Meinungsumfragen, die Mitte Mai 2013 veröffentlicht wurden, sehen DIE LINKE zwischen sechs und neun Prozent. Ein aktions- und bewegungsorientierter Wahlkampf ist nötig, um sicherzustellen, dass am 22. September neun Prozent plus x und nicht sechs Prozent minus x rauskommen. Vor allem aber muss DIE LINKE deutlich machen, was sie von SPD und Grünen unterscheidet und warum eine Stimme für DIE LINKE auch die effektivste Stimme gegen die Politik von Angela Merkel und Philipp Rösler ist.
von Sascha Stanicic, Berlin
SPD und Grüne blinken mal wieder links und reden von sozialer Gerechtigkeit. Schließlich ist Wahlkampf und beide Parteien gerade mal nicht in der Regierung. Doch wie die Gewerkschafterin Ilse Schaad bei einer Kundgebung während des Berliner Lehrerstreiks sagte: „Wahlprogrammen kann man nicht mehr trauen!“ DIE LINKE sollte deshalb von diesen beiden Hartz-IV-Parteien nicht das Einhalten ihrer Wahlversprechen fordern, sondern deutlich das aussprechen, was die meisten Menschen ohnehin wissen: Peer Steinbrück und Jürgen Trittin kann man nicht trauen. SPD und Grüne fühlen sich dem Kapitalismus (sprich: den Banken und Konzernen) verpflichtet und werden an der Regierung da weiter machen, wo sie 2005 (beziehungsweise die SPD 2009 nach den vier Jahren der Großen Koalition) aufgehört haben. Deshalb ist nur eine Stimme für DIE LINKE eine Stimme gegen Sozialabbau, Niedriglöhne, Bankenrettungsprogramme und Krieg. Um das glaubhaft zu versichern, muss DIE LINKE aber auch deutlich machen, dass sie zu keiner Regierungskoalition mit SPD und Grünen bereit ist weil dies nur auf Kosten der linken Inhalte möglich wäre und zu einer Mitverwaltung der kapitalistischen Misere auf dem Rücken der Bevölkerung führen würde.
Wenn die Führung der LINKEN aber den Eindruck erweckt, man könne mit SPD und Grünen eine soziale Politik umsetzen, dann läuft sie damit Gefahr, Menschen indirekt zur Stimmabgabe für SPD oder Grüne zu motivieren, um eine rechnerisch nicht auszuschließende rot-grüne Mehrheit zu ermöglichen.
Eigenes Profil stärken
Stattdessen sollte DIE LINKE klar und deutlich sagen: Wer auch immer aus dem pro-kapitalistischen Parteienkartell aus CDU/CSU, FDP, SPD und Grünen (und jetzt auch AfD „Alternative für Deutschland“) regiert gegen die neue Regierung wird Opposition und Widerstand nötig sein. Wer will, dass Opposition und Widerstand auch im Bundestag vertreten ist, muss DIE LINKE wählen. Damit diese Botschaft aber ankommt, sollte DIE LINKE einen Wahlkampf führen, der nicht nur um Stimmen am 22. September wirbt, sondern aktiver Bestandteil von sozialem und gewerkschaftlichem Widerstand und gesellschaftlicher Opposition ist Wahlkampf als Klassenkampf. Dazu wird es einige Gelegenheiten geben:
Solidarität mit den Beschäftigten im Einzelhandel! Die Arbeitgeber im Einzelhandel haben den Manteltarifvertrag gekündigt und wollen die Arbeitsbedingungen massiv verschlechtern. Dagegen organisiert ver.di Widerstand und Streiks. DIE LINKE sollte ab sofort im ganzen Land aktive Solidarität für die Beschäftigten im Einzelhandel organisieren. Durch Beteiligung an Streikposten, Solidaritätsaktionen von KonsumentInnen, Öffentlichkeitsarbeit et cetera.
Für den Ausbau des Gesundheitswesens! DIE LINKE fordert eine gesetzliche Personalbemessung für die Krankenhäuser, damit Pflegekräfte nicht mehr überarbeitet sind, was die PatientInnen gefährdet. An der Berliner Charité will die ver.di-Betriebsgruppe für eine tarifliche Personalbemessung kämpfen. DIE LINKE sollte bundesweit Aktionen vor Krankenhäusern durchführen, um dieser Forderung Nachdruck zu verleihen.
Kampf gegen Wohnungsnot und Zwangsräumungen! In vielen Städten steigen die Mieten ins Unermessliche, fehlt es an günstigem Wohnraum und kommt es zu immer mehr Zwangsräumungen. Aber auch der Widerstand dagegen wächst. DIE LINKE muss aktiver Teil dieses Widerstands sein und ihre Mitglieder zu Blockaden gegen Zwangsräumungen aufrufen.
Die streikenden LehrerInnen unterstützen! Nach den Sommerferien wird in mehreren Bundesländern der Kampf der angestellten LehrerInnen für bessere Lohn- und Arbeitsbedingungen weitergehen. DIE LINKE sollte eine aktive, bundesweite Solidaritätskampagne organisieren.
Kampf gegen Sexismus und Frauendiskriminierung! Linksjugend [solid] hat dieses Thema zu einem von drei Schwerpunkten für den Wahlkampf erklärt. DIE LINKE sollte die seit der Brüderle-Affäre entstandene Empörung gegen sexistische Diskriminierung aufgreifen und deutlich machen, dass ohne eine soziale Gleichstellung die Benachteiligung von Frauen nicht überwunden werden kann.
UmFAIRteilen! Das „UmFAIRteilen“-Bündnis für eine Reichensteuer plant bundesweite Demonstrationen vor dem Wahltag. DIE LINKE ist Teil des Bündnisses und sollte die Mobilisierung zu diesen Demonstrationen zu einem Wahlkampfschwerpunkt machen gleichzeitig aber ihre eigenen Forderungen und Positionen auf die Demonstrationen tragen.
Die Krise sozialistisch lösen!
Der Wahlkampf wird zweifellos auch von der Krise in Europa und der Frage des Euro bestimmt. Statt sich einfach für oder gegen den Euro auszusprechen, sollte DIE LINKE deutlich machen, dass die Ursache der Krise im kapitalistischen System selbst liegt und sie die einzige widerständlerische und unangepasste Anti-System-Partei ist, die die Verursacher der Krise (Banken und Konzerne) für die Krisenfolgen zur Kasse bitten will. Mit einer klaren Abgrenzung vom kapitalistischen Establishment und den Einheitsbrei-Parteien könnte DIE LINKE auch mehr NichtwählerInnen mobilisieren. Immerhin ist unter diesen der Anteil von Menschen, die sich selbst als „links“ einstufen, drei Mal so hoch wie in der Gesamtbevölkerung. Diese wird DIE LINKE aber nur erreichen und mobilisieren können, wenn sie unmissverständlich deutlich macht, dass sie mit den pro-kapitalistischen Systemparteien nichts gemein hat. Dazu muss sich die Partei jedoch noch ein ganzes Stück ändern. SAV-Mitglieder werden aktiv einen Beitrag dazu leisten, dass DIE LINKE einen erfolgreichen Wahlkampf schafft und sich verändert.