Proteste in der Fertigmontage nach Ankündigung der Betriebsschließung
von Sebastian Förster, Dortmund
Stimmen vom Schichtwechsel
Dienstag, kurz vor 9 Uhr vor dem Opel-Werk I in Bochum. 200 KollegInnen haben spontan die Arbeit niedergelegt und sind aus Protest vor den Betrieb gezogen.
Als am Vortag Vorstandschef Thomas Sedran bei einer Betriebsversammlung die Werksschließung für 2016 verkündet hatte, kam es bereits zu teilweise tumultartigen Zuständen. Der Leiter des IG Metall-Vertrauenskörper wurde von Security-Leuten zu Boden geworfen und gewürgt, als er Sedran zu Rede stellen wollte. Das Wort „Streik“ machte die Runde.
Als Reaktion auf die Schließungsankündigung stand am folgenden Vormittag dann tatsächlich etwa für zwei 2 Stunden die Produktion in Fertigmontage still – Teile der A-Schicht gingen in den Ausstand. „Stop-and-Go-Produktion“, so das Kommentar eines Beschäftigen. Es gab eine kurze „Informationsveranstaltung“, die KollegInnen zogen durch das Werk und vor das Tor 1. Dort wurde mit Megaphon eine Protestkundgebung abgehalten.
Gemischte Stimmung in der Belegschaft
Bei Schichtwechsel um 14 Uhr dann aber unterschiedliche Stimmen. Es hätten sich nicht alle ArbeiterInnen aus dem Bereich der Aktion angeschlossen, so ein Beteiligter. In den anderen Werksteilen wurde einfach weiter produziert.
Bei vielen, vor allem älteren KollegInnen, habe die Zermürbungstaktik des Vorstands, dieses „permanente Schließungsszenario“, bereits Wirkung gezeigt. Seit 2004 wurde immer wieder von GM angedroht, das Werk dicht zu machen, so ein anderer.
Damals hatte die Belegschaft die Vertretung ihrer eigenen Interessen aber selbst in die Hand genommen. Mit mit einem Aufsehen erregenden sechstägigen wilden Streik wehrten sich die KollegInnen gegen den Arbeitsplatzabbau, konnten diesen zum Teil auch zurückgeschlagen.
„Aber jetzt ist es doch eh zu spät“ meinen einige Beschäftigte auf die Frage, ob sie nach dem Ausstand in der Fertigmontage weiteren Widerstand erwarten. „Was soll man da noch machen?“.
„Vielleicht Streik!?“
Andere warten auf Aktionen der IG Metall. „Ich hoffe auf Freitag“, so ein Kollege aus der Fertigmontage, „vielleicht gibt es dann ja Streik“. Der Betriebsrat lädt an diesem Tag zu einer Informationsveranstaltung, wo diskutiert werden soll, wie es weitergeht. Betriebsratschef Rainer Einenkel sagte gegenüber dem ZDF-„Morgenmagazin“, dass er für den Erhalt der Produktion in der Ruhrgebietsstadt kämpfen wolle – „das sind wir auch den Menschen schuldig und das sind wir dieser Region schuldig“. Einenkel ist sonst aber auch dafür bekannt, im Werk mal eher für Ruhe zu sorgen. Er sei dagegen, sich jetzt nach der Kriegserklärung der Unternehmensführung „provozieren zu lassen“ und „in blinden Aktionismus“ zu verfallen“, ließ er am Montag gegenüber der Presse verlauten.
Bleibt zu hoffen, dass die Beschäftigten in den nächsten Tagen einen ähnlichen Weg wie 2004 einschlagen und auf ihre eigene Kraft vertrauen, wenn die IG-Metall-Führung wieder auf die Bremse treten sollte.