Vor den Betriebsratswahlen beim Charité Facility Management (CFM) in Berlin. Interview mit Maik Sosnowsky.
Im Jahr 2011 streikten Beschäftigte der teilprivatisierten und ausgegliederten Dienstleistungstochter des Universitätsklinikums Charité – Charité Facility Management (CFM) – drei Monate für die Einführung eines Tarifvertrags. Damals erreichten sie einen Mindestlohn von 8,50 Euro im Betrieb, aber keinen Tarifvertrag. Nach Wiederaufnahme der Arbeit wurden viele StreikteilnehmerInnen schikaniert und unter Druck gesetzt und die Arbeit des Betriebsrats immer wieder behindert. Gleichzeitig weisen Recherchen von ver.di und einem Redaktionsteam des RBB daraufhin, dass die Geschäftsleitung sowohl unrechtmäßigen Einfluss auf die letzten Betriebsratswahlen genommen hatte, als auch eine Betriebsrätin, die zum Streikbruch aufgerufen hatte mit einer 50-prozentigen Lohnerhöhung belohnt hatte. Im Mai stehen wieder Betriebsratswahlen bei der CFM an. Ver.di will zusammen mit der in diesem Betrieb kämpferisch ausgerichteten Gewerkschaft gkl eine Mehrheit erreichen, die sich konsequent für die Interessen der Beschäftigten einsetzt. Für sozialismus.info sprach Sascha Stanicic mit dem ver.di-Aktiven und Betriebsrat Maik Sosnowsky.
Bei der CFM stehen Betriebsratswahlen an. In den Medien waren gegen die Geschäftsleitung Vorwürfe erhoben worden, diese habe bei den letzten Betriebsratswahlen unrechtmäßigen Einfluss genommen und sie behindere die Tätigkeit von Betriebsräten. Gibt es derzeit Probleme bei der Durchführung der Wahl?
Wer sagt, eine Betriebsratswahl könne generell ohne Probleme durchgeführt werden, der hat noch nie eine organisiert und durchgeführt. Aber in der CFM sind die Probleme immer ein wenig spezieller. So teilte der Arbeitgeber dem Wahlvorstand mit, dass er sich vorbehalten wird das Entgelt bei einzelnen seiner Mitglieder wegen deren Arbeit im Wahlvorstand zu kürzen. Der Hintergrund, so teilte es der Arbeitgeber mit ist, dass im Wahlvorstand auch drei schon für die Schwerbehindertenvertretung und für den Betriebsrat freigestellte Kollegen sind, die aus Sicht des Arbeitgebers die Arbeit im Wahlvorstand vorrangig erledigen sollen. Für die Schwerbehindertenvertretung würde das z.B. bedeuten, dass die Betreuung der schwerbehinderten Menschen unmöglich werden würde, da ja das Büro des Wahlvorstands ständig besetzt sein muss und viel formeller Schreibkram es unmöglich macht sich noch mit anderen Dingen zu beschäftigen. Aus diesem Grund hatte der Wahlvorstand auch beschlossen, gerade nicht die schon freigestellten Betriebsrats- und Schwerbehindertenvertretungs-Mitglieder mit dieser Arbeit zu betrauen, sondern die weiteren zwei Kollegen, die nicht in weiteren Funktionen tätig sind. Die Androhung von Entgeltabzug führte dann auch dazu, dass sich Mitglieder des Wahlvorstands eingeschüchtert fühlten und Angst hatten am Ende des Monats ohne Lohn dazustehen. Der Wahlvorstand wandte sich mit diesem Problem dann auch umgehend an die Belegschaft und an die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften. Nur einen Tag später wurde dem Wahlvorstand dann mitgeteilt, dass wohl alles ein großes Missverständnis ist und die Geschäftsführung keine Absicht habe den Wahlvorstand einzuschüchtern oder die Wahl zu behindern. Solche Missverständnisse kennen wir ja in der CFM nur zu Hauf. Missverständnisse die zu Entgeltabzug bei Betriebsräten oder gar zu dessen Kündigung führen, haben wir in de letzten Jahren in der CFM mehr als genug gehabt.
Wo drückt denn den Beschäftigten bei der CFM besonders der Schuh?
Pauschal lässt sich das kaum sagen. Die Probleme sind so vielfältig, wie das Aufgabenspektrum der CFM selbst. Das größte Problem ist und bleibt der tariflose Zustand. Klare Regelungen die das Miteinander von Arbeitnehmer und Arbeitgeber regeln. Einklagbare Rechtsansprüche, die die Situation für den einzelnen Beschäftigten verbessern. Für uns als ver.di in der CFM wird es weiterhin das wichtigste Ziel sein, die Einkommens- und Arbeitsbedingungen zu verbessern. Wir haben 2011 den Kampf um ein Einkommen zum Auskommen begonnen und dieser ist noch lange nicht zu Ende. Es kann nur als Etappenziel verstanden werden, dass nun eine Lohnuntergrenze von 8,50 Euro existiert. Die Kolleginnen und Kollegen in der CFM haben eine wichtige Arbeit. Sie sorgen dafür, dass es überhaupt eine Krankenversorgung, sowie Forschung und Lehre an der Charité geben kann. Ohne uns läuft keine OP, ohne uns wären keine Medikamente auf den Stationen, ohne uns gäbe es kein Essen und die Heizung wäre schon lange kalt. Wie diese wichtigen Arbeiten aber honoriert werden, ist ein Armutszeugnis. Hier spart sich die Charité aber auch der Berliner Senat an den einfachen Menschen gesund. Ohne Zuschüsse vom Jobcenter könnte zum Beispiel ich von dem was die CFM zahlt meine Familie nicht durchbringen. Aber neben den Fragen von z.B. Lohn, Urlaub und Zuschlägen, sind es die Arbeitsbelastungen für die einzelnen Kolleginnen und Kollegen, die auf Dauer krank machen und nicht weiter hingenommen werden können. Gerade im Reinigungsbereich muss ähnlich, wie es in der Pflege gerade diskutiert und gefordert wird der Schutz der Gesundheit wieder in den Vordergrund gestellt werden. Die tägliche Überlastung der Kolleginnen und Kollegen in der Reinigung muss gestoppt werden. Hier kann ich mir eine Deckelung der Quadratmeter pro Stunde bezogen auf die jeweilige Flächenkategorie (z.B. Büro, Station, OP usw.) gut vorstellen. Eine solche Deckelung würde die Kolleginnen und Kollegen entlasten und gleichzeitig für mehr Qualität und damit weniger Problemen in der Krankenhaushygiene führen. Gerade dies sollte auch im Interesse aller Menschen liegen und somit umgesetzt werden.
Der derzeitige Betriebsratsvorsitzende gehört zur Liste „Frischer Wind“, der eine Arbeitgebernähe nachgesagt wird. Für welche Inhalte stehen die Kandidatinnen und Kandidaten von ver.di?
Die Frage würde ich gern mit einem Wort beantworten: „Solidarität“.
Solidarität ist das, was uns als Kolleginnen und Kollegen in der CFM die sich in Gewerkschaften zusammengeschlossen haben verbindet. Dabei wird es auch egal sein, ob die Kolleginnen und Kollegen eher hinter ver.di oder der gkl berlin stehen, denn uns verbindet in der CFM das gleiche Ziel und eine intensive Partnerschaft. In einem Betrieb wie der CFM, dessen Zweck es ja hauptsächlich ist Geld für die Charité einzusparen, ist ein starker Betriebsrat überlebenswichtig. Watteballwerfer und Plüschumschlagverschicker werden die Situation der Beschäftigten nicht verbessern. Die Durchsetzung der Rechte der Kolleginnen und Kollegen braucht Menschen, die sich auch nicht davor scheuen ggf. auch die Gerichte anzurufen. Die Geschäftsführung agiert bei uns ja nicht wie in einem Streichelzoo. Deswegen werden wir uns, wie auch in der Vergangenheit schon durch uns gelebt, gezielt für die Umsetzung und Durchsetzung der Rechte jeder einzelnen Kollegin und jedes einzelnen Kollegen einsetzen. Es gibt viele Baustellen, die nicht mit netten Worten zu lösen sind. Das Thema Dienstplanung ist da nur eines der Themen, die geklärt werden müssen. Vieles konnten wir in den letzten vier Jahren aufgrund fehlender Mehrheiten nicht durchsetzen, wir hatten ja nur 3 von 21 Sitzen im Betriebsrat. Aber die Konkurrenz schläft auch diesmal wieder nicht. Wie sich zeigt, wird es wieder Listen geben, die diese Ziele so nicht mit uns teilen.
Schon jetzt ist klar, dass sieben Listen zur Wahl antreten. Hierunter auch wieder der „Frische Wind“ und weitere gewerkschaftsferne Listen, die von uns sehr skeptisch betrachtet werden. Als ver.di in der CFM treten wir mit drei Listen an. Dies hat aus unserer Sicht Sinn gemacht, da sich für ver.di mehr als 70 Kandidaten aufstellen lassen wollten. So wird es bei dieser Wahl je eine Liste von ver.di für den Standort Mitte, Benjamin Franklin und Virchowklinikum geben die aber gemeinsam antreten und nicht gegeneinander. Alle unsere Listen treten unter dem Motto „jetzt mal ehrlich!“ an und stehen für unsere Mitglieder und Vertrauensleute vor Ort. Denn Ehrlichkeit im Umgang mit den Menschen in der CFM ist längst überfällig.
Wird der Ausgang der Betriebsratswahl auch Einfluss auf die Beendigung des immer noch tariflosen Zustands bei der CFM nehmen können?
Wir sehen die Betriebsratswahl als Gradmesser für unsere weiteren Bemühungen. Die Mitarbeiter haben mit Ihrer Stimme die Wahl, ob sie durch eine starke Organisation mehrheitlich im Betriebsrat vertreten werden wollen oder weiterhin mit schönen Worten vertröstet werden. Die Wahl des Betriebsrats hat zwar erst mal nichts mit der Tarifsituation zu tun, aber in Betrieben mit guter Tarifbindung sind es ebben die Gewerkschaftslisten, die normalerweise mehrheitlich den Betriebsrat stellen. Wir sind schon 2011 ein hohes Risiko eingegangen, in dem wir einen Streik gefahren haben, ohne die entsprechenden Mehrheiten im Betriebsrat. Der Betriebsrat muss sich zwar aus dem Arbeitskampf raus halten und darf keine Tarifverträge abschließen, da er neutral ist. Dennoch ist ein guter Betriebsrat nach einem Streik die Rückversicherung, dass Kolleginnen und Kollegen nicht Spießrutenlaufen müssen. Ein gutes Ergebnis bei der Betriebsratswahl für die Gewerkschaften ist der Rückenwind für eine Tarifbewegung, die dann endlich einen guten Tarifvertrag für die CFM zu Abschluss bringt.