Warum wir die Antikapitalistische Linke (AKL) unterstützen
Auf der SAV-Bundeskonferenz im Februar wurde mit überwältigender Mehrheit beschlossen, SAV-Mitglieder aufzufordern der Antikapitalistischen Linken (AKL) beizutreten, nachdem diese auf ihrem bundesweiten Treffen im Januar beschlossen hatte, sich demokratische Strukturen zu geben und sich als Bundesarbeitsgemeinschaft in der Partei DIE LINKE anzumelden.
von Sascha Stanicic
Um Missverständnissen vorzubeugen: die Unterstützung der AKL durch den Eintritt von SAV-Mitgliedern kommt keiner Fusion oder einer Auflösung der SAV gleich. Wir wollen mit diesem Schritt die innerparteiliche Linke stärken und einen Beitrag dazu leisten, in der Partei für einen kämpferischen und sozialistischen Kurs zu kämpfen.
DIE LINKE ist heute in der Bundesrepublik die einzige Partei mit Masseneinfluss, die einen antikapitalistischen Anspruch hat und sich dem bürgerlichen Mainstream von Sozial- und Lohnabbau entgegenstellt. Die abhängig Beschäftigten, Erwerbslosen und Jugendlichen brauchen dringend eine Massenpartei, die ihre Interessen vertritt und den vielfältigen Kämpfen für bessere Lebensbedingungen eine verbindende sozialistische Perspektive gibt. Auch wenn DIE LINKE dieser Aufgabe heute nicht gerecht wird, ist sie der einzige Ansatzpunkt für den Aufbau einer solchen Partei und ein wichtiges Forum für die Debatte darüber.
Gleichzeitig ist die Partei extrem heterogen und wirkt wie zwei Parteien in einer, mit einem starken auf Integration in das kapitalistische System orientierten Flügel, der für Regierungsbeteiligungen mit den pro-kapitalistischen Parteien SPD und Grünen steht. Es ist eine zentrale Aufgabe für SozialistInnen in der Partei, zu verhindern, dass dieser Flügel die Oberhand gewinnt und die Partei somit als Instrument im Klassenkampf verloren ginge. Im Gegenteil muss der Kampf für eine kämpferische und auf die Abschaffung des Kapitalismus orientierte Mehrheit in der Partei geführt werden.
Um dies zu erreichen, ist eine Zusammenarbeit der kämpferischen, sozialistischen Kräfte in der Partei nötig. Die AKL hat in den Jahren seit ihrer Gründung 2006 einen wichtigen Beitrag geleistet, um antikapitalistische Grundpositionen in der Partei zu verteidigen. Das gilt vor allem in der Debatte um Auslandseinsätze der Bundeswehr, aber auch in der Thematisierung der Eigentumsfrage während der Programmdebatte. Sie hat aber lange Zeit wie ein Zusammenschluss von linken Abgeordneten und ParteifunktionärInnen gewirkt und weniger als eine Strömung, die sich um die Organisierung von Basismitgliedern bemüht.. Dem entsprach das Fehlen einer demokratischen Struktur, die regelmäßige Treffen auf Landesebene und vor Ort und demokratische Entscheidungsprozesse ermöglicht. Die Beschlüsse der letzten AKL-Bundeskonferenz haben diesen Zustand, zumindest potenziell, aufgehoben. Mitglieder können nun die Politik und das Führungspersonal der AKL direkt mitbestimmen. Außerdem soll eine neue politische Grundsatzerklärung ausgearbeitet werden. Die im Januar beschlossene Stellungnahme ist ein Schritt in die richtige Richtung, weil sie den auf Regierungsbeteiligungen setzenden rechten Flügel in der Partei offener herausfordert.. Wir haben in den letzten Jahren eine wachsende Schnittmenge zwischen Positionen der SAV und der AKL beobachten können.
Wir waren in der Vergangenheit nicht mit allen Positionen der AKL einverstanden und werden es auch in Zukunft sicher nicht sein. So hatte die AKL zum Zeitpunkt ihrer Gründung eine aus unserer Sicht zu unkritische Haltung zur politischen Basis der Vereinigung von PDS und WASG eingenommen und verweigerte der gegen eine pro-kapitalistische Regierungsbeteiligung gerichteten Kandidatur der WASG Berlin zu den Abgeordnetenhauswahlen 2006 ihre Unterstützung. Auch hatte sie mehrheitlich eine unkritische Haltung gegenüber dem Zustandekommen der derzeitigen Doppelspitze von Gesine Lötzsch und Klaus Ernst eingenommen. Wichtige Teile der AKL in Nordrhein-Westfalen haben sich aus unserer Sicht zu weitgehend auf parlamentarische Arbeit fokussiert und nimmt sie in der Ablehnung von Regierungsbeteiligungen im Rahmen des Kapitalismus keine ausreichend klaren Prinzipien ein. In ihrer Gründungserklärung beschränkt sich die Auseinandersetzung mit den stalinistischen Staaten Osteuropas auf deren Charakterisierung als „Sozialismusversuche“, die wir nicht teilen und die eine unkritische Haltung zu den bürokratischen Diktaturen in diesen Staaten impliziert.
Wir sehen aber für die aktuell und in absehbarer Zeit anstehenden Auseinandersetzungen in der LINKEN eine ausreichende Schnittmenge, um in einer demokratischen und breiten Strömung zusammen zu arbeiten. Wir wollen uns dabei konstruktiv einbringen und einen Beitrag dazu leisten, die AKL als klar antikapitalistische und kritische Strömung zu stärken. Dabei tritt die SAV nicht als Organisation der AKL bei, sondern SAV-Mitglieder tun dies individuell.
Gleichzeitig sind wir weiterhin der Meinung, dass eine breitere Zusammenarbeit der linken Kräfte in der Partei nötig ist, um zu verhindern, dass die in vielen Landesverbänden dominierenden Kräfte, die eine parlamentarische und systemimmanente Orientierung haben, die Partei als Mittel zum Kampf zerstören werden. Die Gefahr, dass DIE LINKE eine ähnliche Entwicklung, wie die Rifondazione Comunista (RC) in Italien nimmt ist groß. Die RC hat durch Regierungsbeteiligungen in so genannten Mitte-Links.Koalitionen Verantwortung für Sozialabbau und arbeiterfeindliche Politik übernommen und einen großen Teil ihrer Unterstützung in der Arbeiterklasse und ihre aktive Basis eingebüßt. Es besteht aber auch die Gefahr, dass die Parteilinke die Entwicklung der RC-Linken nachvollzieht. Diese war zersplittert und konnte keine gemeinsame und wirkungsvolle Opposition gegen den Kurs der RC-Führung entfalten. Deshalb hatte die SAV schon vor anderthalb Jahren in einem offenen Brief an die AKL die Frage eine Reorganisierung der innerparteilichen Linken aufgeworfen. Dies auch mit dem Ziel ein Angebot für diejenigen LINKE-Mitglieder zu schaffen, die sich keiner der linken Strömungen und Gruppierungen (neben AKL und SAV die Sozialistische Linke, Kommunistische Plattform u.a.) zugehörig fühlen. Wir hoffen nun, dass eine demokratische, kämpferische und aktionsorientierte AKL eine Ausstrahlungskraft für viele dieser Basismitglieder entwickeln kann und wollen dazu einen Beitrag leisten. Gleichzeitig halten wir die Zusammenarbeit antikapitalistischer Kräfte innerhalb der Partei über Strömungsgrenzen hinweg weiterhin für notwendig und denken, dass dafür Angebote geschaffen werden sollten.
All das hebt die Bedeutung des Aufbaus der SAV als einer marxistischen Organisation zur Weiterentwicklung marxistischer Theorie und Programmatik und einer marxistischen Praxis in Betrieben, Gewerkschaften und sozialen Bewegungen nicht auf. Im Gegenteil: je stärker eine in der LINKEN wirkende marxistische Kraft wird, desto eher kann eine weitere Rechtsentwicklung der Partei verhindert werden und kann die Grundlage für die Schaffung einer revolutionär-marxistischen Massenkraft in der Zukunft gelegt werden.