Berlin: Rettet den Jugendclub Linse

LinseDokumentiert: Erklärung der Linsen

Folgende Erklärung von AktivistInnen aus dem Jugendklub ist bei sozialismus.info eingegangen.

Liebe Freunde und Unterstützer der Linse, sehr geehrte Damen und Herren!

In großer Not sowie mit Wut und Verzweiflung wenden wir uns an alle, die uns bei dem Konflikt mit der Sozialdiakonischen Jugendarbeit Lichtenberg e.V. unterstützen können und wollen. Wir protestieren massiv gegen das Vorgehen des Trägers, der inzwischen fast alle Mitarbeiter der Linse entlassen oder versetzt hat und die jahrelange ehrenamtliche Arbeit der jungen Menschen mit Füßen tritt sowie ein Stück jugendlichen Freiraum zertrampelt. Im Anhang findet ihr hierzu eine offizielle Stellungnahme der Jugendlichen und Ehrenamtlichen der Linse. Für die Legitimation dieses Protests haben wir bereits über dreihundert Unterschriften von Linsenutzern und Kooperationspartnern gesammelt und dem Jugendhilfeausschuss vorgelegt. Für jede Hilfe und weitere Bekanntmachung sind wir sehr dankbar.

Die noch vorhandenen Linsen

Rettet die Linse!

Privatisierung und Profitstreben sind in den sozialen und kulturellen Bereichen unseres Lebens angekommen. Nun droht auch die komplette Demontage einer über Jahrzehnte natürlich gewachsenen jugendkulturellen Institution durch den kirchlichen Träger Sozialdiakonische Jugendarbeit Lichtenberg e.V. (Sozdia) in Berlin-Lichtenberg.

Im Jugendkulturzentrum Linse konnten seit mehr als 30 Jahren junge Menschen ihren kulturellen Freiraum selbst gestalten. Aus diesem Grund wurde in einem partizipativen Prozess zwischen Jugendlichen, Mitarbeitern und dem Jugendamt des Bezirkes Lichtenberg ein Konzept dafür erarbeitet, dass die Linse zum 01.01.2013 offizielles Jugendkulturzentrum wurde.

Doch die selbstbestimmte und aktive Jugendkulturarbeit fällt nun dem Expansionskurs der Sozdia zum Opfer. Dabei genügt ein Blick auf die Organisationstrukturen und die Personalpolitik des Trägers, um zu erkennen, dass es diesem um Gewinnmaximierung geht. Die Aufspaltung in profitable gGmbhs, hire and fire Mentalität sowie ein hierarchisch angelegtes Corporate Design verkörpern, wie man heutzutage mit dem Sozialstaat ordentlich Geschäfte auf Kosten der Schwächsten machen kann. Die inzwischen erreichte Monopolstellung in Lichtenberg ist nicht nur für die „Kunden“ der Sozdia ein Alptraum, sondern zwingt auch die Qualitätsstandards der Jugendarbeit in die Knie.

Dies wird vor allen Dingen durch die Tatsache realisiert, dass der Geschäftsführer der Sozdia auch Fraktionsvorsitzender der Grünen und Mehrheitsbeschaffer für die Zählgemeinschaft (SPD/CDU/Grüne) in Lichtenberg ist und seinen politischen Einfluss geltend macht. Der Konflikt eskalierte im Oktober 2012, als der jahrzehntelange Klubleiter seines Amtes „enthoben“ und mit einem Hausverbot von der Sozdia belegt worden ist. Auf Grund massiver Proteste der Linsenutzer sowie des LibeRo e.V. hat der Bezirk die Vergabe der finanziellen Mittel an die Bedingung geknüpft, dass dieser Konflikt bis Juli 2013 gelöst sei. In den daraufhin geführten Gesprächen wurde von der Sozdia kein Bekenntnis zu tatsächlicher Mitbestimmung gemacht. Im Gegenteil, obwohl die jungen Menschen vor Ort 30 Prozent der Angebote der Jugendarbeit ehrenamtlich erbringen sollen, wird ihnen ein gleichberechtigtes Mitspracherecht an den Inhalten und der (finanziellen) Ausgestaltung verwehrt. Dabei sind Lebensweltorientierung und Partizipation in der BRD geltendes Recht und im Bezirk Lichtenberg eine beschlossene Sache.

Gleichzeitig schafft die Sozdia durch fadenscheinige Zielgruppendiskussionen und öffentlich zur Schau gestellter guter Miene böse Realitäten. Weitere Mitarbeiter wurden in den vergangenen Wochen unter Druck gesetzt, versetzt oder deren Projekte beendet. Anscheinend waren sie zu sehr in die Beziehungsarbeit mit den protestierenden Linsenutzern eingebunden. Der Verlauf der Ereignisse und die Konfliktstrategie der Sozdia zeigen, dass sich der Träger über die Rechte der jungen Menschen stellt. Die Linse, wie wir sie alle kennen und lieben, wird hinter den Kulissen demontiert. Auf politische Unterstützung können wir uns auf Grund der Situation nicht verlassen. Im Sinne: „…der dickste Hintern benötigt den kräftigsten Tritt…“ sehen wir uns gezwungen, alle demokratischen Mittel auszuschöpfen und wenden uns somit an die Öffentlichkeit.

Wir fordern zum 01.07.2013 die bereits 2003 im Jugendhilfeausschuss beschlossene Rückübertragung/Neuausschreibung der Jugendeinrichtung Linse mit dem Ziel des baldmöglichsten Trägerwechsels.

Die Linse war, ist und wird nie Sozdia!!!