Medienhype um Proteste gegen das Barbie Dreamhouse
Das ursprünglich für März geplante Barbiehaus eröffnet im Mai und präsentiert auf 2.500 Quadratmetern ein Frauenbild, in dem Kochen, Schminken, Singen und Gut Aussehen die volle Erfüllung für Frauen ist. Dagegen hat die Linksjugend [’solid] Berlin Kreuzkölln die Initiative „Occupy Barbie-Dreamhouse“ gegründet. Sie planen Proteste und erfahren eine ungewöhnliche Medienpräsenz.
von Michael Koschitzki, Berlin
Erstmalig hatte die Linksjugend [’solid] Gruppe Berlin Kreuzkölln beim Aktionstag „One Billion Rising“ im Februar mit Flugblättern für eine Veranstaltung „Barbie: Eine Puppe zur Frauenunterdrückung?“ geworben. Daraus ist die Initiative „Occupy Barbie-Dreamhouse“ entstanden. Ihr gehören einige unabhängige junge Frauen und Männer sowie AktivististInnen der frauenpolitischen AG der SDAJ und Linksjugend [’solid] an.
Wofür steht das Barbie-Dreamhouse?
Der Protest richtet sich nicht gegen die Eltern, die mit ihren Kindern in die überteuerte Ausstellung gehen oder Mädchen, die mit Barbie spielen. Wobei die Initiative darauf aufmerksam macht, dass eine reale Frau mit Barbies Proportionen einen BMI von 16,24 hätte, damit magersüchtig wäre und nicht laufen könnte. Der Protest richtet sich gegen die Darstellung des Barbie Dreamhouse. Soweit bekannt ist, präsentiert das Haus vor allem Modeaccessoires und den Haushalt. Das Highlight ist ein begehbarer Kleiderschrank mit einer riesigen High-Heel Kollektion. Gegen Aufpreis kann man zwischen zwei Karrieren wählen: Model oder Popstar. Das Barbiehaus vermittelt ein Frauenbild, das Frauen auf ihr Aussehen reduziert und ihr unabhängige Entwicklungsmöglichkeiten abspricht.
Darüber hinaus ist das Barbiehaus ein Symbol für das von Medien präsentierte Frauenbild. Prosieben kürt „Deutschlands beste Barbie“ und Sendungen, wie Germanys Next Topmodel schlagen in die gleiche Kerbe wie Barbies Laufsteg.
Der Rosa Monsterklotz steht auch für einen „Rosa Rollback“ in der Gesellschaft. Sprecherin der Initiative Occupy Barbie Dreamhouse Franziska Sedlak erklärte gegenüber der Tageszeitung junge welt: „Von »Pinkifizierung« kann man durchaus sprechen. Man denke nur an das rosa Überraschungsei für Mädchen, pinkfarbene Lego-Serien oder die ganz in rosa gehaltene Kinderabteilung eines beliebigen Textilgeschäfts. Das ist jedoch noch kein Rollback zurück in alte Klischees – es wäre ja heute unvorstellbar, daß Frauen nicht mehr studieren dürften.
Statt dessen werden Rollenbilder für Frauen immer komplexer. Also sie sollen die liebende Mutter, die stets gepflegte Ehefrau, die kochende Hausfrau sein – und gleichzeitig noch eine steile Karriere machen. 90 Prozent der Kindererziehung, der Pflege von Angehörigen, der Wäsche, des Kochens, des Putzens usw. wird von Frauen ohnehin kostenlos zu Hause erledigt, anstatt es gesellschaftlich zu organisieren.“
Protest dagegen
Bereits für den 26. März war eine Demo rund um das Barbiehaus geplant. Nach der Verschiebung der Eröffnung wurde der Protest mit verschoben. Dabei sollen die Kinder nicht erschreckt werden. Geplant ist ein friedlicher Protest, bei dem rund um das Haus über die Rolle der Barbie, die Inhalte des Barbie Dreamhouses, Frauenunterdrückung und Jugendkultur in Berlin aufgeklärt wird und Alternativen präsentiert werden. Bis es am 16. Mai so weit ist, wird es Flugblattaktionen und inhaltliche Veranstaltungen geben. Bei den zweiwöchentlichen Treffen der Initiative werden die Ursachen von Frauenunterdrückung, die soziale Lage von Frauen und viele weitere Themen diskutiert. Mehrere Aktivistinnen haben sich das Buch „Es muss nicht bleiben, wie es ist“ von Christine Thomas gekauft. Die SAV unterstützt die Initiative „Occupy Barbie Dreamhouse“. Die Facebook-Seite freut sich über weitere UnterstützerInnen.
Medienhype
90 Prozent aller Mädchen zwischen drei und zehn haben eine Barbie. Über 1 Milliarde Modeartikel wurden seit 1959 für Barbie und ihre Freunde produziert. (Barbie Zahlen und Fakten, mattel.de). Die Barbie ist eine der tragenden Säulen der Kindererziehung im Kapitalismus. Der Protest gegen das Barbie Dreamhouse legte den Finger in die Wunde. In der letzten Woche gaben sich das Magazin Spiegel, Wall Street Journal und viele mehr die Klinke in die Hand. Interviews und Fernsehaufnahmen wurden gemacht. Selbst Al Dschasira hatte mal angerufen. Geht den bürgerlichen Medien das Barbiehaus zu weit? Ist der Protest und das Haus einfach ein Kuriosum in der Osterpause? Auf jeden Fall hat die Aktion Aufsehen erregt. Gleichzeitig polarisiert er enorm. Kommentare reichen von begeisterter Unterstützung zu frauenfeindlichen und antikommunistischen Angriffen. Auf der Facebook-Seite der Initiative wurde auf einige wiederkehrende Angriffe geantwortet.(
Wir dokumentieren hier bislang bekannte Presseartikel:
junge welt: Interview mit Franziska Sedlak
Tagesspiegel: Proteste gegen Barbie-Haus
D-Radio: Interview mit Pinkstinks
Spiegel: Linker Protest gegen „Barbie“ (in englisch)
Rosa-Reloaded: Franziska Sedlak
The Independant: Protesters plan to occupy life sized barbie dreamhouse
Haberturk: Barbie Almanya’yı karıştıracak
Berliner Kurier: Linke protestieren gegen Barbie Traumwelt
Elle: Allemagne : l’extrême gauche en guerre contre Barbie
Telegraph: German backlash to close down first Barbie fun land
Planet Siol: V Nemčiji proti gradnji Barbikine hiše
New Zealand Harald: Barbie becomes a PR nightmare
L’express: Barbie gêne les féministes à Berlin
Adevalrul: Occupy Barbie: casa păpuşii Barbie din Germania stârneşte furia extremiştilor )