Bundespräsidentenamt gehört abgeschafft

Ist Klarsfeld eine linke Alternative zu Gauck?


 

Nachdem Christian Wulff als Bundespräsident zurückgetreten war, stellten sich die Parteivorsitzenden Gesine Lötzsch und Klaus Ernst sowie Fraktionschef Gregor Gysi geschlossen vor die Kameras und verkündeten: „Um das Vertrauen in das Amt wieder herzustellen, sollte diesmal kein Parteiengezänk stattfinden, sondern der Versuch unternommen werden, dass sich alle Parteien und Fraktionen im Deutschen Bundestag auf eine gemeinsame Kandidatin beziehungsweise einen gemeinsamen Kandidaten verständigen“ (Presseerklärung vom 17. Februar). Eine peinliche Anbiederung an das bürgerliche Establishment! Damit wird die Erwartung geschürt, dass eine gemeinsame Politik der LINKEN mit den etablierten prokapitalistischen Parteien möglich sei.

von Holger Dröge, Berlin

Zu betteln, an Gesprächen beteiligt zu werden, um einen neuen Betrüger zu wählen, ist aber mehr als das: Es ist die Legitimation eines Staatsamtes, das keinerlei Legitimation verdient.

Opposition statt Anbiederung

Das Amt des Bundespräsidenten gehört abgeschafft. Es dient lediglich der Verschleierung der Machtverhältnisse und soll eine Überparteilichkeit „vorgauckeln“, die es nicht gibt. Das sollten Linke offen aussprechen und sich von der ganzen verlogenen „Überparteilichkeit im Interesse der Bürger“ distanzieren. Wir brauchen keine weitere Anbiederung an diese etablierte Politik, sondern Opposition dazu. DIE LINKE kann nur dann eine Alternative sein, wenn sie sich deutlich von den anderen Parteien abgrenzt, statt darauf zu pochen, im Kreis der pro-kapitalistischen Politik willkommen zu sein.

Wie das aussehen kann, zeigt sich in der Stellungnahme des stellvertretenden NRW-Landessprechers Thies Gleiss: „Die Funktion des Bundespräsidenten in der kapitalistischen Klassengesellschaft ist als Institution eine Lüge. Sie soll, verkleidet in der über den Dingen stehenden Figur eines auserwählten Königs, den Menschen vermitteln, es gäbe in diesem Land keine Klassengesellschaft, keine Spaltung zwischen Reich und Arm und keine Klasseninteressen, die jede einzelne politische Frage aus sehr unterschiedlichen Perspektiven beantworten.“

Beate Klarsfeld

Deutlich machen könnte DIE LINKE dies mit einer Kandidatin oder einem Kandidaten, die oder der sich grundlegend von allen anderen unterscheidet, den Neoliberalismus ablehnt und für den außerparlamentarischen Widerstand steht. Leider ist Beate Klarsfeld, die nach Tagen kontroverser Debatte vom Parteivorstand einstimmig als Kandidatin zur Wahl des Bundespräsidenten am 18. März aufgestellt wurde, eine Fehlentscheidung. Zwar machte sich Klarsfeld 1968 einen Namen, weil sie Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger auf einem CDU-Parteitag wegen seiner NSDAP-Vergangenheit geohrfeigt hatte und später zusammen mit ihrem Mann Serge um die Auslieferung von Nazikriegsverbrechern kämpfte. Allerdings nimmt Klarsfeld – die sich zu sozialen Fragen öffentlich bislang kaum positioniert hat – eine völlig unkritische Haltung gegenüber dem Staat Israel ein und befürwortet die Besatzung in den palästinensischen Gebieten sowie den Irak-Krieg.