Paul Murphy aus Irland tritt wieder zur Europawahl an
Für SozialistInnen ist das Parlament eines von vielen Kampffeldern im Streit für die Interessen der arbeitenden Menschen und Armen. Es ist nur ein Terrain im Kampf für eine freie sozialistische Gesellschaft. Und nicht einmal das Wichtigste – denn die wirklich wichtigen Entscheidungen werden in den Chefetagen der Banken und Konzerne getroffen. Deshalb nannte Karl Marx bürgerliche Parlamente einmal verächtlich „Schwatzbuden“.
von Marcus Hesse, Aachen
Für das Europäische Parlament gilt das umso mehr. Dieses Parlament ist weitaus machtloser als jedes nationale Parlament – es hat nicht mal ein Initiativrecht bei Gesetzen. Alle wirklichen Entscheidungen werden von der undemokratischen EU-Kommission getroffen. Doch das europäische Parlament ist dennoch ein wichtiger Ort, wird hier doch über alles Wichtige innerhalb der Europäischen Union (EU) debattiert. Eine EU, in deren Namen neoliberale Angriffe, Aufrüstung und allerlei Angriffe auf die Lebensverhältnisse der Menschen in EU-Europa durchgeführt werden. Das EU-Parlament ist auch das Parlament, mit der höchsten Lobbyistendichte. Alleine dies erklärt, warum es wichtig ist, als AntikapitalistIn und SozialistIn in dieser Höhle des Löwen aktiv zu sein.
Kämpfer ohne Privilegien
Paul Murphy aus Irland, von der SAV-Schwesterorganisation Socialist Party (SP), ist mit gerade einmal 31 Jahren Abgeordneter des Europaparlaments. Als Teil der Fraktion der Europäischen Linken, der auch die Partei DIE LINKE angehört. Dass die SP ein Mandat im Europaparlament erobern konnte, verdankt sie ihrer Verankerung in Protestbewegungen und Kampagnen, wie zum Beispiel einem Boykott aus Protest gegen die Erhöhung der Müllsteuer, für die Joe Higgins von der SP sogar inhaftiert wurde. So gelang es der SP im Jahre 2009, ins Europaparlament einzuziehen. Zunächst durch den in Irland sehr bekannten Joe Higgins. Als dieser 2011 wieder ins nationale Parlament gewählt wurde, folgte Paul Murphy ihm nach. Paul lebt maximal von einem durchschnittlichen Facharbeiterlohn und spendet jeden darüber hinausgehenden Euro für den politischen Kampf. Sämtliche Privilegien und Käuflichkeit weist er zurück, gemäß den Prinzipien der revolutionären Arbeiterbewegung. Paul Murphys Rolle ist die eines Anklägers der herrschenden Ordnung. Sein Anspruch ist, die etablierten Politiker und das Establishment mit Worten frontal zu attackieren und bloßzustellen. Für diese Reden, die man sich bei Youtube und auf seiner Website anschauen kann, gewährt ihm diese „Schwatzbude“ meist nur eine knappe Redezeit von einer Minute. Eine Zeit, innerhalb der es ihm des öfteren gelungen ist, die anderen Fraktionen bis zur Weißglut zu reizen. Paul ist aktiv in einem Parlamentsausschuss, der sich mit Menscherechten und Handel befasst. Paul prangerte bei Debatten über Handelsabkommen mit Ländern wie Kolumbien den Mord an GewerkschafterInnen an. Ebenso konnten durch ihn verfolgte TamilInnen aus Sri Lanka sowie von staatlicher Verfolgung betroffene Linke und streikende Ölarbeiter aus Kasachstan dort sprechen.
Aktiv in Bewegungen weltweit
Für SozialistInnen im Parlament ist der Platz in den realen Bewegungen und Kämpfen. Paul nutzte sein Mandat für aktive Solidaritätsarbeit. So reiste er während eines Generalstreiks nach Athen und sprach dort zu ArbeiterInnen. Auch war er 2013 auf dem Taksim-Platz und im Gezi-Park dabei. Aktiv unterstützte er den Protest von AnwohnerInnen im norditalienischen Val di Susa, die sich seit vielen Jahren gegen ein Großprojekt wehren. Über die europaweite Vernetzung trug Paul mit dazu bei, einen solidarischen Austausch dieser AktivistInnen mit der Bewegung gegen Stuttgart 21 herzustellen.
Im Sommer 2011 war er bei der Zweiten Gaza-Flotille dabei, die übers Meer Hilfsgüter nach Gaza bringen wollte und damit die israelische Blockade brechen sollte. Er wurde wie alle TeilnehmerInnen von der israelischen Marine gestoppt und mehrere Tage inhaftiert und dann abgeschoben.Wichtig dabei war, dass Paul von Anfang an der Aktion eine internationalistische Ausrichtung gab, indem er eng mit unsere israelischen Schwesterorganisation zusammen arbeitete und immer wieder die Solidarität und den gemeinsamen Kampf von JüdInnen und AraberInnen betonte, als Weg zur Überwindung nationaler und religiöser Spaltung.
Besonders wichtig war die Kampagne zur Solidarität mit streikenden ÖlarbeiterInnen in Kasachstan, vor allem nachdem das autoritäre Regime von Nasarbajew (mit dem Merkel beste Beziehungen pflegt) im Zuge des Massakers von Schanaosen im Dezember 2011 mindestens 16 Menschen ermorden ließ. Paul flog selbst mehrfach nach Kasachstan. Sein Engagement für die ArbeiterInnen brachte ihm ein Einreiseverbot ein.
Zuletzt klagte Paul Murphy die Zusammenarbeit der Europäischen Volkspartei (der auch die CDU angehört) mit Faschisten in der Ukraine an und mobilisierte zu einem Protest gegen einen Auftritt der Oligarchin Julia Timoschenko in Dublin. Er nutzte außerdem die Bühne des Parlaments, um Berkin Elvans zu Gedenken und Erdogan anzuprangern.
Pauls Wiederwahl wichtig!
Irlands Aufschwung auf Pump ist vorbei und die Krise hat das Land brutal erfasst. Aber die Herrschenden verweisen auch darauf, dass dem Land griechische Zustände erspart geblieben sind. Die Bürgerlichen verkaufen das als Erfolg und verbreiten die Behauptung, dass ein Linksruck alles wieder schlimmer machen würde. Diese Angstpropaganda wirkt leider und verunsichert viele. So ist Pauls Wiedereinzug zur Europawahl nicht sicher. Immer mehr Menschen in Irland haben erkannt, dass der Kapitalismus ihnen keine Zukunft mehr bieten kann. Aber Angst, Ratslosigkeit und fehlendes Bewusstsein über eine Alternative sind ein Problem. Dazu kommt ein recht kompliziertes Wahlverfahren. Deshalb kritisiert die Socialist Party auch die Entscheidung der Socialist Workers Party (SWP) und der „People Before Profit Alliance“ ausgerechnet in diesem Wahlkreis Brid Smith als weiteren linken Kandidaten ins Rennen zu schicken.
Es ist wichtig, dass Paul Murphy am 25. Mai wiedergewählt wird, damit auch in den nächsten turbulenten Jahren des Widerstands ein kompromissloser Kämpfer wieder in der Höhle der Bestie vertreten sein wird.