Berliner „Kulturkaufhaus“ brechend voll
Den Kunden des sogenannten Kulturkaufhauses Dussmann bot sich am Donnerstag, den 20. Oktober ein ungewöhnlicher Anblick. Nachdem ein greller Pfiff durch das mehrstöckige Gebäude ertönte, fingen plötzlich zweihundert Menschen an in Bewegung zu geraten. Die Streikender der Charité Facility Management GmbH (CFM) in Berlin, an der der Dussmann-Konzern beteiligt ist, hatten dem Kaufhaus einen Besuch abgestattet.
von Sascha Stanicic
Plötzlich setzten sich Menschen auf den Fußboden und lasen demonstrativ das „Schwarzbuch CFM“, andere gingen Protestschilder in die Höhe haltend durch die Gänge, wiederum andere verteilten Flugblätter. Dann fliegen hunderte kleiner Papierschnitzel aus dem ersten Stock ins Foyer. Auf ihnen ist die Forderung nach einem Tarifvertrag zu lesen. Sicherheitspersonal und Dussmann-Offizielle waren offensichtlich überfordert und wussten nicht, wen sie zuerst ansprechen sollten. „Bitte verlassen sie das Gebäude“ wurde dutzende Male gehört – und ignoriert. Lautstark und kreativ machten die Streikenden auf ihr berechtigtes Anliegen aufmerksam.
Und als sie dann geschlossen das Kaufhaus verlassen wollen, versucht ein Dussmann-Mitarbeiter auf Geheiß einer Vertreterin der Geschäftsfühurng die Türen zu schließen und die Protestierenden einzuschließen – versuchte Freiheitsberaubung. Als sich dagegen gewehrt wird, greift ein Dussmann-Mitarbeiter einen Demonstranten tätlich an. Die Situation ist kurz vor einer Eskalation, aber die Streikenden bleiben besonnen und der Dussmann-Scherge sieht schnell ein, dass er gegen eine Übermacht von zweihundert Personen nichts ausrichten kann. Die Türen bleiben offen.
Proteste vor Dussmann-Niederlassungen wurden von SAV-Mitgliedern und Streik-UnterstützerInnen in der vergangenen Woche auch in Rostock, Aachen, Köln, Hamburg und Frankfurt durchgeführt.
Der Streik an der Charité für einen Tarifvertrag bei der ausgegliederten und teilprivatisierten Service-Tochter CFM ist derweil in der sechsten Woche. Die Streikenden sind weiter entschlossen, den Kampf bis zum Erfolg notfalls auch noch viele Wochen zu führen. Gleichzeitig steigern sie ihre Aktionsformen. Nach der erfolgreichen Solidaritätsdemonstration vom vergangenen Wochenende, wurden in den letzten Tagen mehrere Aktionen innerhalb der Charité-Gebäude durchgeführt und sich gegen Versuche den Streikenden dieses Recht zu verwehren durchgesetzt. Außerdem war am Dienstag die SPD-Landeszentrale „besucht“ worden – die Sozialdemokraten schlossen sich teilweise in ihren Räumen ein und trauten sich nicht, den Streikenden Rede und Antwort zu stehen. Ein CFM-Kollege bemerkte dazu treffend: „Die sind eben keine Arbeiterpartei mehr."
Video zur Dussmann-Aktion: hier klicken