdienen immer noch 23% weniger als Männer [und] leisten täglich 100 Minuten mehr Arbeit im Haushalt“. Jede dritte Frau wird Opfer von sexueller Gewalt. Emanzipation und Gleichberechtigung sieht anders aus!
In rot gekleidet, haben sich die DemonstrantInnen mit schwarzen Klebeband Kreuze auf Münder geklebt, um darauf aufmerksam zu machen, dass die Rechte der Frauen verletzt und sie mundtot gemacht werden. Die Farbe rot lehnt symbolisch an die Praxis irischer Frauen an, die wegen einer Abtreibung nach Großbritannien fliegen. Sie tragen ein rotes Kleid, damit sie für Unterstützende erkennbar sind. Anlässlich Savitas Todestags wurde eine Schweigeminute abgehalten.
Der Protest fand unweit eines Gebäudes der europäischen Kommission statt. Das passt ganz gut, da die EU zwar das Abtreibungsverbot als Verletzung grundlegender Menschenrechte anerkennt, jedoch nichts unternimmt um dies zu ändern, während sie bei Kürzungen in Irland nicht so zimperlich sind.
In Irland rief ROSA in Anlehnung an eine Aktion der 70er Jahre, in denen Verhütungsmittel illegaler Weise nach Irland gebracht wurden, dazu auf, Abtreibungspillen nach Dublin zu bringen. Im Zug fuhren sie von Belfast nach Dublin, wo die anwesenden AktivistInnen bei einem Protest öffentlich die Abtreibungspille schluckten, um zu zeigen, wie ungefährlich sie ist. Die Aktion wurde von mehreren Frauenrechtsgruppen und Abgeordneten der Socialist Party unterstützt. ROSA startet jetzt eine Kampagne für ein Referendum zum achten Verfassungszusatz, der das Recht auf Abtreibung verhindert, im Frühjahr 2015.
Auch in Athen, Bangalore, Belfast, Boston, Brüssel, London, Melbourne, Nicosia, New York, Ottawa, Rom, Stockholm, Tel Aviv und Warschau wurden Protestaktionen meistens vor irischen Botschaften abgehalten.
Dokumentiert: Aufruf der Berliner Aktion in Englisch und Deutsch
Berlin Irish Pro Choice Solidarity call for the repeal of the 8th amendment of the Irish Constitution.
Berlin Irish Pro Choice Solidarity are Irish Berlin-based activists, campaigning for a liberalisation of Ireland’s (North and South) highly restrictive abortion laws.
Last July, the chair of the United Nations Human Rights committee said that Irish abortion law treats women as a “vessel and nothing more”.
Every year at least 5,000 women leave Ireland every year at huge personal and financial cost to procure a termination in the UK or further afield.
Marginalised women (asylum-seekers, women of lower socio-economic status, women with certain disabilities, etc.) have to bear the full burden of the State’s abortion ban, whereas privileged women may circumvent it, but often at a significant financial and emotional cost.
One such case occured merely a few months ago in Ireland. A raped, suicidal, pregnant asylum seeker was denied a termination in the 8th week. She protested this by going on hunger strike but was force-fed and a caesarian section was performed in the 25th week.
Two years ago this month, Savita Halapannavar, a dentist from India. 17 weeks pregnant, made requests for termination as she was in severe pain and miscarrying an unviable foetus. She died as a result of this on October 28 2012 – a death that could have easily been avoided if there had been clear, practicable legislation in place.
On October 28th 2014, the second anniversary of the death of Savita Halapannavar we will mark this tragedy with a protest at 5pm at the Brandenburg Gate in Berlin. Abortion is still illegal in Ireland and it is likely that more women will suffer if not die because of this ban.
We demand that Ireland bring its laws on abortion in line with internationally recognised human rights norms and European Court of Human Rights rulings.We ask for your support in pressurising the Irish government to do so.If they don’t repeal the 8th amendment we support the demand for a referendum in spring 2015.
***PEOPLE ARE ENCOURAGED TO COME DRESSED IN RED*** In the 1980’s, when the right to travel was criminalised, Irish women travelling to England would often be met by other women living there who would dress in red so that the visiting women would recognise them. These women dressed in red would meet them when they arrived and often support them during their stay – either by offering them a place to stay or some financial support.
Thanks to local organisations Linksjugend [’solid] Berlin Kreuzkölln and the International Activist Network for their help in coordinating this protest in solidarity with the ROSA international day of activism to repeal the 8th referendum.
Aufruf zum Protest in Berlin für das Recht auf Abtreibung in Irland
Internationaler Aktionstag und weltweite Proteste vor irischen Botschaften & Konsulaten.
28. Oktober, Brandenburger Tor Berlin, 17 Uhr
Berlin Irish Pro Choice Solidarity fordern die Aufhebung der 8. Verfassungsänderung der irischen Verfassung.
Berlin Irish Pro Choice Solidarity sind irische Aktivist_innen aus Berlin, die sich für eine Liberalisierung des äußerst restriktiven Abtreibungsrechts in Irland (Nord und Süd) einsetzen.
Im Juli sagte der Vorsitzende des UN-Menschrechtsausschusses, das irische Abtreibungsrecht behandele Frauen „als nichts anderes als Gefäße“.
Jedes Jahr verlassen mindestens 5 000 Frauen Irland unter großem persönlichem und finanziellem Aufwand, um in Großbritannien oder noch weiter entfernt abzutreiben.
Marginalisierte Frauen (Asylsuchende, sozioökonomisch benachteiligte Frauen, Frauen mit bestimmten Behinderungen etc.) tragen die volle Belastung durch das staatliche Abtreibungsverbot, wohingegen privilegierte Frauen dieses unter Umständen umgehen können, wenngleich zu einem hohen finanziellen und emotionalen Preis.
Erst vor wenigen Monaten kam es in Irland zu einem solchen Fall. Einer auf Grund einer Vergewaltigung schwangeren und selbstmordgefährdeten Asylsuchenden wurde ein Abbruch in der achten Schwangerschaftswoche verweigert. Aus Protest trat sie dagegen in einen Hungerstreik – aber die Behörden ließen sie zwangsernähren und in der 25. Woche wurde ein Kaiserschnitt durchgeführt.
Ende Oktober vor zwei Jahren bat Savita Halapannavar, eine in Irland lebende indische Zahnärztin, in der 17. Schwangerschaftswoche mehrfach vergeblich um einen Abbruch, da sie unter starken Schmerzen litt und der Fötus nicht lebensfähig war. Sie starb am 28. Oktober 2012 an den Folgen einer Blutvergiftung – ein Tod der durch eine eindeutige und praktikable Gesetzgebung hätte verhindert werden können.
Am 28. Oktober 2014, dem zweiten Jahrestag des Todes von Savita Halapannavar, werden wir um 17 Uhr mit einem Protest am Brandenburger Tor in Berlin auf diese Tragödie aufmerksam machen. Abtreibung ist in Irland nach wie vor illegal und es ist davon auszugehen, dass weitere Frauen auf Grund dieses Verbots leiden oder sogar sterben werden.
Wir fordern, dass Irland seine Gesetze mit den internationalen anerkannten Menschenrechtsnormen und den Urteilen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in Einklang bringt. Wir bitten um ihre und eure Unterstützung, die irische Regierung dazu zu zwingen, dies zu tun. Wir unterstützen die Forderung nach einem Referendum im Frühjahr 2015, sollte die achte Verfassungsänderung nicht aufgehoben werden.