Syrien: Vom Aufstand zum Bürgerkrieg

Kein Verlass auf Uno, NATO und Arabische Liga!


 

Immer lauter klingt das Säbelrasseln der westlichen imperialistischen Staaten gegenüber dem Iran und seinem Verbündeten Bashar al-Assad in Syrien, dessen blutiger Krieg gegen die Rebellen im Februar mit dem Massaker in Homs einen traurigen Höhepunkt erreichte. Doch können wirtschaftliche Sanktionen oder militärische Interventionen wirklich Frieden und Demokratie bringen?

von Conny Dahmen, Köln

Trotz einer militärischen Übermacht von 500.000 gut bewaffneten Soldaten gegenüber etwa 25.000 schlecht ausgestatteten Kämpfern der „Freien Syrischen Armee“ können die syrischen Streitkräfte nicht jede aufständische Gemeinde im Land auseinander nehmen, zumal immer mehr Soldaten (die überwiegend Sunniten sind, während an der Spitze des Regimes Allawiten stehen) zu den Rebellen überlaufen.

Auf der anderen Seite fürchten sich ZivilistInnen zunehmend auch vor Vergeltungsmaßnahmen der Oppositionstruppen und vermehrten Übergriffen im Rahmen der bewaffneten Konflikte zwischen den verschiedenen Milizen.

Heuchelei des Westens

Zwar ist es in Damaskus und Aleppo bislang noch ruhiger, aber bei der Mehrheit der Bevölkerung ist die herrschende Baath-Partei völlig verhasst. Schließlich sind ihre früheren sozialen Zugeständnisse längst Vergangenheit. Heute lebt ein Drittel unter der Armutsgrenze, die offizielle Arbeitslosenquote liegt bei 25 Prozent. Immer mehr Geld wird ins Militär gesteckt, was zu weiteren Pleiten und Entlassungen führt.

Dies ist für die 22 Länder der Arabischen Liga, die Türkei oder den westlichen Imperialismus keineswegs maßgeblich, wenn sie Assads Rücktritt fordern. Wer wird Angela Merkel oder Nicolas Sarkozy abnehmen, sich um die verarmten SyrerInnen zu sorgen, während sie die Mehrheit der GriechInnen durch „Sparmaßnahmen“ ins Elend treiben? Die Herrschenden in den USA und Europa haben jahrzehntelang mit den syrischen, libyschen, tunesischen und ägyptischen Autokraten zusammengearbeitet. Anstatt die dortigen Protest-bewegungen im letzten Jahr zu unterstüt-zen, billigte die deutsche Regierung Panzerlieferungen an Saudi-Arabien. Ebenso untätig blieben die westlichen Mächte bei der Unterdrückung der kurdischen Proteste im Irak oder in der Türkei.

Keine Militärintervention in Syrien!

Ein Wirtschaftsembargo würde die Masse der syrischen Bevölkerung am härtesten treffen. Bereits jetzt sind die Preise um durchschnittlich 25 Prozent gestiegen.

China und Russland, das über seinen einzigen Flottenstützpunkt außerhalb der ehemaligen Sowjetunion Einfluss auf den Nahen Osten nehmen will, stimmten im UN-Sicherheitsrat gegen die Forderung nach einem Rücktritt Assads. Demgegenüber besteht für den Westen Assads Hauptverbrechen in seinem Bündnis mit dem Iran.

Aufgrund der drohenden weiteren Destabi-lisierung der Region schrecken sowohl die Staaten des westlichen Imperialismus als auch die Arabische Liga noch vor einer – vergleichsweise unkalkulierbaren – militärischen Intervention in Syrien zurück. Im Falle eines solchen Eingreifens würden die westlichen Mächte primär darauf abzielen, den Aufstand politisch unter Kontrolle zu bekommen und in sichere pro-kapitalistische Bahnen zu lenken – wie in Libyen. Dort können jetzt westliche Konzerne die Ressourcen des Landes plündern. Bewaffnete Konflikte dauern an, von den sozialen Forderungen ist keine erfüllt.

Für ein sozialistisches Syrien

Die beiden wichtigsten Oppositionskräfte, der Syrische Nationalrat und der Nationale Koordinationsrat, setzen entweder auf westliche Armeen oder auf Verhandlungen mit der Regierung statt auf die arbeitende Bevölkerung. Stattdessen sind demokratische Selbstverteidigungskomitees in den Stadtteilen und Betrieben nötig, die an die einfachen Soldaten appellieren und sich regional sowie national vernetzen sollten. Um (angesichts der schiitischen, kurdischen, christlichen und anderen Minderheiten) gegen die Gefahr ethnischer und religiöser Spaltung anzugehen, ist ein Programm zentral, das für Arbeiterinteressen eintritt und umfassende demokratische Rechte garantiert. Dafür ist der Aufbau von unabhängigen Gewerkschaften und einer Partei für ArbeiterInnen und die verarmten Massen entscheidend.

Auch nach dem Sturz der dortigen Diktatoren wird in Tunesien und Ägypten weiter neoliberale Politik betrieben und gewaltsam gegen Massenproteste vorgegangen. Damit Freiheit und soziale Gerechtigkeit erreicht und abgesichert werden, muss der Kapitalismus in Syrien und den Nachbarländern abgeschafft werden.