Die private Datenkrake wird noch mehr auf Profit getrimmt
Seit Freitag, dem 18.5.12, ist Facebook an der NASDAQ notiert. Der Kurseinstieg waren 38 US-Dollar. Die Überlastung durch den Andrang führte sogar zu technischen Problemen. Doch schnell setzte die Ernüchterung ein und der Kurs geriet in freien Fall. Facebook werfe noch nicht genug Profit ab. Das solle sich ändern.
von David Redelberger, Kassel
Grundlage für den gigantischen Börsengang sind die begeisterte Nutzung durch Millionen von Menschen und die Speicherung ihrer persönlichen Daten. Die großen Anleger haben beim Börsengang eine Möglichkeit gesucht, den größten Gewinn zu machen. Für viele PrivatanlegerInnen gab es eh kaum Möglichkeiten an Facebook-Aktien zu kommen.
Der Börsengang ist aber dennoch ein wichtiges Ereignis und betrifft alle UserInnen. Denn Facebook muss ab sofort Dividenden ausschütten. Viele KommentatorInnen im Vorhinein des Börsengangs haben sich darum gesorgt, ob Facebook für die Zukunft ein profitables Wirtschaftskonzept hat – bisher hat Facebook sein Geld vor allem mit Werbung gemacht. Das war nicht wenig, bei 900 Millionen Mitgliedern, aber aus Investorensicht werfen die pro Kopf zu wenig ab, lesen und klicken also zu wenig Werbung. Die Investoren haben Angst, dass sich ihre Investitionen nicht rentieren, auch deshalb, weil Facebook-Chef Mark Zuckerberg dem Thema aus ihrer Sicht zu wenig Priorität einräumt.
Let“s make money
Es ist aber gerade wegen dem Börsengang zu erwarten, dass Facebook in Zukunft mehr als bisher versuchen wird, aus mit jedem und jeder einzelneN UserIn mehr Geld zu machen. Es werden fleißig neue Vermarktungsmöglichkeiten gesucht: Die Übernahme des Fotodienstes Instagram vor ein paar Wochen deutet das an. Ein noch konkreteres Beispiel zeigt sich an den sogenannten „promoted stories“, die Facebook in den letzten Wochen getestet hat. Hier konnten UserInnen ihre Posts gegen Entgelt besonders hervorheben.
UserInnen im Kampf um ihre Daten
Egal, was in der Hinsicht ausgetüftelt wird: der Datenschutz wird auf der Strecke bleiben. Zunehmend mehr UserInnen sorgen sich genau darum: Als Facebook im April wieder einmal die Nutzungsbedingungen ändern wollte, beschwerten sich so viele darüber (7000 in 7 Tagen), dass Facebook erstmals gezwungen war, auf die Kritik einzugehen und Änderungen vorzunehmen. Die Seite www.our-policy.org (eine Initiative von Wiener Jurastudierenden) hatte die Aktion verbreitet und kämpft u.a. für vorherige Abstimmungen bei Änderungen der Nutzungsbedingungen.
Es geht um viel: für Werbung sind die Userdaten das zentrale Element – je personalisierter die Werbung, desto eher wird sie geklickt. Umgekehrt ist es aber so, dass UserInnen ihre Daten weniger bereitwillig herausgeben, wenn sie sich unsicher damit fühlen und nicht wissen, was damit passiert. Weil auch der Mitgliederzuwachs etwas nachgelassen hat (wenngleich er immer noch stark ist), will Facebook in der Debatte beschwichtigen und die Sache nicht hochkochen lassen.
Unsere Daten – ihr Profit?
Es ist kein Geheimnis, dass Profitorientierung und Datenschutz in Zukunft weiter und öfter im Konflikt stehen werden, das gilt übrigens auch für andere soziale Netzwerke. Diese, allen voran natürlich Facebook, sind zu einer gesellschaftlichen Institution und zu einem Lebensinhalt von einem relevanten Teil der Menschheit geworden. Ein paar private Eigentümer entscheiden, getrieben von den großen Shareholdern, wie eine der meistaufgerufensten Internetseiten aussieht und was mit den Daten von 900 Millionen Menschen passiert. Nach der Zwangsumstellung eines großen Teils der User auf die Chronik, stellt sich die Frage: Wer entscheidet eigentlich, wann und wie Änderungen im Design und bei den Funktionen gemacht werden?
Statt eines Börsengangs und zunehmender Werbung wäre nötig gewesen, die Daten sicher gesellschaftlich aufzubewahren und die Internetseite zu demokratisieren, so dass die bald eine Milliarde NutzerInnen zusammen mit den EntwicklerInnen, internationalen Datenschutzbeauftragten und Organisationen darüber entscheiden, was darauf eigentlich passiert.