Zum 1. Januar 2013 drohen automatische Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen in den USA
Ökonomen und Politiker warnen, dass ein Eintreten der Fiskalklippe die US- und die Weltwirtschaft endgültig zurück in die Krise stoßen werde. Also verhandeln in den USA Demokraten und Republikaner über Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen.
von Wolfram Klein, Plochingen bei Stuttgart
Im Jahre 2001 beschloss die Bush-Regierung befristete Steuersenkungen vor allem für Reiche. Offiziell sollte die Wirtschaft angekurbelt werden (die Dot.com-Spekulationsblase war gerade geplatzt). Das diente als Vorwand für Steuergeschenke für George Bushs reiche Klientel. Diese Maßnahmen wurden immer wieder verlängert, auch von Barack Obama, und sogar ausgeweitet. Aber sie laufen zum Jahreswechsel aus. Ebenso zum Beispiel die Verlängerung der Bezugsdauer von Arbeitslosenunterstützung.
Morgen, morgen, nur nicht heute
Im Sommer 2011 stieß die US-Staatsverschuldung an die gesetzlich vorgeschriebene Obergrenze. Da sich Demokraten und Republikaner nicht auf Einnahmeerhöhungen und Ausgabensenkungen einigen konnten, beschlossen sie, diese Obergrenze mal wieder zu erhöhen, aber zugleich zum 1. Januar 2013 automatische Streichungen in Kraft treten zu lassen, wenn sie sich bis dahin (also nach der US-Präsidentschaftswahl) nicht einigen können.
Vor den Wahlen, bei denen die BürgerInnen doch angeblich über die Geschicke des Landes bestimmen sollen, wurde das Thema weitgehend totgeschwiegen. Jetzt warnen Politiker, Ökonomen, Ratingagenturen, dass die Fiskaklippe (den Begriff prägte wohl Notenbank-Chef Ben Bernanke) der Wirtschaft 660 Milliarden Dollar jährlich entziehen und sie in eine Rezession stürzen werde.
Nach Berechnungen des Haushaltsamtes des Kongresses (Congressional Budget Office, CBO) würde die Wirtschaft unter diesen Umständen 2013 um 0,5 Prozent schrumpfen. Laut Ratingagentur Fitch ist die Fiskalklippe die größte unmittelbare Bedrohung der weltwirtschaftlichen Erholung. Auch die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, warnte vor einer Rezession in den USA und den Folgen für die Weltwirtschaft.
Die beiden Parteien des Kapitals
Die Wahlen im November haben die Mehrheitsverhältnisse von 2010 bestätigt: Die Demokraten stellen den Präsidenten und die Senatsmehrheit, die Republikaner die Mehrheit im Repräsentantenhaus. Die Republikaner (allen voran die Tea Party) lehnen Steuererhöhungen bisher prinzipiell ab. Obama fordert Einnahmeerhöhungen von 1.600 Milliarden Dollar über zehn Jahre verteilt und will die Steuersenkungen für Besserverdiener auslaufen lassen. Für Sozialkürzungen (vor allem im Gesundheitswesen) sind beide Parteien.
Auch wenn sich die beiden Parteien des Kapitals einigen und die Fiskalklippe umschiffen, wird die arbeitende Bevölkerung leiden. Und auch dann würde die Nachfrage gedrosselt, nur nicht so abrupt.
Und selbst mit Fiskalklippe würde das Haushaltsdefizit 2013 laut CBO noch bei 641 Milliarden Dollar oder vier Prozent des Bruttoinlandsprodukts liegen (was immer noch zum Beispiel über der EU-Defizitgrenze ist). Ohne Fiskalklippe wäre es eine Billion Dollar, ähnlich wie im Haushaltsjahr 2012. Das heißt auch: Bald wird die gesetzliche Schulden-Obergrenze durchbrochen wenn sich Demokraten und Republikaner nicht auf eine erneute Anhebung einigen.
Die USA und die Weltwirtschaft haben nicht die Wahl zwischen Pest und Cholera, sondern nur zwischen verschiedenen Kombinationen von Pest und Cholera. Das zeigt, dass sich der Kapitalismus in einer strukturellen Krise befindet und es eine wirkliche Alternative nur jenseits dieses Systems gibt.