Kolumne von Lucy Redler
Als „Mann der Freiheit“ wird der neue Bundespräsident (jaja, gewählt ist er noch nicht…) Joachim Gauck in den bürgerlichen Medien gefeiert. Aber wessen Freiheit vertritt Gauck?
Die Freiheit der Erwerbslosen? Wohl kaum, wenn man sich seine Äußerungen in Bezug auf Schröders Agenda 2010 ansieht: „Wir stellen uns nicht gern die Frage, ob Solidarität und Fürsorglichkeit nicht auch dazu beitragen, uns erschlaffen zu lassen.“
Die Freiheit der MigrantInnen? Wohl kaum, wenn man liest, dass Gauck es „mutig“ fand, was Sarrazin ausgesprochen hatte.
Die Freiheit der Kapitalismus-Kritiker? Wohl kaum, denn die „Occupy“-AktivistInnen findet er „unsäglich albern“.
Die Freiheit der Stuttgart-21-GegnerInnen? „Abscheulich“ findet er die Leute, denen es nur „um ihren eigenen Vorgarten“ geht.
Und die KriegsgegnerInnen? Naja, richtig gut findet Gauck den Einsatz in Afghanistan auch nicht, aber „erträglich und gerechtfertigt“.
Aber er ist zumindest für die Bürgerrechte, könnte man einwenden. Komisch, wenn man dann liest: „Sie müssen wissen, dass etwa die Speicherung von Telekommunikationsdaten nicht der Beginn eines Spitzelstaates ist.“ Bei den wikileaks-Enthüllungen wies er darauf hin, dass es sich um gestohlenes Material handele.
Gaucks Freiheit ist die Freiheit des Kapitals. Die Freiheit von Thilo Sarrazin und Erika Steinbach. Die Freiheit, angeblich im Namen der DDR-Opposition heute neoliberale Ideen zu verbreiten.
Er steht nicht „über allen Parteien“, wie gern behauptet wird, sondern vertritt genauso wie CDU/CSU, FDP, SPD und Grüne die Interessen des Kapitals. Deshalb finden ihn diese vier Parteien auch gut. Der Freiheitsbegriff vieler Menschen ist ein anderer. Das ist wohl auch der Grund, weshalb der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) die Ergebnisse der Internetabstimmung, die für Gauck negativ ausfiel, nach wenigen Stunden ohne Kommentar von seiner Website entfernte.