Der Freistaat steuert auf eine bildungspolitische Katastrophe zu
Trotz Unwetterwarnung beteiligten sich am 8. Juli in ganz Sachsen hunderte Menschen an Protesten gegen den Lehrermangel im Freistaat. Zu den Protesten hatte der Landeselternrat aufgerufen, unterstützt wurde er dabei von Lehrerverbänden und der DGB-Gewerkschaft GEW.
von Steve Kühne, Dresden
Auch eine für Sachsen für den 8. Juli herausgegebene Unwetterwarnung hielt die ProtestiererInnen nicht davon ab, gegen Lehrermangel auf die Straße zu gehen. Warum auch? Die Situation in Sachsen ist schon seit Jahren bedenklich und steuert auf einen bildungspolitische Katastrophe zu.
Nachdem im Zuge der Wiedereinführung des Kapitalismus in Ostdeutschland Anfang der 90er Jahre die Geburtenrate auf ein historisches Tief sank, versuchten konservative Regierungen diesen durch sie verschuldeten Zustand als Legitimation für beispiellose Einsparungen im Bildungssystem zu benutzen. Ende der 90er Jahre jagte eine Schulschließung die andere, auch Proteste bis hin zu Schülerstreiks konnten die CDU-geführten Landeskabinette davon nicht abbringen.
Inzwischen rächt sich diese Politik, Schulen in Sachsen fehlen und müssen für Millionen neu gebaut werden.
Ähnlich dramatisch wird es wohl auch in der Frage der Lehrereinstellungen werden. ReferendarInnen wurden über Jahre hinweg in Sachsen nicht übernommen, sie hatten nur die Wahl zwischen Abwanderung und Arbeitslosigkeit. Mitglieder der SAV beteiligten sich in den Jahren 2008/09/10 führend an der Organisation von Protesten von ReferendarInnen in Dresden.
Nun beginnt die Situation in Folge dieser Politik brenzlig zu werden. Es fehlen LehrerInnen, doch das Kultusministerium stellt weniger neue KollegInnen ein, als in Rente gehen. Im Grunde nichts anderes als ein gewaltiges Sparprogramm. Die Folgen: Im Stadtteil Dresden-Klotzsche musste unlängst ein Gymnasium die Fünfzügigkeit aufgeben und unterrichtet nun die gleiche Anzahl von SchülerInnen vierzügig.
Eine Sprecherin des Kreiselternrates Meißen erklärte gegenüber sozialismus.info, dass die Gymnasien angewiesen worden sind, Leistungskurse zusammenzulegen; in der Sekundarstufe I sei, wie kurz nach der „Wende“, wieder mit Klassenstärken von 30 bis 32 SchülerInnen zu rechnen.
Das Problem wird Sachsen erhalten bleiben und hoffentlich auch der Protest dagegen. Den gilt es nach Ende der ins Haus stehenden Sommerferien erheblich zu intensivieren, will man die berechtigten Forderungen durchsetzen. Dazu stehen die Chancen zurzeit so gut wie lange nicht. Denn nicht nur in den Schulen brodelt es, auch an den Unis in Sachsen gibt es Proteste gegen weitere Einsparungen. Allein an der TU Dresden sollen 1.000 Stellen gestrichen werden, was die Qualität der Lehre erheblich gefährden würde. Schon jetzt sind die Hörsäle überfüllt.
Leider ist von einer Vereinheitlichung der Proteste, so nahe diese auch liegen mag, allerdings bislang wenig zu spüren. In der Pflicht wären gerade auch Organisationen wie die GEW und DIE LINKE. Mitglieder der SAV werden sich für genau diesen Weg einsetzen und innerhalb der Strukturen von GEW und LINKE dafür eintreten. Nötig ist dieser Schritt allemal, sonst geht die sächsische Bildung auch ganz ohne Unwetterwarnung auf die Dauer baden.